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Großherzoglich Badische privilegirte Heidelberger Tageblätter für Verkündigung, Politik und Unterhaltung (35) — 1841

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No. 171 - No. 180 (26. Juli - 5. August)
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Heidelberger

Tageblätter

für Verkündigung, Politik und Unterhaltung.



No. 175.





Karlsruhe, 28. Jul. 29. öffentl. Sißung der 2. Kammer.
(Fortsetzung.) Die Tagesordnung führte hierauf zur Diskuſ-
sion des Bader’schen Berichts über die Eisenbahn. Der Abg.
Wagner erhält zuerſt das Wortz er findet, daß die Fortſe-
hung der Bahn bis Offenburg dem Oberlande keine wahre
Garantie für die Fortsetzung derſelben in’s Oberland gebe.
Indeß handle ſich's hier keineswegs mehr um die Frage, ob
dies geschehen ſoile , sondern nur davon, wann es geſchehen
solle; denn an jenem zweifeln hieße geradezu der Regierung
die Absicht unierſtellen, den Wohlstand der größern Hälfte des
Landes zu zerſtören, und diese Absicht werde kein vernünftiger
Menſch ihr beimesſen, es handle ſich also lediglich um das
Wann, nicht um das Ob. Dieſes Wann aber , sährt der Red-
ner fort, iſt even die Lebensfrage für das ganze Oberland, denn
wurde die Bahn mit derselben Langsamkeit fortgeſelzt, wie sie
begann, ſo durſten wohl noch Dezennien hingehen und der
größere Theil von uns würde deren Vollendung schwerlich mehr
erleben. Während dieser langen Zwiſchenzeit aber zögen ſich
Handel und Verkehr auf das jenseitige Rheinufer und der Er-
folg wäre für das Oberland um so nachtheiliger, als es zur
Verzinſung der Koſten der unterländer Bahn beitragen muß.
Mindeſtens 10 Jahre werden erforderlich sehn, um die Bahn
bis Baſel zu fuhren, wenn man nach dem bisherigen Maaß-
ſtab der Schnelligkeit fortvaut: das aber iſt eine lange Zeit für

eine Gegend, deren Handel u. Gewerb während dieser ganzen

Zeit brach liegt. Cine Geſellſchaft von Privaten hat auf dem
linken Rheinufer eine Bahn von faſt 30 Stunden in 2 Jah-
ren gebaut, während wir, an Hülfsquellen ſo reich, seit 1838
erſt eine Strecke von 4 Stunden vollendet haben. Fehlen dem
Staate die Mittel zu raſcherem Fortbau, warum übergab er
nicht mindeſtens einen Theil der Bahn an eine Aktiengeſell-
schaft ? Beſilt er sie aber, warum wendet er sie nicht an,
da jede Stunde Jögerung uns neue Nachtheile bereitet? Daß
der Beginn der Vorarbeiten im Oberlande, namentlich beim
Uebergang über die Dreiſam und am iſteiner Klotz keine unnü-
ben Vorauslagen sind, zeigt uns die Zögerung hinlänglich,
welche die Fortsezung der Bahn dadurch erleidet, daß bis jelt
noch gar keine Vorarbeiten für den Murgübergang gemacht sind.
Aehnliches dürfte leicht auch bei der Dreiſam eintreffen, deren
Uebergangsarbeit mindeſtens eine Zeit von 3 – 4 Jahren er-
fordert. Ich erlaube mir nun 2 Anträge zu ſtellen, nämlich

den Antrag 1) der Kommiſsion, der blos von mwöglichſter Be-

ſchleunigung des Fortbaues der Eisenbahn ſpricht , so zu fagen
| die großh. Regierung zu bitten, den Fortbau der Cisenbahn

ſo zu beſchleunigen, daß die ganze Bayn von Mannheim bis
Baſel nicht erſt in 10 oder mehr Jahren; sondern mindeſtens
in 6 Jahren befahren werden könne. Damit dies aber mög-
lich ſey 2 die Arbeiten am iſteiner Kloß u beim liebergang
über die Dreiſam ſchon in der nächſten Budgetperiode anfan-
gen zu laſſen, und zu diesem Behufe bei der noch bevorſtehen-

