Großherzoglich Badische privilegirte Heidelberger Tageblätter für Verkündigung, Politik und Unterhaltung (35) — 1841
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DOI Kapitel:
No. 161 - No. 170 (14. Juli - 24. Juli)
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- Einband
- Titelblatt
- 2 Im Jahre 1840 sind dahier geboren / gestorben:
-
3-44
No. 1 - No. 10 (1. Januar - 13. Januar)
-
45-84
No. 11 - No. 20 (14. Januar - 25. Januar)
-
85-124
No. 21 - No. 30 (26. Januar - 5. Februar)
-
125-164
No. 31 - No. 40 (6. Februar - 17. Februar)
-
165-204
No. 41 - No. 50 (18. Februar - 01. März)
-
205-244
No. 51 - No. 60 (2. März - 12. März)
-
245-284
No. 61 - No. 70 (13. März - 24. März )
-
285-324
No. 71 - No. 80 (25. März - 5. April)
-
325-364
No. 81 - No. 90 (6. April - 19. April)
-
365-404
No. 91 - No. 100 (20. April - 30. April)
-
405-444
No. 101 - No. 110 (1. Mai - 12. Mai)
-
445-484
No. 111 - No. 120 (13. Mai - 25. Mai)
-
485-524
No. 121 - No. 130 (26. Mai - 7. Juni)
-
525-566
No. 131 - No. 140 (8. Juni - 19. Juni)
-
567-606
No. 141 - No. 150 (20. Juni - 1. Juli)
-
607-646
No. 151 - No. 160 (2. Juli - 13. Juli)
-
647-686
No. 161 - No. 170 (14. Juli - 24. Juli)
-
687-726
No. 171 - No. 180 (26. Juli - 5. August)
-
727-766
No. 181 - No. 190 (6. August - 17. August)
-
767-806
No. 191 - No. 200 (18. August - 28. August)
-
807-850
No. 201 - No. 210 (30. August - 9. September)
-
851-890
No. 211 - No. 220 (10. September - 21. September)
-
891-930
No. 221 - No. 230 (22. September - 2. Oktober)
-
931-972
No. 231 - No. 240 (4. Oktober - 14. Oktober)
-
973-1018
No. 241 - No. 250 (15. Oktober - 26. Oktober)
-
1019-1058
No. 251 - No. 260 (27. Oktober - 6. November)
-
1059-1098
No. 261 - No. 270 (8. November - 18. November)
-
1099-1138
No. 271 - No. 280 (19. November - 30. November)
-
1139-1180
No. 281 - No. 290 (1. Dezember - 11. Dezember)
-
1181-1220
No. 291 - No. 300 (13. Dezember - 23. Dezember)
-
1221-1244
No. 301 - No. 307 (24. Dezember - 31. Dezember)
- Landwirthschaftliche Berichte
- Einband
- Maßstab/Farbkeil
ſeidelberger
Tageblätter
für Verkündigung, Politik und Unterhaltung.
xo. 166.
Karlsruhe, 17. Jul. 25. öffentl. Sißung der 2. Kammer.
Präsidium: Bekk. – Regierungskommission: Frhr. v. Blitters-
dorf, Frhr. v. Rüdt, o. Böckh, Miniſterialrath Ziegler. ~
Staatsrath Jolly. Mit Einschluß des Präsidenten und der
Sekretäre sind 56 Mitglieder anwesend. Das allgemeine In-
tereſſe an der Urlaubsfrage, gleichbedeutend den Meiſten mit
dem Intereſſe an der Verfaſſung, hatte auch heute, wo die
Kammer ihre durch den Abg. Bader triftig motivirte letzte Er-
klärung abgeben sollte, wie in den Sitzungen vom 7. und 22.
