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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 57.1925-1926

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Sch., R.: Ein neues Werk von Heinrich Straumer: Haus in der Thorerstrasse, Leipzig
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https://doi.org/10.11588/diglit.9180#0341

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EIN NEUES WERK VON

HAUS IN DER THOR

Das Vorstadthaus mit anliegendem Garten
hat sich erst im achtzehnten Jahrhundert
entwickeln können, nachdem die Befestigung
der Städte endgültig verschwunden war. Bis
dahin hatte der Bürger sein Stadthaus und,
wenn Wohlstand ihm dies möglich machte, ein
Landhaus oder ein kleines Gut weit draußen,
je nach der Landschaft und den Liebhabereien
des Inhabers, in den Bergen, am Wasser ge-
legen, im Waldgebiet oder in einer sonst land-
schaftlich bevorzugten Lage. Der weiter draußen
gelegene Landsitz diente nicht dem täglichen
Bedarf, sondern mehr dem Wochenende oder
einem längeren Aufenthalt in Zeiten, in denen
die Geschäfte eine Abwesenheit vom Stadthaus
zuließen. Mit der Auflösung der Befestigungen
und dem Anwachsen der Industrie nahm auch
die Entwickelung der Großstädte ihren Lauf.
Der vielbeschäftigte Geschäftsmann blieb an
seine Stadtwohnung, die in der Mehrheit zur
Etagenwohnung geworden war, gebunden. Zur
Erholung dienten ihm allein noch Spaziergänge.

( HEINRICH STRAUMER

ERSTRASSE, LEIPZIG

Wenn auch in der Kleinstadt das Vorstadt-
haus mit Garten, wie es auch heute noch Be-
griff ist, sich entwickelt hat, so konnte in der
Großstadt dieser typische Begriff nicht für einen
größeren Teil der Bevölkerung in Betracht kom-
men. Mit dem Anwachsen der Verkehrsmittel
vollzog sich die Entwickelung zum „Haus mit
Garten im Vorort" in dem Umfange, wie wir
sie heute in zahlreichen sogenannten „Villen-
kolonien" zu bewundern haben.

Unwillkürlich zwingt die Gestalt der heutigen
„Villenkolonien" zu einem Vergleich mit den
Stadtvierteln der früheren Kleinstadt und der
„Villa" mit dem „Vorstadthaus." Die wie
Soldaten aufmarschierten Grundstücke der
„Villenkolonie", die infolge der Bauvorschriften
jeweilig in der Mitte des Grundstücks und alle
in einer Flucht zur Straße bebaut sind, geben
ein monotones Bild, das gegenüber den geruh-
sam aneinandergereihten Vorstadthäusern,
die teils mit ihren Giebeln an der Straße stan-
den, andernteils mit langer Front im Garten

XXIX. Februar 1926. 4
 
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