Freitag , den 30. Juli

1 841.

den Ergänzung des Budgets für 1842 und 43 wenigstens die
von der techniſchen Behörde als hierzu erforderlich bezeichnete
Summe von 240,000 fl. in daſſelbe aufzunehmen.“ Diese
Anträge finden vielseitige Unterſtißung durch den Abg. Sera-
min, der seine Unterſtüßung kurz motivirt, der Abg. Herb
und Abg. Zentner bedauert den langſamen Gang des Baues,
der dem Gesetz von 1838 und den Intereſſen des Landes gleich
zuwider sey, und weist auf die Schnelligkeit hin, womit die
elſaſſer Bahn vollendet worden seh. Auch in Belgien, wo der
Staat baue, gehe es viel raſcher; sey es aber nicht möglich,
daß. der Staat in Baden schneller baue, ſo möge man wenig-
ſtens einen Theil der Bahn Privaten überlaſſen; doppelte Kräfte
wirkten mehr, als einfache. Uebrigens freue er sich, daß man
wie die neueſten Vorlagen der Regierung zeigten, jetzt mit
mehr Energie vorſchreiten wolle, als früherz er wünſche nur,
daß der Eifer nicht wieder erkalten möge. Der Schnelligkeit
des Baues werde es gewiß förderlich seyn, wenn die Oberlei-

. tung deſſelben vervielſacht werdez auch möge man nicht zu

luxuriös bauen, wie z. B. bei den Bahnhöfen in Heidelberg
und Mannheim geschehen ſehy. Daß die Eisenbahn befördert
werde, sey aber aus finanziellen und andern Gründen wün-
ſchenswerthz aus finanziellen, weil er überzeugt sey, sie werde
sich rentiren, nicht blos in einzelnen Sektionen, sondern ihrer
ganzen Länge nach. Faſt noch höher anzuſchlagen aber sey
der Cinfluß der Eisenbahnen überhaupt auſf feſte Begründung
einer deutſchen Nationaleinheit, sie in Verbintung mit dem

Zollverein würden dann das ſtärkſte und wirkſamſte Mittel zur

Stärkung und Erhöhung der Nationalkraft ſeyn. Was die
Anträge des Abg. Wagner betreffe, ſo theile er ihre Intentionen,
glaube aber nicht, daß sie praktisch wirkſam ſseyen; er halte es
eher sür nachtheilig, die Zeit der Ausführung in Zahlen fixi-
ren zu wollen. Weniger laſse sich gegen den 2ten Antrag ein-
wenden, eine beſtimmte Summe aufzunehmen. Poſſelt beklagt
auch den langſamen Bau, glaubt aber, daß, unbeschadet
etwaiger im Oberland vorzunehmender Arbeiten , tcch die Haupt-
garantie sür das Oberland in der möglichst raſchen Beendigung
der Bahn bis Kehl liege. Martin unterſtüßt Waguer’s An-
träge und erklärt sich gegen Ueberlaſſung des Baues on eine
Privatgesellſchaft. Die Arbeiten im Oberland an den schwie-
rigſten Punkten aber segen um so bälder anzufangen, als die-
selben Jahre erforderten und von der Art ſeyen, daß sie, wie
bei Sprengung der Felsen am. iſteiner Kloß, nur wenige Ar-
beiter zuließen. Staatsrath Frhr. u. Rüdt ergreift hierauf das
Wort und wendet sich zunächst zu einigen Bemerkungen im
Kommissionsbericht. Was zuerſt die Forderung betreffe, daß
neben der Nachweisung über das Geschehene auch jedesmal eine
besondere Vorlage über das., was in jeder Budgetperiode geſches
hen sollte, gegeben werde, so handle sich's im Augenblick nur
von einer Fortsetzung des laufenden Budgets. Nach g. 55
der Verfaſſung ſtünden Budget und Nachweisungen in Verbin-
 
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