Mai, eine Menge Zuhörer auf die Gallerie und an die geöff-
neten Flügelthüren des Sitzungssaales geführt. Die vordere
Reihe der Bänke war zum Theil von Damen besetzt. Aus
Mannheim, Heidelberg, Bruchsal, Raſtadt und andern Orten
waren viele Männer gekommen, um den Verhandlungen bei-
zuwohnen. Die Tribunen des diplomatischen Korps und der
erſien Kammer ſind ebenfalls ſlark beſezt. – Baſſermann
übergibt eine Vorſtelung von 68 Israeliten Mannheims um
Abänderung der sie beſchränkenden Beſtimmungen des Gemein-
_ degesetzes, alſo eine sehr bescheidene Bitte, mit dem Ersuchen
an die Petitionskommission noch vor der Vertagung darüber zu
berichten. Andere Petitionen werden von den Abg. ETrefurt,
Martin, Chriſt u. a. vorgelegt. Finanzminister v. Böckh legt
das Budget für die Periode vom 1. Juli bis zum lehten De-
zember d. I. vor, welches in Folge der Verlegung des Rech-
nungstermins 1. Juli auf 1. Januar und die hierdurch bedingte
Abänderung ‘der Budgetperioden besonders zu bewilligen it. ~
Miniſterialrath Ziegler verliest, zur Begrundung des Entwurfs
den Vortrag des Finanzminiſteriums an Se. k. H. den Groß-
herzog zu der Gesetzesvorlage. Nach beendigter Verlesung , welche
beiläufig eine Stunde dauerte, berichtet Bader über die in
Bezug auf die Urlaubsfrage eingelaufenen Adreſſen. Es sind
deren 6, drei aus dem Bezirk Müllheim, eine von Mannheim,
von Freiburg und von Lahr. Die Zuſtimmung der Bürger
zu den Beschlüſſen der Kammer muß dieser zur Beruhigung
dienen; die Kommission schlägt daher vor, die Petitionen in
das Protokoll aufzunehmen. v. Rüdt wiederholt die frühere
Bemerkung, daß die Kammern wie die Regierung nur ſolche
Bitten der Bürger anhören können, welche ihre eigenen Intereſſen
betreffen. Wenn die Regierung die Bestimmung des g. 67
der Verfaſſung bisher nicht ſtreng genommen, so sollten doch
Hddeaolitiſche Adreſſen weder von Bürgern eingereicht noch von der
Kammer angenommen werden. Cine Verordnung von 1822
verbiete Adreſſen über allgemeine paolitisſche Angelegenheiten,
welche auch nach der Verfassung nicht zulässig seyen, wonach
die Gesſammtheit nur durch Repräsentanten ihre Rechte ausübt.
Den Abg. iſt die Vertretung der Intereſſen der Geſammtheit
Übertragen. Wenn nun diese . ausdrücklich angewiesen sind,
keine Inſtruktionen anzunehmen, wenn die Wahlmänner aus-
ſchließlich auf das Wahlgeſchäft beschränkt sind, ſo iſt es doch klar,
daß die Geſammtheit oder ein Theil derſelben ſich nicht mit
Dinstag , den 20. Juli
1841.
ss ~
der Berathung allgemeiner Angelegenheiten zu befassen hat.
Die Verfaſſung kennt nur Eine Art von Adressen, die der
Kammier an den Fürſten des Landes. Die vorliegenden Adreſſen
betreffen eine allgemeine politische Angelegenheit zu einem Zeit-
punkt, wo sie verfaſſungsmäßig als erledigt anzusehen iſt und
enthalten zum Theil heftige Vorwürfe gegen die Regierung.
Sie sind hervorgerufen, worüber eine Menge von Data vor-
liegen. Die Mannheimer Adreſſe wurde von einem Beauftrag-
ten herumgetragen, der mit der Bemerkung zum Unterſchrei-
ben einlud, daß der Bürgermeister auch unterſchreiben werde.
Die Müllheimer soll vom Wahlbezirk ausgehen, aber die Wahl-
männer haben keinen Schritt dazu gethan. Sollen diese Adressen
die Kammer in ihrer Ansicht beſtärken, –~ so bedarf es deren
richtz eben so wenig können sie die Regierung einschüchtern.
Uebrigens können die Adreſſen keinen nachtheiligen Cindruck
bei der Regierung über die Gesinnung der Städte machen.
Das Vertrauen auf die Regierung beruht auf der feſten Grund-
lage. Die Aufnahme der Adressen sey ungeeignet, und einige
Adressen sind des Inhalts , daß die Regierung sich dabei nicht
beruhigen kann. Bader: Es handelt sich blos um die Frage:
hat der badische Bürger das Recht seine Meinung zu ſagetr
oder nicht? Keine Verfaſsung , kein Gesetz verbietet dieß, Der
Abg. darf allerdings nicht nach Information stimmenz aber
daß er sie nicht annehmen dürfe, ist beinahe eine unsinnige
Behauptung. Diese Adreſſe von Müllheim ist von Einwohnern
des Wahlbezirks, nicht vem Bezirk eingereicht. Sie haben
überhaupt nieht etwas thun wollen , was die Regierung beleidige.
