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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 57.1925-1926

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Mahlberg, Paul: Wege der Photographie
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https://doi.org/10.11588/diglit.9180#0411

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> BILDNIS-AUFNAHME

WEGE DER PHOTOGRAPHIE

VON DR. PAUL M AH I.BERG.

Die jeweils festzustellende Solidarität in der
Erscheinungsweise sämtlicher Lebens-
äußerungen brachte es mit sich, daß auch bei
der Gewinnung des Bildes von einem Menschen
mit dem Mittel der photographischen Platte die
Richtung übergriff, die wir die materialistisch-
mechanische nennen, in der ausdruckstheore-
tischen Wissenschaft von Darwin und Wundt
vertreten wurde und in unserem Falle darin
gipfelt, den Menschen auf die Möglichkeit des
größtmöglichen Effekts hin anzusehen und das
Bild und alle Vorbereitungen dazu, Lichteinfall
u.s.w. auf diese Wirkung hin zu dressieren.

In derselben Richtung verführte und jagte
denn auch die von der Technik aus andern Grün-
den betriebene Möglichkeit, die Expositions-
dauer auf Bruchteile eines Augenblicks herun-
terzusetzen und dem Menschen so das Bild, wo-
möglich eben im Augenblick der höchsten Effekt-
wirkung, gewissermaßen vom Gesicht zu reißen.

Nun aber haben wir erfahren, und gerade
die kinetische Photographie, Film und Zeitlupe,
hat es belegt, daß alle Bewegung, also auch
alle Bewegung des Gesichts, nicht schlagartig
und als Summe einzelner Abrisse erscheint,
sondern eigne dynamische Gestalt hat, anklingt,
klingt und verklingt — als „Bewegungsmelodie"
erscheint, wie Üxküll es nennt. — Aufnahmen
nun, die dem Bewegungsfluß irgendwo und
irgendwie zufällig entnommen sind, — wer kann
auf 'Z5 Sekunde taxieren! — mögen leicht frap-
pierend sein und wie lebend, aber es ist das
Frappierende der Maske, und lebend scheint sie,
weil sie unvollendet nach ihrerVollendung drängt.

Photographen, die musikalisch sind in Hin-
sicht auf die Bewegungsmelodien von Gesichts-
ausdrücken, verzichten auf diesen Coup, lassen
das Bild ruhig auf die Platte laufen, und sie
zeigt dasselbe geheimnisvolle Leben, wie die
Aufnahmen ä la Daguerre, aber wieviel klarer,

IX. Man 1926. 5
 
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