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Die Gartenkunst — 2.1900

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Goethe, Rudolph: Die Luisenburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.22267#0081

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70

DIE GARTENKUNST II, 4

Natu rstudien.

Die Luisenburg.

Von R. Goethe, Kgl. Landesökonomierat und Direktor
der Kgl. Lehranstalt für Obst-, Wein- und Gartenbau
in Geisenheim.
(Hierzu 4 Abbildungen.)

In der That, unser Vaterland ist reich an
Schönheiten der Natur und ich habe von jeher
die Ansicht vertreten, man solle doch nicht immer
nur ins Ausland ziehen, sondern sich an den
heimischen Wäldern und Bergen erfreuen und sie
der Reihe nach aufsuchen. Wilde grofsartige Ge-
birge findet man freilich nicht, etwa einen kleinen
Teil von Oberbayern abgerechnet; dafür aber um
so mehr liebliche Scenerien von eigenartigem Reiz,
jede Gegend ein charakteristisches Ganze von be-
sonderem Gepräge, Bilder, deren Einzelheiten har-
monisch zu einander passen. Freilich läuft bei
solchem nicht genug zu empfehlenden Studium
des eigenen Vaterlandes manche weniger schöne
Stelle unter, die man aber getrost mit in den Kauf
nehmen kann. Wer mit offenen Augen und einem
für die Natur empfänglichen Sinne begabt ist, der
findet überall Anregendes und selbst in einer ein-
förmigen Landschaft einzelne reizvolle Schmuck-
stücke und Zieraten, die vollauf für Langweiliges
entschädigen.

Zu den ihrer Form, ihren Umrissen nach
weniger ansprechenden Höhenzügen Deutschlands
zähle ich das Fichtelgebirge in der Nordostecke
Bayerns. Allerdings kenne ich nur einen kleinen
Teil desselben und laufe so Gefahr, dem übrigen
gröfseren Unrecht zu thun; aber die gewaltige,
lang hingelagerte Masse mit dem wenig einge-
schnittenen Kamme, der Mangel an mehrfach ge-
gliederten, in den Gebirgsstock eingreifenden Seiten-
thälern und der gleichmäfsige, auf weite Strecken
hin sich ausdehnende Nadelwald erwecken nicht
gerade das Verlangen, geniefsend in die einzelnen
Teile einzudringen. So empfand ich, als ich vor
drei Jahren das Fichtelgebirge von Wunsiedel aus
betrachtete und dorthin war ich gereist, um die
im Baedeker so warm empfohlene Luisenburg in
Augenschein zu nehmen.

Der so benannte Teil des östlichen Gebirgs-
hanges sieht aus der Ferne betrachtet streng ge-
nommen wenig versprechend aus. Wenn man
sich der Luisenburg von Wunsiedel aus nähert,
hat man nur einen fichtenbestandenen, etwas
scharf in das Thal vorspringenden Rücken vor sich,
dessen Form eher mild als schroff ist und der eine
so grofsartige. wildromantische Natur nicht ahnen
läfst. Der Wald verdeckt das interessanteste aller
Felsengebilde vollständig.

Umso gröfser ist aber die Überraschung, um
so mächtiger der Bindruck, wenn man. bei dem
Wirtschaftsgebäude von der Strafse aus den Wald
betretend, sich nun mit einemmale inmitten einer
 
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