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Die Gartenkunst — 32.1919

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Förster, H.: Schülergärten
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https://doi.org/10.11588/diglit.22269#0089

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E. Barth: bchustehrus-Park, Charlottenburg.

Wegekreuzung mit Vorgefundener Blumenvase, umgeben von einem mit Epheu zu berankendem Gitter aus Eisen und Eichenholz.

(Standpunkt I.)

zwar vornehmlich dadurch, daß diese Gärten von
den Schülern und Schülerinnen selbst bearbeitet
werden. Der Schülergarten erfüllt die Aufgabe,
die Kinder frühzeitig schon an die körperliche
Arbeit zu gewöhnen, und wirkt hier in ähnlicher
Richtung wie der Handfertigkeitsunterricht, der
die Kinder mit der Papp-, Hobel- und Schnitz-
arbeit vertraut macht.

Hand in Hand mit der körperlichen Betäti-
gung geht die gesundheitliche Förderung der
Kinder. Der Aufenthalt in der frischen Luft, die
Beschäftigung der Kinder mit Graben, Harken,
mit Säen und Pflanzen, Häkeln und Gießen
stärken Herz, Lunge und Muskeln, bilden ein
Gegengewicht gegen die oft ungünstigen Lebens-
bedingungen der großen Städte. Nicht gering zu
veranschlagen ist auch die Einwirkung der Garten-
arbeit auf die Gemüts- und Willensbildung der
Kinder. Die Arbeit im Schülergarten ist organi-
sierte Arbeitsleistung. Im Arbeitsstaat des Schü-
lergartens erhält jeder seinen Pflichtenkreis zu-
gemessen. Erziehung zur Ausdauer, zur Arbeits-
freudigkeit und Verträglichkeit, Gewöhnung an
Ordnung und Sauberkeit, sind wertvolle Ergeb-
nisse der Schülergarten-Arbeit.

In welchem Verhältnis steht nun der Schüler-
garten zur eigentlichen Schularbeit, insbesondere
zum naturwissenschaftlichen Unterricht? Man hat
in den letzten Jahren vor dem Krieg sehr viel
von dem Prinzip der Arbeitsschule gesprochen
und geschrieben. Im Gegensatz zur Lernschule,

die sich darauf beschränkt, den Kindern fertiges
Wissen zu vermitteln, will die Arbeitsschule, daß
dieses Wissen von den Kindern selbst erarbeitet
werde. Die eigene Erfahrung, die Beobachtung,
der Versuch, mit einem Wort: die Selbsttätig-
keit der Kinder geben der Arbeitsschule ihr Ge-
präge. Es leuchtet ohne weiteres ein, daß das Ar-
beitsschulprinzip auch für den naturwissenschaft-
lichen Unterricht von hervorragender Bedeutung
ist. Durch Umgang mit den Geschöpfen, durch
Beobachtung und Versuch, durch Erfahrung kann
und soll das Kind zu naturwissenschaftlichen Er-
kenntnissen geführt werden. Nun ist es zweifels-
ohne, daß diesem Prinzip bis zu einem gewissen
Grade auch im Schulgarten, hinreichende Größe
vorausgesetzt, Rechnung getragen werden kann.
In weit höherem Maße wird dies jedoch im Schü-
lergarten der Fall sein, wo Schüler und Schüle-
rinnen jahraus, jahrein graben und hacken, säen
und pflanzen, wo sie das Keimen und Wachsen
der Pflanzen, die Abhängigkeit des Pflanzenle-
bens von Standort und Klima täglich und stünd-
lich vor Augen haben. Das ist ja die erste Vor-
aussetzung für eine gedeihliche Schülergarten-
arbeit, daß die Kindemnicht nur einmal in der
Woche oder gelegentlich ein halbes Stündchen
sich im Garten auf halten und umherspazieren,
sondern, daß sie stundenlang im Garten sich be-
tätigen und so mit dem Garten und allem, was
drin lebt und webt, verwachsen.

Durch Arbeit, geistige und körperliche Arbeit,

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