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5(!0 Otfried, W. v. Eschcnbach und W. v. d. Vogeiweide.
Setzung des Boethius von Alfred verglichen werden könnte,
an der gerade die Stehen so herriich sind, wo die unge-
duldige Selbstthätigkeit eines Mannes durchbricht, der
an grofsen Erfahrungen und innerer Bildung gleich reich
war. Die also, welche das Leben in seiner Mannichfal-
tigkeit als die Grundlage aller Poesie ansehen, hätten am
wenigstenhierpoetischeStellensuchensollen. Das, was
noch am meisten in das Leben poetisch zurückführt, sind
nicht einzelne Stellen, in denen ein irgendwo abgelesenes
glückliches Bild in einer glücklicheren Sprache wieder-
gegeben ist, sondern es ist das, was in dem Werke ge-
wissermaßen einen Gegensatz gegen die mystischen und
sonstigen Betrachtungen bildet, jene sinnlichen Ausma-
lungen und Erweiterungen der biblischen Geschichte,
welche Blicke in das häuslich fromme Leben der Zeit
thun lassen und eine vort! efHiche Parallele abgeben zu den
ältesten malerischen Schildereien solcher neutestamentli-
chen Scenen, wie z. B. gleich Anfangs die Scene der Ver-
kündigung, wie sie hier gegeben ist, oder die verdrieß-
lichen Scrupel des Ehemanns über die Schwangerschaft
der Jungfrau Maria Dinge sind, die man in den ältesten
Gemälden der christlichen Kunst genau wieder finden kann.
Des Rhabanus Maurus Beschäftigungen mit den bildenden
Künsten und der Miniaturmalerei mußte schon auf den
Schüler induiren, und es ist in diesen und ähnlichen lite-
rarischen Werken der Mönche, so wie in ihren damaligen
Malereien gleicherweise die Ausdauer, der gute Wille,
das Gleichmaß zu bewundern, mit dem sie ihres Lebens
Arbeit an Ein solches Denkmal ihres Fleißes setzten. Wenn
man aber diesen Otfried mit der Messiade zusammenstellt,
so ist das eben, wie wenn man Eine Kreuztragung aus
sehr alter Zeit das erste spasmo nennt, mit einer Hin-
deutung auf das unsterbliche Werk des Raphael, und wir
fangen damit in der Literatur dasselbe Unwesen an, was
in der Kunst die Leute immer so sehr irre geführt hat,
daß man in einer antiken Rarität den Werth, (len sie
eben durch ihre Seltenheit erhält, mit dem verwechselt,
den ihr der innere Gehalt giebt.
fPze ForfsetcMitg*
 
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