5!M Otfried, W. v. Eschenbach und W. v. d. Vogelweide.
betet er mit erschütternder Innigkeit, dafs ihm die
Feindesüebe fehle und dafs er Gott nicht preise, und
bückt dabei mit eben solcher Schärfe in sein Herz, ais
er mit kindlicher Offenheit beichtet, ohne den kräf-
tigen Ton der Männlichkeit zu verlieren. *) Seine
Mystik ist voll Bestimmtheit und Schärfe; versenkt in
die Gedanken über das Wesen der Gottheit verlacht
er die Grübler, die da wissen wollen, was niemals
geprediget und gekündet ward. Herrliche Feierlich-
keit und ein ungetrübter unerschütterlicher christlicher
Glaube spricht aus seinem Leich, der das Büchlein
eröffnet; doch ist er von keinem Dogma beschränkt,
Christ, Jude und Heide gilt ihm gleich, wenn er dem
Einen dienet. Die Werke , nicht die Worte sind ihm
werth; er predigt die Kreuzfahrt, und er macht sie,
und weigert selbst den Erzengeln seinen dichterischen
Preis, wenn sie der Christenheit sich nicht annehmen
wollen, die sie Macht dazu haben.
G e rr z 72 M s.
*) p. 26. V!1 wol getobter got, wie selten ich dich prisc !
sit ich von dir beide wort han unde wise,
wie getar ich so gefreveln ander dime rise ?
ichn tuon diu rehtcn werc, ichn han die waren minne
ze minem ebenkristcn, herre vater, noch ze dir:
so holt enwart ich ir dekeinem nie so mir.
fron Krist vater und sun, din geist berihte mine sinne,
wie solt ich den geminnen, der mir Abele tuot?
mir muoz der iemer lieber sin, der mir is guot.
vergip mir anders mine schulde, ich wil noch haben den
muot.
betet er mit erschütternder Innigkeit, dafs ihm die
Feindesüebe fehle und dafs er Gott nicht preise, und
bückt dabei mit eben solcher Schärfe in sein Herz, ais
er mit kindlicher Offenheit beichtet, ohne den kräf-
tigen Ton der Männlichkeit zu verlieren. *) Seine
Mystik ist voll Bestimmtheit und Schärfe; versenkt in
die Gedanken über das Wesen der Gottheit verlacht
er die Grübler, die da wissen wollen, was niemals
geprediget und gekündet ward. Herrliche Feierlich-
keit und ein ungetrübter unerschütterlicher christlicher
Glaube spricht aus seinem Leich, der das Büchlein
eröffnet; doch ist er von keinem Dogma beschränkt,
Christ, Jude und Heide gilt ihm gleich, wenn er dem
Einen dienet. Die Werke , nicht die Worte sind ihm
werth; er predigt die Kreuzfahrt, und er macht sie,
und weigert selbst den Erzengeln seinen dichterischen
Preis, wenn sie der Christenheit sich nicht annehmen
wollen, die sie Macht dazu haben.
G e rr z 72 M s.
*) p. 26. V!1 wol getobter got, wie selten ich dich prisc !
sit ich von dir beide wort han unde wise,
wie getar ich so gefreveln ander dime rise ?
ichn tuon diu rehtcn werc, ichn han die waren minne
ze minem ebenkristcn, herre vater, noch ze dir:
so holt enwart ich ir dekeinem nie so mir.
fron Krist vater und sun, din geist berihte mine sinne,
wie solt ich den geminnen, der mir Abele tuot?
mir muoz der iemer lieber sin, der mir is guot.
vergip mir anders mine schulde, ich wil noch haben den
muot.