Großherzoglich Badische privilegirte Heidelberger Tageblätter für Verkündigung, Politik und Unterhaltung (35) — 1841
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DOI Kapitel:
Landwirthschaftliche Berichte
DOI Kapitel:No. 11 - No. 20 (15. Juni - 1. November)
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- Einband
- Titelblatt
- 2 Im Jahre 1840 sind dahier geboren / gestorben:
-
3-44
No. 1 - No. 10 (1. Januar - 13. Januar)
-
45-84
No. 11 - No. 20 (14. Januar - 25. Januar)
-
85-124
No. 21 - No. 30 (26. Januar - 5. Februar)
-
125-164
No. 31 - No. 40 (6. Februar - 17. Februar)
-
165-204
No. 41 - No. 50 (18. Februar - 01. März)
-
205-244
No. 51 - No. 60 (2. März - 12. März)
-
245-284
No. 61 - No. 70 (13. März - 24. März )
-
285-324
No. 71 - No. 80 (25. März - 5. April)
-
325-364
No. 81 - No. 90 (6. April - 19. April)
-
365-404
No. 91 - No. 100 (20. April - 30. April)
-
405-444
No. 101 - No. 110 (1. Mai - 12. Mai)
-
445-484
No. 111 - No. 120 (13. Mai - 25. Mai)
-
485-524
No. 121 - No. 130 (26. Mai - 7. Juni)
-
525-566
No. 131 - No. 140 (8. Juni - 19. Juni)
-
567-606
No. 141 - No. 150 (20. Juni - 1. Juli)
-
607-646
No. 151 - No. 160 (2. Juli - 13. Juli)
-
647-686
No. 161 - No. 170 (14. Juli - 24. Juli)
-
687-726
No. 171 - No. 180 (26. Juli - 5. August)
-
727-766
No. 181 - No. 190 (6. August - 17. August)
-
767-806
No. 191 - No. 200 (18. August - 28. August)
-
807-850
No. 201 - No. 210 (30. August - 9. September)
-
851-890
No. 211 - No. 220 (10. September - 21. September)
-
891-930
No. 221 - No. 230 (22. September - 2. Oktober)
-
931-972
No. 231 - No. 240 (4. Oktober - 14. Oktober)
-
973-1018
No. 241 - No. 250 (15. Oktober - 26. Oktober)
-
1019-1058
No. 251 - No. 260 (27. Oktober - 6. November)
-
1059-1098
No. 261 - No. 270 (8. November - 18. November)
-
1099-1138
No. 271 - No. 280 (19. November - 30. November)
-
1139-1180
No. 281 - No. 290 (1. Dezember - 11. Dezember)
-
1181-1220
No. 291 - No. 300 (13. Dezember - 23. Dezember)
-
1221-1244
No. 301 - No. 307 (24. Dezember - 31. Dezember)
- Landwirthschaftliche Berichte
- Einband
- Maßstab/Farbkeil
Landwirthschaftliche Berichte.
No. 188
Donnerstag, 15. Juli
1841..
Ueber den plötzlich an den Reben erschienenen
Brand.
Wir haben einen Winter durchlebt, welcher sich weniger
durch ſtarke, als durch eine lang andauernde Kälte bemerkbar
gemacht hat.. Zwiſchen der faſt ununterbrochenen Kälte fand
ſich einigemal Thauwetter ein. Weil dieses aber nie so lange
dauerte, daß das sich sammelnde oberflächliche Waſſer in den
Boden eindringen und versenken konnte, so blieb dieses Waſſer
auf der gefrornen tieferen Erdſchichte gleichſam wie in einer
Schaale stehen, und fror bei wieder eintretendem Froſte zu
einer Masse zuſammen. Hieraus bildete sich alsdann ein
Gemenge von Erde mit zwiſchenliegendem Eise, welches, weil
es so lange auf den Wurzeln laſtete, und ihnen allen Wär-
meſtoff entzog, dieſe am Ende ganz verſchwächen und tödten
mußte.
s Landwirthe sahen die Folgen dieses Unheils zuerſt
an der Spelz, dem Waizen und Reps , welche nicht allein
an den Blättern, sondern auch in faſt allen ihren Wurzeln
erfroren, ein Bild darboten, das unſere Bauern ſo bald nicht
vergeſſen werden. Als die Luzerne und der deutſche Klee
austreiben sollten, fand man, daß auch diese, an jenen
Plätzen, wo das Waſſer stehen geblieben und gefroren war,
ihre Wurzeln durch Froſt eingebüßt hatten. Eine große
Menge von Spelz-, Waizen - und Kleefeldern mußte umge-
pflügt werden, und was noch einigermaßen erhalten in das
Frühjahr kam, fand bei der nachfolgenden rauhen und trock-
nen Witterung vollends seinen Tod.
