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Großherzoglich Badische privilegirte Heidelberger Tageblätter für Verkündigung, Politik und Unterhaltung (35) — 1841

DOI Kapitel:
No. 271 - No. 280 (19. November - 30. November)
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Heidelberger



C ageblätter

fur Verkündigung, Politik und Unterhaltung.



No. 273.

Mourtag, den 22. November

G > EA

1841.



L

Münch en, 16. Nov. Die Klage über den Hintritt der
heißverehrten Königin Karoline verdrängt jedes andere Interesse
des Tags. Die Verſtorbene war eine der edelſten Frauen ihrer
Zeit, so viele Herzensgüte hat sich wohl selten mit hoher Geiſtes-
bildung vereinigt. Das Leichenbegängniß findet, wie man glaubt,
Dennerstag 1 Uhr Nachmittags ſtatt. Der Zug geht von der
Maxburg aus durch die weite Gaſſe, Kaufinger-, Wein-,
Theatinerſtraße an die Stiftskirche zu St. Cajetan, unter Pa-
radirung der Garnison, dem Geläute der Glocken und Abfeu-
rung von 101 Kanonenſchüſſen. Se. M. der König folgen der
Bahre. – Von morgen an wird die Leiche auf dem Paradebette
ausgeſtellte – Nach der Beſtattungsfeier verlassen die preußi-
schen Majeſtäten unsere Stadt. (A zZ.)

Baireut h, 14. Nov Das hier heute feierlich enthùullte
Denkmal Jean Pauls, das ihm König Ludwig von Baiern
errichten ließ, steht auf dem Gymnasinmsplatze, den nur Häuſer
von edler Bauart umgeben und welchen die Friedrichsſtraße
durchſchneidet, in welcher Jean Paul wohnte, in der Nähe des
Hauses, in dem er ſo manches ſeiner beſten Werke ſchrieb und
sein irdiſches Leben vollendete. Auf einem prachtvollen Fuß-
gestell aus Granit von Wunsiedel, seiner Vaterſtadt, gleichſam
auf dem Grunde und Boden seiner Kindheit, erhebt sich sein
vollendetes Anbild. Auf der Vorderseite des Fußgeſtells ſteht
nur der Name des Dichters und sein Todesjahr, auf der Rück-
ſeite der Name des großherzigen Königs von Baiern und Her-
zogs von Franken mit der einfachen Angabe des Tages der
Errichtung des Denkmals, durch welches er ihn gerade an
seinem Todestage vor uns wieder auferſtehen hieß. Jean Paul
ſteht, in modernen Rock und Mantel gekleidet, eine Roſe im
Knopfloch auf einem vom Künſtler ſchön angedeuteten Felsen,
aus dem Gräser und Blumen hervorſproſſen, an zwei niedrige
Baumſtämme gelehnt, die friſcher Epheu mit ſchönen großen
Erauben umrankt. Cs iſt in diesem Bilde die Eine höchſte,
ewige Liebe dargeſtellt, zu der Jean Paul als ein Prieſter der
Humanität und der Natur in Andacht ſo eben emporgeschaut
hat, wie die aus der Höhe des Himmels zur Erde zurückkeh-

renden Augen andeuten. Schon hat er große Gottesgedanken

empfangen und geſtaltet in das Hest eingetragen, das die am
Leibe hinabgesunkene Linke anmuthig gzält, aber ſein Geiſt und
ſein Gemüth arbeiten an neuen, nein sie arbeiten nicht, sie
ſtaunen noch über andere neue Visionen aus der überirdiſchen,
himmlischen Welt, und die Rechte mit dem Griffel setzt sich
unwillkührlich und zart in Bewegung, sie würdig einzutragen
iu das Buch des Genius. In diesem höchſten Momente hat
uns der Genius des Künſtlers, der den Fremden verſtand
als einen Verwandten , den großen Philosophen , der die Erde
durch den Himmel erklärt und verklärt, und den gewaltigen
Dichter, deſſen wunderbare Phantasie uns mit Worten Welten
verzaubert und mit ihnen spielt, wie ein unſschuldiges , seliges
Kind, und im Philosophen und Dichter den großherzigen und

