Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Gartenkunst — 2.1900

DOI Artikel:
Meyer, F. W.: Felsanlagen, Teiche und Bäche in unseren Gärten, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.22267#0062

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
II, 3 DIE GARTENKUNST 51

Steingruppen selbst so unregelmäfsig zerstreut wie möglich
sein. Bei Sedimentär-Pelsen hingegen mufs auch der ge-
schichtete Charakter deutlich erkennbar sein, und dies
läfst sich sehr gut bewirken, ohne dafs man — zum Nach-
teile der Pflanzenkultur — die Steine flach aufeinanderlegt.
Sehr häufig wird es zweckmäfsig sein, ganz besonders
wenn die zartesten und schönsten der kleinen Alpinen
verwendet werden sollen, mehr oder weniger senkrechte
Spalten zu konstruieren und die oberen Enden der Steine
so zu arrangieren, dafs dieselben unregelmäfsige, mehr
oder weniger horizontale kleine Terrassen bilden, welche
wie Strata aussehen. Bs ist auch ferner durchaus nicht
nötig — obgleich es bei künstlichen Arbeiten oft geschieht —
dafs alle solche Strata oder Schichtungen durchweg in
demselben Neigungswinkel liegen. Im Gegenteil, ich halte
dies für sehr verfehlt. Obgleich bei jeder einzelnen Gruppe
an und für sich eine gewisse Parallelität der Schichtungen
erkennbar sein sollte, so ist es dennoch ganz naturgemäfs,
dafs eine benachbarte, aber von dieser deutlich abgetrennte
Gruppe die anscheinend parallelen Schichtungen in einem
ganz anderen Winkel zeigt. Es würde dies der natür-
lichen Vermutung Raum geben, dafs die im Urzustände
parallelen und durchweg in demselben Neigungswinkel
befindlichen Straten, durch gewaltige vulkanische Er-
schütterungen oder sonstige Einflüsse abgerissen, durch-
brochen und in allen Richtungen zerstreut wurden. Da in
der Natur solche Fälle nicht nur sehr häufig erscheinen,
sondern garade die reizendsten und imposantesten Natur-
scenerien bilden, brauchen wir auch keinen Anstand nehmen,
gerade diese Art der Felsenformation zu unserem Vorbilde
zu wählen.

Die Bepflanzung des Pelsengartens kann hier
nur kurz erwähnt werden, aber ein reichhaltiges Verzeichnis
von Pflanzen für verschiedene Zwecke und für verschiedene
Lagen wird als Nachtrag zu diesem Vortrage baldigst ver-
öffentlicht werden.*) Ich begnüge mich deshalb damit'
hier nur einige wenige Winke über die Ausschmückung
durch Pflanzen zu geben.

Nach meiner Ansicht ist es sehr verfehlt, die Be-
pflanzung der Felsen anderen Händen zu überweisen, als
denen des Erbauers. Wer die Felsen schuf, sollte auch
für ihre Ausschmückung die Verantwortlichkeit übernehmen,
wenn nicht etwa beabsichtigte Effekte gänzlich verloren
gehen sollen; denn es ist doch unmöglich, dafs zwei auch
noch so gute Leiter dieser Arbeiten dieselben Ideen haben
können. Es ist ratsam, tiefgelegene Teile im allgemeinen
mit ganz niedrigen Pflanzen zu bekleiden und die Höhen
punkte mit hohen Pflanzen zu schmücken und somit die
schon in der Grundform effektive Wirkung durch Kontur-
kontrast noch weiter zu verstärken. Bei unpassender
Pflanzung hingegen durch einen Laien würde diese Wirkung
wahrscheinlich nicht nur nicht verstärkt werden, sondern viel-
leicht gänzlich verloren gehen. Der geschulte und er-
fahrene Leiter des Felsenbaues wird schon gleich beim

*) Dieses lange Verzeichnis erscheint in dem Journal der
„Royal Horticultural Society" und mufste hier wegen Mangel
an Raum weggelassen werden. Die Redaktion.