Von den Bäumen zeigten sich gleich beim ersten Aus-
treiben viele ganz erfroren , manche kamen gar nicht mehr,
andere trieben im Anfangez weil sie aber mehr oder weniger
ihre Wurzeln eingebüßt hatten, so blieben sie nach kurzer Zeit
zurück, und ſtanden ab. Beſonders hatten dies Schicksal
viele Mirabellen-, Apricosen., Kirſchen - und selbſt Zwetschen-,
Mandel- und Birnbäume, an welchen sonst noch nie ein
Erfrieren bemerkt worden war.
Der Weinſtock hatte sich dem Anſchein nach noch am
beſten erhalten. Mit Ausnahme jener Stellen, welche dem
Froſte oder der Näſſe zu sehr ausgesetzt waren und gar nicht
mehr austrieben, zeigte sich im Anfange noch eine ziemlich
üppige Vegetation. Die im Mai eingetretene heiße Witterung
ſteigerte solche auch noch um ein merkliches, doch war ſchon
Hier und da ein Stillſtand in der Vegetation bemerkbar,
. welchen man aber der Hitze und Trockenheit zuſchrieb. Die
Blüthe ging zum Theil früh und raſch vor sich, der zweite
Theil derselben ward aber von der im Juni eingetretenen
| taten j-ns getroffen, und sah schon damals ſchwächlich
| rankt aus..
Nach einigen Tagen anhaltender kalter Witterung ward
der Stillſtand in der Vegetation der Reben ſchon bemerkbarer.
Die Blätter färbten sich bräunlich und bekamen einen unna-
türlichen Gianz, man sah, wie deren Thätigkeit erloſchen und
eine Art von Stockung in denselben eingetreten war. Als
sich das Wetter wieder erheitert und einige Tage mit bren-
nend heißem Sonnenſchein erfolgt waren, da brach das Uebel
mit Gewalt herein, und der Brand verbreitete sich über die
Weinberge mit einer wirklich reißenden Schnelligkeit. Zuerſt
wurden jene Rebberge betroffen, welche im Winter dem Froſt
am meiſten ausgesetzt waren, so daß man glauben konnte,
daß diese vor kurzem ebenfalls einem Sommerfroſt unterlegen
wären. Später dehnte sich die Krankheit immer mehr aus,
und betraf auch die anderen Reben, welche bisher noch wider-
ſtanden hatten. Was von ſchwarzen Reben nicht ganz vom
Brand zu Grunde gerichtet war, erhielt wenigstens ganz
violettrothe Blätter, wie solche werden, wenn sie im Spätjahr
abſtehen, überhaupt sah die ganze Krankheit durchaus nicht.
wie der gewöhnliche Brenner , sondern mehr wie das Abfallen
der Blälter im Spätjahr aus, wenn einige Reife solche ge-
tödtet hatten. Jene Trauben, welche vor Eintritt der Krank-
heit eine gewiſſe Größe erreichten, hängen bis jetzt noch an
den Stielen, die anderen, ſchwächeren, ſind aber bereits ab-
gefallen, und die Hoffnung des Winzers iſt wieder auf ein
Jahr dahin, wenn, was zu fürchten iſt, die zu heftige Stö-
rung in der Vegetation nicht noch für das künftige Jahr
nachtheilige Folgen nach sich zieht. t.