EHM;

innigen Menſchen dargeſtellt, der alle Menſchen liebt und wit
herrlichen Gaben beschenkt, die armen, von Dornen und Schmer-
zen Wundgeriſſenen in den Sackgäßchen der Erde mit Troſt
und Erhebung und die Großen auf den Thronen mit Gaben,
die mehr sind, als die höchſten irdiſchen, und länger dauern,
nämlich ewig. In diesem Urquell und Gipfel seines langen
Seyns hat uns Meister Schwanthaler den vollendeten Jean
Paul vor das Auge geſtellt. . (A. Z.)
Berlin, 13. Nov. Die neuerlich zunehmenden Klagen
über die Strenge der ruſſiſchen Gränzsperre rühren, wie es
ſcheint, hauptsächlich daher, daß srüher manche Schmuggelar-
tikel nicht sowohl durch die Liſt der Paſcher oder durch bewaff-
nete Banden, als vielmehr durch mildere Vermittlung den
Weg über die Gränze fanden, in der neuesten Zeit aber
in Folge der ſtrengſten Strafandrohungen die gewohnte Ver-
ſtechlichkei’ abgenommen hat. Jetzt iſt denn wirklich eine voll-
kommene Absperrung gelungen, was zugleich mit den politi-
ſchen Absichten in Bezug auf Polen in Verbindung zu ſtehn
scheint, das jetzt mit der äußerſten Konsequenz gänzlich zur
ruſſiſchen Provinz gemacht werden ſoll. Um sich beſſer daran
zu gewöhnen, muß das Land lernen , seine Blicke ausſchließlich
nach der ruſſiſchen Seite zu richten, und seinen natürlichen
Handelsweg zum Meere, so wie alle Verbindungen nach außen
aufgeben. Auf der dieſseitigen Gränze tritt als Gegenwirkung
eine immer ſtärkere Abneigung hervor, welche ſich in den
mannichfach ſten Demcnſtraticnen bei jeder Gelegenheit äußerr.

Durch ein ſirenges Gegensgſtem würde auch urſererſeits den.

Schmuggel und seinen bedauerlichen Folgen geſteuert werden.
Die öffentliche Stimme verlangt immer dringender enlſchié-
dene Maßregelr, und, Dank sey es der neuerwachren Natio-
nalgeſinnung, wenn an der Osſsee ein Schrei verletzter Intereſſen
erſchallt, so hört man von den Alpen bis zum deutſchen Meer
den Wiederklang rauſchen. ] (Obd. Z.)
Berlin, 16. Nov. Der wirkliche Geheime Rath und
Präsident der königl. bayeriſchen Akademie der Wiſſenſchaſten,
Professor von Schelling , eröffnete geſtern auf der hieſigen kénigl.
Universität den Kurſus ſeiner Vorleſungen über Philoſophts
der Offenbarung. Es war natürlich, daß ſchon der Name

dieses ſeit vierzig Jahren mit Ruhm genannten deutfchen Leh- [ ;

rers die Begierde, ihn zu hören, rege machtez noch mehr aber
mußte dieſe durch den Gegenstand geweckt werten, welchem
seine Vorleſungen gewidmet sind. Ein Auditorium ſeltener A:,
indem es zum Theil aus den erſten Lehrern unserer Universitäc
und aus Männern beſtand, die den verſchiedenſten Zweige
der Wiſſenſchaft angehören, versammelte ſich um den Lehrſtut1
Schellinge, aber auch die lernbegierige Jugend war in großer
Anzahl da, und obwohl einer der umfangreichſten Hörſäle zts
diesem Zwecke gewählt war , konnten doch Viele, wegen Man-
gel an Raum , keinen Eintritt mehr finden. Herr v. Schellinz
beleuchtete in der erſten Stunde ſein Verhältniß zu den Zuhe -
 
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