Beginn der Arbeit darauf achten, dafs gewisse Erdmischungen
an solchen Stellen angebracht werden, die mit bestimmten,
irgend eine besondere Erdart verlangenden Pflanzen ge-
schmückt werden sollen, und über die Wirkung solcher
Pflanzen wird er imstande sein, sich schon im voraus ein
ziemlich klares Bild zu machen. Ganz besonders die
kleinsten und niedlichsten Pflanzen der Hochgebirge vor-
langen zu ihrem Gedeihen schmale, aber tiefe Felsenritzen,
welche einer Erdmischung bedürfen, die ein grofses
Quantum zerschlagener Kalk-Steinchen oder (falls die zu
verwendenden Pflanzen den Kalk scheuen) Granit- oder
Sandstein-Stückchen als Zusatz erhielt. Diese ausge-
wähltesten Arten der Alpenpflanzen müssen auch vor den
Angriffen der Schnecken und anderem Ungeziefer geschützt
werden, und es empfiehlt sich deshalb, diese kleinen
Juwelen der Alpenflora in gröfseren oder kleineren Gruppen
zu vereinen und zwar so, dafs man diese Gruppen nicht
allein beständig unter Augen hat, sondern auch auf die
harmonische Verbindung mit benachbarten Gruppen, auf
passende Farbenzusammenstellungen und auf die Blütezeit
jst Gewicht zu legen. Alpenpflanzen, welche langsam
wachsen, dürfen in der nächsten Umgebung nur mit ebenso
langsam wachsenden anderen Arten vermischt werden,
weil sie sonst in Kürze von den schneller wachsenden
Arten überwuchert werden. In ähnlicher Weise können
wir besondere Felsengruppen für schnell wachsende Pflanzen
anordnen und diese, je nach Lage und Erfordernis, mit
Farnen, Felsensträuchern etc. bekleiden, immer aber müssen
wir in die Zukunft blicken und die Pflanzen nicht nach
dem augenblicklichen Aussehen, sondern nach der zu-
künftigen vollen Entwickelung beurteilen.

Senkrechte oder schräge Ritzen und Fugen in künst-
lichen Felsen werden gewöhnlich mit Cement oder Mörtel
verschmiert und nicht für Pflanzen benutzt. Dies halte
ich für gänzlich verkehrt. Ganz abgesehen von der Un-
natürlichkeit und Häfslichkeit des Gementes, zerplatzen
solche verschmierten Fugen häufig und dienen dann aller-
hand Ungeziefer zum Aufenthalte. Andererseits giebt es
eine Unmenge von Pflanzen, die gerade in solchen engen
Ritzen am allervorzüglichsten gedeihen, wie z. B. die
meisten Arten von Androsace, viele Saxifraga und besonders
alle Pflanzen, welche ihre Blätter in der Form von Rosetten
angeordnet haben, wie Sempervivum, Ramondia etc. etc.
In der Regel ist es ratsam, solche senkrechten Spalten
schon beim Aufbau der Felsen zu bepflanzen, weil es
später schwieriger sein würde, in solchen engen Ritzen
die Wurzeln ordentlich mit Erde zu umgeben. Die Wurzeln
solcher Pflanzen würden also gänzlich oder teilweise in
horizontaler Richtung sich befinden, und durch eingetriebene
Steinchen etc. werden die Pflanzen seitlich fest eingeklemmt,
so dafs in ihren Blattrosetten kein stehendes Wasser sich
ansammeln kann.

Wo Pflanzen mit starker Wurzelbildung angewendet
werden, da mufs stets darauf geachtet werden, dafs die
in den so bepflanzten Felsenritzon befindliche Erde mit
dem allgemeinen Erdkörper im Zusammenhange steht,
so dafs die Wurzeln tief eindringen können, ohne das
Gestein zu zersprengen und voneinander zu schieben. Die
 
Annotationen