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Dörpfeld, Wilhelm; Reisch, Emil
Das griechische Theater: Beiträge zur Geschichte des Dionysos-Theaters in Athen und anderer griechischer Theater — Athen, 1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.5442#0289

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274

IV. Abschnitt. Das altgriechische Theater nach den erhaltenen Dramen.

VHI aus 261 und nr. X aus 203 v. Chr., Bull. hell. IX, 147 aus 172 v. Chr.; auch
die Formel: [Itoa=!j.x!<j)v iS> äywvt t£> icpti-u, otixv o( xpaywäoi ^ycov^Mv-at, in einem
Beschluss des Inselbundes (Bull. hell. IV, 323, aus dem Ende des III. Jahrhunderts)
bezieht sich wohl auf Delos, und Ende des II. Jahrhunderts hat dort ein Diony-
sios seine Mitbewerber, xou? TCOivj-rä; tüv tpxywSiwv jtasi aaTupwv, besiegt (Bull. hell.
XIII, 372). Es muss also das steinerne Proskenion doch auch für Tragödien einen
geeigneten Spielhintergrund geboten haben. Nun könnte man sagen, dass die
Zuschauer die Schmuckwand als eine rein Conventionelle Vorrichtung betrachte-
ten und bereit waren, die kleinen Häuser, wenn der Dichter es forderte, auch
als Paläste oder Tempel gelten zu lassen. Ich glaube aber, dass es doch auch
möglich war, mittelst des steinernen Proskenion einen höheren Grad von Wirk-
lichkeitsschein zu erzielen. Man konnte z. B., wenn an dem Spielplatz ein Tem-
pel dargestellt werden sollte, dieser Anforderung in der Weise genügen, dass
man entweder vor der Mitte eine etwas höhere Tempelfassade aus Holz aufbaute,
oder aber einen Teil des Proskenion etwa in der Länge von 3 oder 5 Inter-
kolumnien durch Entfernung der Pinakes als offene Halle erscheinen Hess und
darüber auf dem Proskeniondache einen Giebel aufsetzte. Wollte man aber einen
grossen Palast darstellen, so konnten alle Interkolumnien geöffnet werden, so dass
das Proskenion als eine vorgelegte offene Halle an dem dahinter befindlichen,
höher ansteigenden Hauptbau erschien.

Wo endlich, wie im Satyrspiel, ein landschaftlicher Hintergrund erforderlich
war, da konnten, falls man nicht eine bemalte Wand davor stellen wollte, in die
Säulenzwischenräume Pinakes mit entsprechenden Gemälden eingelassen werden.
An die Halbsäulen und das Gebälk der Wand war man wohl längst so sehr
gewöhnt, dass man durch diese Conventionellen Zuthaten in der Illusion sich nicht
stören liess, sonst konnte man wohl auch leicht die Architekturglieder in irgend
einer Weise verkleiden.

Diese Auffassung der Pinakeswand scheint sich auf das Beste dem Bilde
einzufügen, das wir von der Theatermalerei der hellenistischen Zeit auf Grund
anderer Thatsachen gewinnen können. Wie wir vorhin sahen, wurde seit dem FV.
Jahrhundert in der Tragödie wie in der Komödie die Schmuckwand des Hinter-
grundes immer gleichförmiger, während andererseits die für Theaterzwecke ver-
fügbaren Mittel immer knapper wurden. Man suchte daher, um nicht jedesmal
das Proskenion neu aufbauen zu müssen, ein für alle mal einen Hintergrund
von typischer Geltung herzustellen. Das konnte in zweifacher Weise geschehen.
Man konnte eine Anzahl verschiebbarer Wände schaffen (scaenae ductiles), die
nach Bedürfnis vor die Vorderwand des Spielhauses gezogen wurden, oder aber
man baute einen bleibenden Rahmen auf und setzte darin Füllbilder ein, die
ausgewechselt werden konnten, wenn es nötig war. Diesen Bestrebungen kamen die
Fortschritte der hellenistischen Malerei zu gute, indem jetzt hinter der perspecti-
vischen Darstellung auf glatter Fläche die körperliche Nachbildung der Bauten
immer mehr zurücktrat. Dazu kam, dass man im Theater nicht mehr wie im V.
 
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