Fragen wir nach dem Grund dieser unglücksſeligen Er-
scheinung, so iſt dieser ſchwer anzugeben. Alle Weinberzſe
ohne Unterschied unterlagen, es iſt alſo durchaus nicht eine
Erziehungsart oder ein Fehler in der Bearbeitung zu finten,
welche Veranlassung gegeben haben kann. Nur einzelne Trau-
bensorten, wie Riesling , sind weniger betroffen, während ſich
die Krankheit an den schwarzen Clävunern zuerſt zeigte. Sehr
feſte Thonböden zeigen weniger Brand, die Sandböden den
meiſten. Wenn man die Reben aufgräbt, so zeigen sich faſt
alle Wurzeln bis zur Dicke eines schwachen Federkiels und
bis zu einer Tiefe von 6 ~8 Zoll in die Erde hinab ver-
fault und dürre. Jene Stöcke, welche als Folge des Froſtes
kleine Blätter ausgetrieben haben, sind faſt ganz hin, und
auch ober der Erde sind viele Zweige verdürrt oder welk.
Die schwarzen Cläuner wurden mehr als die andern Sorten
betroffen, da sie ohnehin zarte Wurzeln haben, und wenn
man die Weinberge an den Abhängen betrachtet, so sind
gerade solche am meiſten abgeſtanden, welche den Winter-
fröſten ausgeseßt waren, oder deren Wurzeln wegen der
darunter liegenden Felsen am höchsten liegen. Dagegen wi-
derſtanden jene Rebfelder, welche gegen die Winterfröſte ge-
schützt lagen. Jene Weinberge wurden ebenfalls zuerſt von
dem Rauſchbrand überzogen, welche im Mai üppiger als die
anderen getrieben hatten.
No. 188
Donnerstag, 15. Juli
1841..
Ueber den plötzlich an den Reben erschienenen
Brand.
Wir haben einen Winter durchlebt, welcher sich weniger
durch ſtarke, als durch eine lang andauernde Kälte bemerkbar
gemacht hat.. Zwiſchen der faſt ununterbrochenen Kälte fand
ſich einigemal Thauwetter ein. Weil dieses aber nie so lange
dauerte, daß das sich sammelnde oberflächliche Waſſer in den
Boden eindringen und versenken konnte, so blieb dieses Waſſer
auf der gefrornen tieferen Erdſchichte gleichſam wie in einer
Schaale stehen, und fror bei wieder eintretendem Froſte zu
einer Masse zuſammen. Hieraus bildete sich alsdann ein
Gemenge von Erde mit zwiſchenliegendem Eise, welches, weil
es so lange auf den Wurzeln laſtete, und ihnen allen Wär-
meſtoff entzog, dieſe am Ende ganz verſchwächen und tödten
mußte.
s Landwirthe sahen die Folgen dieses Unheils zuerſt
an der Spelz, dem Waizen und Reps , welche nicht allein
an den Blättern, sondern auch in faſt allen ihren Wurzeln
erfroren, ein Bild darboten, das unſere Bauern ſo bald nicht
vergeſſen werden. Als die Luzerne und der deutſche Klee
austreiben sollten, fand man, daß auch diese, an jenen
Plätzen, wo das Waſſer stehen geblieben und gefroren war,
ihre Wurzeln durch Froſt eingebüßt hatten. Eine große
Menge von Spelz-, Waizen - und Kleefeldern mußte umge-
pflügt werden, und was noch einigermaßen erhalten in das
Frühjahr kam, fand bei der nachfolgenden rauhen und trock-
nen Witterung vollends seinen Tod.
Von den Bäumen zeigten sich gleich beim ersten Aus-
treiben viele ganz erfroren , manche kamen gar nicht mehr,
andere trieben im Anfangez weil sie aber mehr oder weniger
ihre Wurzeln eingebüßt hatten, so blieben sie nach kurzer Zeit
zurück, und ſtanden ab. Beſonders hatten dies Schicksal
viele Mirabellen-, Apricosen., Kirſchen - und selbſt Zwetschen-,
Mandel- und Birnbäume, an welchen sonst noch nie ein
Erfrieren bemerkt worden war.
