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Die Gartenkunst — 2.1900

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Meyer, F. W.: Felsanlagen, Teiche und Bäche in unseren Gärten, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22267#0063

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52

DIE GARTENKUNST

Bepflanzung der nächsten Umgebung eines Felsengartens
erfordert fast soviel Aufmerksamkeit, als die Bepflanzung
der Felsen selbst, wenn wir wünschen, unserer Anlage
jenen malerisch schönen Reiz zu verleihen, ohne welchen
kein Felsenbau natürlich aussieht.

Solitärpflanzen mögen gleichfalls dazu dienen, den
natürlichen Reiz zu erhöhen, und sollten nicht nur hier
und da auf den Felsen, sondern auch auf dem die Felsen
unterbrechenden oder umgebenden Rasen auftreten. Immer
aber müssen wir die zukünftige Entwickelung der benutzten
Pflanzen wohl im Auge haben.

Wasser im Felsengarten ist allerdings von jedem
Standpunkte aus betrachtet, höchst wünschenswert. Es
sei damit nicht etwa gesagt, dafs ein Felsengarten nicht
ohne Wasser schön sein könne. Aber Wasser bringt
Leben in die Scenerio und ist — ausgenommen als stehende
Pfütze — in jeder Form angenehm, sei es ein träger Bach,
der langsam durch blumenbedeckte Wiesen sich windet,
sei es eine plätschernde Bergquelle, ein rieselnder Sturz-
bach, ein Sumpfbeet, ein roifsender Borgstrom, der rasend
von einem Fels zum anderen stürzt, oder auch ein lieb-
licher, teilweise von Felsen umrahmter Teich, dessen Ufer
und Gewässer mit passenden Pflanzen geschmückt sind.
Aber selbst wenn Wasser auf künstlichem Wege durch
Röhren herbeigeleitet werden mufs, bietet der Felsengarten
eine bessere Gelegenheit zu geeigneter und mannigfaltiger
Verwertung des Wassers als irgend ein anderer Teil des
Gartens. Wohl in den meisten Fällen wird nur auf künst-
lichem Wege herbeigeleitetes Wasser im Felsengarten zu
haben sein. Dies hat wenigstens den Vorteil, dafs man
das Wasser vollständig kontrollieren und ganz nach
Belieben verwerten kann, während ein natürlicher Zuflufs
oft nur unter Schwierigkeiten abgeändert werden kann.

Vielleicht die angenehmste Wasserform im Felsgarten
ist eine sprudelnde Quelle, welche anscheinend aus einer
tiefen Felsspalte hervordringt und erst lustig zwischen
dem Gesteine rieselt, dann einen oder mehrere Wasserfälle
bildet und sich hierauf in langsamerem, nur noch hier und
da durch Felsen behemmtom Laufe zu einem Teiche aus-
breitet, dessen Abflul's ein Moorbeet speist, oder als
murmelnder Bach eine Alpenwiese durchzieht, bis endlich
das Wasser unter einem Felsen gänzlich verschwindet.
Selbst bei nur geringem Wasserzuflufs kann dies alles so
ausgeführt werden, dafs von keiner Künstelei etwas zu
sehen ist und die ganze Anlage als das Werk der Natur
erscheint, falls wir nach den Gesetzen der Natur unsere
Mafsregeln nehmen.

Bei Einführung eines Wasserfalls siegt häufig das Be-
streben, das Gefälle so tief wie möglich zu haben, und oft
wird aus diesem Grunde der Wasserfall auf die höchste
Spitze der Felspartie verlegt. Dies ist entschieden falsch.
Wenn nicht hinter dem Wasserfalle andere, noch höhere
Teile liegen, die als vermeintliche, die Wasserquelle ent-
haltende Felsen gelten können, so wird und mufs ein
solcher Fall durch seine Unnatürlichkeit das Auge be-
leidigen. Ein Bach, welcher in seinem Laufe auf einen
Felsen stöfst, wird in schiefer Richtung abbiegen, mit
dem Resultat, dafs auf der dem gedachten Felsen gegen-

überliegenden Ufer eine Auswaschung der Uferlinie statt-
findet, falls dieselbe nicht etwa ebenfalls von harter oder
gar felsiger Beschaffenheit ist. Aus diesem Grunde werden
in natürlichen Bächen die Uferlinien einander fast stets
ergänzen, d. h. wo wir auf der einen Seite einen Vorsprung
oder doch zum wenigsten eine konvexe Uferlinie finden,
wird die gegenüberliegende Uferlinie in der Regel eine
konkave sein und umgekehrt. Da ein Teich gewöhnlich
nur als ein erweitertes Flufsbett zu betrachten ist, gelten
diese Regeln der Natur auch für die Teichkonstruktion.

Bei der Ausschmückung der Teichufer wird das
befriedigenste Resultat erzielt, wenn Vorsprünge oder Halb-
inseln dicht bepflanzt, oder durch Felsen motiviert werden,
während die übrigen Teile weniger dicht bepflanzt oder
auch ganz freigelassen werden. Dadurch dafs einige Teile
des Teiches von gewissen Standpunkten aus gänzlich dem
Auge entzogen sind, wird die Wasserfläche gröfser er-
scheinen, als es wirklich der Fall ist, weil der uneingeweihte
Besucher im Geiste sich diese halbverdeckten Teile umfang-
reicher ausmalt, als dieselben wirklich sind.

Zur Befestigung der Seiten und des Bodens des Teiches
oder eines Baches giebt es kein besseres Material als
Coment-Beton, welcher natürlich völlig maskiert werden
mufs und zwar auf der Teichsohle durch Kies und runde
Steinchen, an den Seiten teils durch Felsen, teils durch
Rasenböschungen, welche bis unter die Wasserfläche
tauchen müssen, um vor Ausspülungen durch Wellenschlag
gesichert zu sein.

Den Wurzeln von Iris, Spiraea, Astilbe oder anderen
Uferpflanzen, welche in solche Ufer gepflanzt werden, ist
durch dieses Verfahren ein freier Zutritt zum Wasser ge-
stattet. Für Nymphaeen und andere Wasserpflanzen bauen
wir auf dem Boden des Teiches aus losen Steinen am
besten besondere Behälter, welche mit nahrhafter Erde ge-
füllt werden, bis eine Höhe von etwa 15 Zoll unter dem
Wasserspiegel erreicht ist. Für grofse Teiche bestimmte
Wasserpflanzen können auch einfach in Körbe gepflanzt
und bis zur wünschenswerten Tiefe ins Wasser gesenkt
werden. Sumpfbeete, welche, wie schon angedeutet, durch
den Abflufs eines Teiches gespeist werden können, werden
ebenfalls am besten durch Cement befestigt und so ein-
gerichtet, dafs sowohl Zuflufs wie Abzug des Wassers
unter vollkommener Kontrolle steht, und dafs von Cement
und anderem Material keine Spur zu sehen ist.

Ich bedauere, dafs die mir zu Gebote stehende Zeit es
nicht gestattet, hier weiter einzugehen auf dieses Thema,
das mir ans Herz gewachsen ist. und ich befürchte, ich
habe diejenigen enttäuscht, welche etwa von mir neue
Theorien über Felsenbau erwarteten. Dennoch wage ich
zu hoffen, dafs meine, auf Naturstudien und praktische
Erfahrung begründeten Winke wenigstens für diejenigen
nicht ganz unwillkommen sein werden, welche etwa ihre
Gärten zu verschönern beabsichtigen durch die Einführung
eines Feisengartons.
 
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