Das Bildnis — eine neue Möglichkeit.
und in ihrer natur-
gewollten Einmalig-
keit verstehen kann;
der Maler, der seine
eigene künstlerische
Weltdeutung mit der
Realität dieser Züge
zu amalgamieren weiß,
sodaß das fertige Por-
trät alle objektive
Wirklichkeit und alle
subjektive Welt ent-
hält — dieser Maler
würde den Sinn jener
neuen Möglichkeiten
erfaßt und genutzt
haben. Die Wirklich-
keit meldet neue For-
derungen an die Kunst
an, die zerschlagene,
zersprengte Welt will
von uns wiederher-
gestellt, d. h. ernst ge-
nommen , geliebt und
gelebt werden. Erst
wenn dies zum Grund-
zug neuer Kunst ge-
worden ist, haben
wir einen neuen Ab-
schnitt unsrer Geistes-
geschichte betreten. —
Am Porträt hat sich
zu bewähren, ob die
neue „Sachlichkeit"
mehr ist als eine Mode,
ein begriff liches Schlag-
wort. Denn im Gegen-
satz zum bloßen Still-
leben (an dem sich der
neue Realismus bisher
mit Vorliebe versucht
hat) hat das Bildnis die
Eigenschaft, den Maler
zur Beachtung nicht
nur der sinnlichen,
sondern auch der gei-
stigen und seelischen
Realitäten zu nötigen.
Im Menschen erst vol-
lendet sich das große
Ding „Wirklichkeit",
vor ihm erst kann der
Künstler zeigen, daß
er die Welt nach allen
Seiten ernst zu nehmen
weiß. Vor ihm kann er
zeigen, daß erEhrfurcht
FRITZ KOELLE—AUGSBURG. »HANNE« BRONZE.
hat, daß er ein leben-
diger Mitbewohner der
geschöpflichen Welt
ist. — Mit dem Auf-
kommen einer neuen
Fähigkeit zum Porträt
wäre dem Künstler
auch ein wichtiger
materieller Dienst ge-
tan. Es wäre eine
alte und ersprießliche
Beziehung zwischen
Kunst und Volk wie-
der hergestellt. Noch
fünf Jahre dieser
monologischen Ich-
Kunst des letzten Jahr-
zehnts — und die Men-
schen hätten jeden Ge-
danken an Porträtauf-
träge aufgegeben. Es
ist doch einmal so: die
Beziehung zum Kunst-
werk stellt sich leichter
her durch irgend eine
persönliche Bindung,
und der Porträtauftrag
hat in der Kunstge-
schichte Außerordent-
liches bedeutet, in
künstlerischer wie in
wirtschaftlicher Be-
ziehung. Dem Volke
wie dem Künstler wird
geholfen sein, wenn
der Laie wieder aus
Verlangen nach einem
wohlgeformten Abbild
einer (meist seiner)
geliebten Person ins
Atelier des Künstlers
kommt. In einer Zeit,
die den Künstler so
grausam unter den
Nöten des Daseins lei-
den läßt, wie wir das
heute erleben, spielt
dieser Gesichtspunkt
eine doppelt wichtige
Rolle........ w. s.
★
Man malt ein Bild
nicht der Farbe
oder der malerischen
Wirkung wegen, son-
dern der Sache selbst
wegen..... böcklin.
und in ihrer natur-
gewollten Einmalig-
keit verstehen kann;
der Maler, der seine
eigene künstlerische
Weltdeutung mit der
Realität dieser Züge
zu amalgamieren weiß,
sodaß das fertige Por-
trät alle objektive
Wirklichkeit und alle
subjektive Welt ent-
hält — dieser Maler
würde den Sinn jener
neuen Möglichkeiten
erfaßt und genutzt
haben. Die Wirklich-
keit meldet neue For-
derungen an die Kunst
an, die zerschlagene,
zersprengte Welt will
von uns wiederher-
gestellt, d. h. ernst ge-
nommen , geliebt und
gelebt werden. Erst
wenn dies zum Grund-
zug neuer Kunst ge-
worden ist, haben
wir einen neuen Ab-
schnitt unsrer Geistes-
geschichte betreten. —
Am Porträt hat sich
zu bewähren, ob die
neue „Sachlichkeit"
mehr ist als eine Mode,
ein begriff liches Schlag-
wort. Denn im Gegen-
satz zum bloßen Still-
leben (an dem sich der
neue Realismus bisher
mit Vorliebe versucht
hat) hat das Bildnis die
Eigenschaft, den Maler
zur Beachtung nicht
nur der sinnlichen,
sondern auch der gei-
stigen und seelischen
Realitäten zu nötigen.
Im Menschen erst vol-
lendet sich das große
Ding „Wirklichkeit",
vor ihm erst kann der
Künstler zeigen, daß
er die Welt nach allen
Seiten ernst zu nehmen
weiß. Vor ihm kann er
zeigen, daß erEhrfurcht
FRITZ KOELLE—AUGSBURG. »HANNE« BRONZE.
hat, daß er ein leben-
diger Mitbewohner der
geschöpflichen Welt
ist. — Mit dem Auf-
kommen einer neuen
Fähigkeit zum Porträt
wäre dem Künstler
auch ein wichtiger
materieller Dienst ge-
tan. Es wäre eine
alte und ersprießliche
Beziehung zwischen
Kunst und Volk wie-
der hergestellt. Noch
fünf Jahre dieser
monologischen Ich-
Kunst des letzten Jahr-
zehnts — und die Men-
schen hätten jeden Ge-
danken an Porträtauf-
träge aufgegeben. Es
ist doch einmal so: die
Beziehung zum Kunst-
werk stellt sich leichter
her durch irgend eine
persönliche Bindung,
und der Porträtauftrag
hat in der Kunstge-
schichte Außerordent-
liches bedeutet, in
künstlerischer wie in
wirtschaftlicher Be-
ziehung. Dem Volke
wie dem Künstler wird
geholfen sein, wenn
der Laie wieder aus
Verlangen nach einem
wohlgeformten Abbild
einer (meist seiner)
geliebten Person ins
Atelier des Künstlers
kommt. In einer Zeit,
die den Künstler so
grausam unter den
Nöten des Daseins lei-
den läßt, wie wir das
heute erleben, spielt
dieser Gesichtspunkt
eine doppelt wichtige
Rolle........ w. s.
★
Man malt ein Bild
nicht der Farbe
oder der malerischen
Wirkung wegen, son-
dern der Sache selbst
wegen..... böcklin.