Der Weinſtock hatte sich dem Anſchein nach noch am
beſten erhalten. Mit Ausnahme jener Stellen, welche dem
Froſte oder der Näſſe zu sehr ausgesetzt waren und gar nicht
mehr austrieben, zeigte sich im Anfange noch eine ziemlich
üppige Vegetation. Die im Mai eingetretene heiße Witterung
ſteigerte solche auch noch um ein merkliches, doch war ſchon
Hier und da ein Stillſtand in der Vegetation bemerkbar,
. welchen man aber der Hitze und Trockenheit zuſchrieb. Die
Blüthe ging zum Theil früh und raſch vor sich, der zweite
Theil derselben ward aber von der im Juni eingetretenen
| taten j-ns getroffen, und sah schon damals ſchwächlich
| rankt aus..
Nach einigen Tagen anhaltender kalter Witterung ward
der Stillſtand in der Vegetation der Reben ſchon bemerkbarer.
Die Blätter färbten sich bräunlich und bekamen einen unna-
türlichen Gianz, man sah, wie deren Thätigkeit erloſchen und
eine Art von Stockung in denselben eingetreten war. Als
sich das Wetter wieder erheitert und einige Tage mit bren-
nend heißem Sonnenſchein erfolgt waren, da brach das Uebel
mit Gewalt herein, und der Brand verbreitete sich über die
Weinberge mit einer wirklich reißenden Schnelligkeit. Zuerſt
wurden jene Rebberge betroffen, welche im Winter dem Froſt
am meiſten ausgesetzt waren, so daß man glauben konnte,
daß diese vor kurzem ebenfalls einem Sommerfroſt unterlegen
wären. Später dehnte sich die Krankheit immer mehr aus,
und betraf auch die anderen Reben, welche bisher noch wider-
ſtanden hatten. Was von ſchwarzen Reben nicht ganz vom
Brand zu Grunde gerichtet war, erhielt wenigstens ganz
violettrothe Blätter, wie solche werden, wenn sie im Spätjahr
abſtehen, überhaupt sah die ganze Krankheit durchaus nicht.
wie der gewöhnliche Brenner , sondern mehr wie das Abfallen
der Blälter im Spätjahr aus, wenn einige Reife solche ge-
tödtet hatten. Jene Trauben, welche vor Eintritt der Krank-
heit eine gewiſſe Größe erreichten, hängen bis jetzt noch an
den Stielen, die anderen, ſchwächeren, ſind aber bereits ab-
gefallen, und die Hoffnung des Winzers iſt wieder auf ein
Jahr dahin, wenn, was zu fürchten iſt, die zu heftige Stö-
rung in der Vegetation nicht noch für das künftige Jahr
nachtheilige Folgen nach sich zieht. t.
Fragen wir nach dem Grund dieser unglücksſeligen Er-
scheinung, so iſt dieser ſchwer anzugeben. Alle Weinberzſe
ohne Unterschied unterlagen, es iſt alſo durchaus nicht eine
Erziehungsart oder ein Fehler in der Bearbeitung zu finten,
welche Veranlassung gegeben haben kann. Nur einzelne Trau-
bensorten, wie Riesling , sind weniger betroffen, während ſich
die Krankheit an den schwarzen Clävunern zuerſt zeigte. Sehr
feſte Thonböden zeigen weniger Brand, die Sandböden den
meiſten. Wenn man die Reben aufgräbt, so zeigen sich faſt
alle Wurzeln bis zur Dicke eines schwachen Federkiels und
bis zu einer Tiefe von 6 ~8 Zoll in die Erde hinab ver-
fault und dürre. Jene Stöcke, welche als Folge des Froſtes
kleine Blätter ausgetrieben haben, sind faſt ganz hin, und
auch ober der Erde sind viele Zweige verdürrt oder welk.
Die schwarzen Cläuner wurden mehr als die andern Sorten
betroffen, da sie ohnehin zarte Wurzeln haben, und wenn
man die Weinberge an den Abhängen betrachtet, so sind
gerade solche am meiſten abgeſtanden, welche den Winter-
fröſten ausgeseßt waren, oder deren Wurzeln wegen der
darunter liegenden Felsen am höchsten liegen. Dagegen wi-
derſtanden jene Rebfelder, welche gegen die Winterfröſte ge-
schützt lagen. Jene Weinberge wurden ebenfalls zuerſt von
dem Rauſchbrand überzogen, welche im Mai üppiger als die
anderen getrieben hatten.