Die Adressen sind turch die Regierung hervorgerufen ; wahr-
ſcheinlich haben die angeordneten Wahlen Anlaß gegeben, die
nicht hätten ſtatifinden sollen, daß die Bürger ihre Meinung
sagten, wie sie die Verfaſſung für bedroht halten. v. Vlitters-
dorf : Allerdings hat der badische Bürger das Recht, seine
Meinung zu ſagen, aber in der gehörigen Form. Das Adreſse-
ſammeln, um einen Einfluß auf die Kammer zu üben, iſt
und bleibt untersagt. Eben so war der Ausdruck unsinnig“
nicht so abgewogen, wie er gegen die Regiernng gebraucht
werden sollte. Wir haben die Ueberzeugung, daß das Recht
„auf unserer Seite iſt, daß die Andern in ſchweren Irrthum
verfallen sind. Cine andere Ansicht kann ausgesprochen werden,
aber sie für die allgemeine Meinung auszugeben, kann wohl
ein Trugſchluß seyn. Der Präsident erinnert, daß der gerügte
Ausdruck sich nicht auf die Rede des Hrn. v. Rüdt bezogen
habe, sondern auf eine Behauptung , daß die Abg. keine In-
formationen annehmen dürften, wenn sie aufgestellt würde.
Im andern Fall würde er den Abg. Bader zur Ordnung ge-
wiesen haben. Frhr. u. Rüdt erläutert seine früheren Bemer-
kungen gegen die Auslegung des Abg. Bader. Jeder könne
sich überzeugen, taß Stellen in einigen Adressen vorkommen,
die den Bürgern gegen die Regierung nicht geziemen. v. Ißt-
ſtein; Ich beſtätige, was der Berichterstatter gesprechen, und
Tageblätter
für Verkündigung, Politik und Unterhaltung.
xo. 166.
Karlsruhe, 17. Jul. 25. öffentl. Sißung der 2. Kammer.
Präsidium: Bekk. – Regierungskommission: Frhr. v. Blitters-
dorf, Frhr. v. Rüdt, o. Böckh, Miniſterialrath Ziegler. ~
Staatsrath Jolly. Mit Einschluß des Präsidenten und der
Sekretäre sind 56 Mitglieder anwesend. Das allgemeine In-
tereſſe an der Urlaubsfrage, gleichbedeutend den Meiſten mit
dem Intereſſe an der Verfaſſung, hatte auch heute, wo die
Kammer ihre durch den Abg. Bader triftig motivirte letzte Er-
klärung abgeben sollte, wie in den Sitzungen vom 7. und 22.
Mai, eine Menge Zuhörer auf die Gallerie und an die geöff-
neten Flügelthüren des Sitzungssaales geführt. Die vordere
Reihe der Bänke war zum Theil von Damen besetzt. Aus
Mannheim, Heidelberg, Bruchsal, Raſtadt und andern Orten
waren viele Männer gekommen, um den Verhandlungen bei-
zuwohnen. Die Tribunen des diplomatischen Korps und der
erſien Kammer ſind ebenfalls ſlark beſezt. – Baſſermann
übergibt eine Vorſtelung von 68 Israeliten Mannheims um
Abänderung der sie beſchränkenden Beſtimmungen des Gemein-
_ degesetzes, alſo eine sehr bescheidene Bitte, mit dem Ersuchen
an die Petitionskommission noch vor der Vertagung darüber zu
berichten. Andere Petitionen werden von den Abg. ETrefurt,
Martin, Chriſt u. a. vorgelegt. Finanzminister v. Böckh legt
das Budget für die Periode vom 1. Juli bis zum lehten De-
zember d. I. vor, welches in Folge der Verlegung des Rech-
nungstermins 1. Juli auf 1. Januar und die hierdurch bedingte
Abänderung ‘der Budgetperioden besonders zu bewilligen it. ~
Miniſterialrath Ziegler verliest, zur Begrundung des Entwurfs
den Vortrag des Finanzminiſteriums an Se. k. H. den Groß-
herzog zu der Gesetzesvorlage. Nach beendigter Verlesung , welche
beiläufig eine Stunde dauerte, berichtet Bader über die in
Bezug auf die Urlaubsfrage eingelaufenen Adreſſen. Es sind
deren 6, drei aus dem Bezirk Müllheim, eine von Mannheim,
von Freiburg und von Lahr. Die Zuſtimmung der Bürger
zu den Beschlüſſen der Kammer muß dieser zur Beruhigung
dienen; die Kommission schlägt daher vor, die Petitionen in
das Protokoll aufzunehmen. v. Rüdt wiederholt die frühere
Bemerkung, daß die Kammern wie die Regierung nur ſolche
Bitten der Bürger anhören können, welche ihre eigenen Intereſſen
betreffen. Wenn die Regierung die Bestimmung des g. 67
der Verfaſſung bisher nicht ſtreng genommen, so sollten doch
Hddeaolitiſche Adreſſen weder von Bürgern eingereicht noch von der
Kammer angenommen werden. Cine Verordnung von 1822
verbiete Adreſſen über allgemeine paolitisſche Angelegenheiten,
welche auch nach der Verfassung nicht zulässig seyen, wonach
die Gesſammtheit nur durch Repräsentanten ihre Rechte ausübt.
