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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 57.1925-1926

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Weiser, Armand: Polen auf der Pariser Kunstgewerbe-Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.9180#0167

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POLEN AUF DER PARISER KUNSTGEWERBE-AUSSTELLUNG

Die vorbereitenden Arbeiten zur Teilnahme
Polens an der Pariser Ausstellung wurden
durch Währungsverfall und tiefgehende wirt-
schaftliche Störungen beeinträchtigt. Dennoch
konnten die künstlerischen Vereinigungen Lem-
bergs und Krakaus mit Unterstützung des
Staates und materieller Beihilfe der Städte und
einiger Privatleute eine sehr würdige Vertretung
durchsetzen. Die Entdeckung der „Volkskunst
von Zakopane", welche sich die Bergbewohner
der hohen Tatra unvermischt erhalten hatten,
bot dem aufstrebenden polnischen Kunstge-
werbe einen gesunden und vielversprechenden
Ansatz zu einer nationalen Kunst. Das Wesent-
liche der Bestrebungen war nicht allein die För-
derung dieser starken Bauernkunst, sondern
mehr noch der Versuch, die schönen und origi-
nellen Überlieferungen mit dem Geist der Zeit
zu verschmelzen. Man begann bewußt auf die
Schaffung einer Kunst hinzuarbeiten, die nicht
auf eine bestimmte Gegend und auf einen be-
stimmten Stand beschränkt bleiben, sondern
ganz Polen den Wegweiser eines neuen und

eigenen Stiles bedeuten sollte. Zwar kann man
einer mit Vorsatz geübten Nationalkunst wohl
entgegenhalten, daß es ihr notwendig an indivi-
dueller Bedeutung fehlen müsse und daß sie nur
zu geneigt wäre, alte Gewohnheiten aus falscher
Pietät oft bis zur Beschränktheit zu wiederholen.
M. Warchalowski, der 1901 die „Gesellschaft
für angewandte polnische Kunst" gegründet
hatte, mit der Aufgabe, der Kunst von Zakopane
nationale Bedeutung zu verschaffen, sorgte in-
dessen dafür, daß deren Vorbilder nur Mittel
zum Zweck blieben, bestimmt und geeignet,
originelle Anschauung und Materialgefühl zu
wecken. Die Bewegung hatte Erfolg; es ent-
standen in Krakau, Lemberg, Wilna und andern-
orts zahlreiche Werkstätten für Weberei, Kera-
mik, Möbel, Batiken, Stickereien und für Spiel-
zeuge, die sich um die Erzeugung origineller
Formen bemühten. Der Staat selbst erkannte
den Wert dieses neuen und frischen Geistes
und unterstützte diese Richtung durch die
Eröffnung zahlreicher Industrie- und Kunst-
gewerbeschulen. Was Polen nunmehr in Paris

XXIX. November 1926. 6
 
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