Den Abg. iſt die Vertretung der Intereſſen der Geſammtheit
Übertragen. Wenn nun diese . ausdrücklich angewiesen sind,
keine Inſtruktionen anzunehmen, wenn die Wahlmänner aus-
ſchließlich auf das Wahlgeſchäft beschränkt sind, ſo iſt es doch klar,
daß die Geſammtheit oder ein Theil derſelben ſich nicht mit
Dinstag , den 20. Juli
1841.
ss ~
der Berathung allgemeiner Angelegenheiten zu befassen hat.
Die Verfaſſung kennt nur Eine Art von Adressen, die der
Kammier an den Fürſten des Landes. Die vorliegenden Adreſſen
betreffen eine allgemeine politische Angelegenheit zu einem Zeit-
punkt, wo sie verfaſſungsmäßig als erledigt anzusehen iſt und
enthalten zum Theil heftige Vorwürfe gegen die Regierung.
Sie sind hervorgerufen, worüber eine Menge von Data vor-
liegen. Die Mannheimer Adreſſe wurde von einem Beauftrag-
ten herumgetragen, der mit der Bemerkung zum Unterſchrei-
ben einlud, daß der Bürgermeister auch unterſchreiben werde.
Die Müllheimer soll vom Wahlbezirk ausgehen, aber die Wahl-
männer haben keinen Schritt dazu gethan. Sollen diese Adressen
die Kammer in ihrer Ansicht beſtärken, –~ so bedarf es deren
richtz eben so wenig können sie die Regierung einschüchtern.
Uebrigens können die Adreſſen keinen nachtheiligen Cindruck
bei der Regierung über die Gesinnung der Städte machen.
Das Vertrauen auf die Regierung beruht auf der feſten Grund-
lage. Die Aufnahme der Adressen sey ungeeignet, und einige
Adressen sind des Inhalts , daß die Regierung sich dabei nicht
beruhigen kann. Bader: Es handelt sich blos um die Frage:
hat der badische Bürger das Recht seine Meinung zu ſagetr
oder nicht? Keine Verfaſsung , kein Gesetz verbietet dieß, Der
Abg. darf allerdings nicht nach Information stimmenz aber
daß er sie nicht annehmen dürfe, ist beinahe eine unsinnige
Behauptung. Diese Adreſſe von Müllheim ist von Einwohnern
des Wahlbezirks, nicht vem Bezirk eingereicht. Sie haben
überhaupt nieht etwas thun wollen , was die Regierung beleidige.
Die Adressen sind turch die Regierung hervorgerufen ; wahr-
ſcheinlich haben die angeordneten Wahlen Anlaß gegeben, die
nicht hätten ſtatifinden sollen, daß die Bürger ihre Meinung
sagten, wie sie die Verfaſſung für bedroht halten. v. Vlitters-
dorf : Allerdings hat der badische Bürger das Recht, seine
Meinung zu ſagen, aber in der gehörigen Form. Das Adreſse-
ſammeln, um einen Einfluß auf die Kammer zu üben, iſt
und bleibt untersagt. Eben so war der Ausdruck unsinnig“
nicht so abgewogen, wie er gegen die Regiernng gebraucht
werden sollte. Wir haben die Ueberzeugung, daß das Recht
„auf unserer Seite iſt, daß die Andern in ſchweren Irrthum
verfallen sind. Cine andere Ansicht kann ausgesprochen werden,
aber sie für die allgemeine Meinung auszugeben, kann wohl
ein Trugſchluß seyn. Der Präsident erinnert, daß der gerügte
Ausdruck sich nicht auf die Rede des Hrn. v. Rüdt bezogen
habe, sondern auf eine Behauptung , daß die Abg. keine In-
formationen annehmen dürften, wenn sie aufgestellt würde.
Im andern Fall würde er den Abg. Bader zur Ordnung ge-
wiesen haben. Frhr. u. Rüdt erläutert seine früheren Bemer-
kungen gegen die Auslegung des Abg. Bader. Jeder könne
sich überzeugen, taß Stellen in einigen Adressen vorkommen,
die den Bürgern gegen die Regierung nicht geziemen. v. Ißt-
ſtein; Ich beſtätige, was der Berichterstatter gesprechen, und