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Spccutathe PhÜosoph^e.
sönfichen Gott und eine freie Offenbarung verstumme,
werden afie darauf deutenden christiichen Lehren unge-
scheut ins Abstracte zurückversetzt, und die Bedeutung
desThatsächiichen, Concreten, Vollen ihnen ausgemer-
geft. Es ist ein vollständiger Entleerungsprocef's des
Christenthums, den wir nun Schritt vor Schritt zu be-
gleiten gedenken.
Der Mensch ist an sich, dem Begriffe nach, gut,
weif er Gottes Ebenbild ist; aber doch zugfeich auch in
seiner unmittefbaren Natur böse, weif er nur durch
Entwickfung der Freiheit aus seiner Substantiaütät heraus-
treten kann: er mufs für sich sefbst erst werden, was
er an sich schon ist. (S. 210 ff.) Darin fiegt aber der
Begriff der Freiheit, mithin der Gegensatz des Guten
und Bösen, der hiernach an jedem Einzefnen zu seiner
Kaisis kommt. Dies geschieht dadurch, dafs er aus der
Natürlichkeit, der Sefbstsucht seines Willens heraustritt,
und mit der Affgemeinheit des Wiffens, seiner Vernünf-
tigkeit Eins wird. Die fernere Dialektik dieses Gegen-
satzes ist scharf und vortrefffich durchgeführt; aber es
ist auch hier nur der diafektische Gegensatz, fn der
Wurzef nämfich und nach der Schärfe des Begriffes
bfeibt der Unterschied des Guten und Bösen fedigfich
ein theoretischer. Afs bfos Sich wissend, ohne
sich darin afs Eins zu wissen mit Gott, ist der Mensch
böse. Versetzt er dagegen sich in das Bewufstseyn
dieser Einheit, so ist seine Versöhnung, Wiedergeburt,
Erfösung vofibracht; die sittliche Umschaffung des Ge
müths, die eigentliche Wiedergeburt, wird dabei von
Hegel keinesweges in Abrede gesteift; aber dasPrincip
ist zu abstract-ohnmächtig, um sie entscheidend in den
Vordergrund zu steilen. Aus gfeichem Grunde wird
(8. 244.) dem Spruche: „Liebe Gott über Affes und
den Nächsten wie Dich selbst;" überhaupt Affem, was
als moralisches Gebot angesehen werden kann , und was
sich theifs schon im Aften Testament, theifs auch in
andern Religionen finde, ausdrücklich die Lehre vorge-
zogen: „Trachtet am Ersten nach dem Reiche Gottes;"
Spccutathe PhÜosoph^e.
sönfichen Gott und eine freie Offenbarung verstumme,
werden afie darauf deutenden christiichen Lehren unge-
scheut ins Abstracte zurückversetzt, und die Bedeutung
desThatsächiichen, Concreten, Vollen ihnen ausgemer-
geft. Es ist ein vollständiger Entleerungsprocef's des
Christenthums, den wir nun Schritt vor Schritt zu be-
gleiten gedenken.
Der Mensch ist an sich, dem Begriffe nach, gut,
weif er Gottes Ebenbild ist; aber doch zugfeich auch in
seiner unmittefbaren Natur böse, weif er nur durch
Entwickfung der Freiheit aus seiner Substantiaütät heraus-
treten kann: er mufs für sich sefbst erst werden, was
er an sich schon ist. (S. 210 ff.) Darin fiegt aber der
Begriff der Freiheit, mithin der Gegensatz des Guten
und Bösen, der hiernach an jedem Einzefnen zu seiner
Kaisis kommt. Dies geschieht dadurch, dafs er aus der
Natürlichkeit, der Sefbstsucht seines Willens heraustritt,
und mit der Affgemeinheit des Wiffens, seiner Vernünf-
tigkeit Eins wird. Die fernere Dialektik dieses Gegen-
satzes ist scharf und vortrefffich durchgeführt; aber es
ist auch hier nur der diafektische Gegensatz, fn der
Wurzef nämfich und nach der Schärfe des Begriffes
bfeibt der Unterschied des Guten und Bösen fedigfich
ein theoretischer. Afs bfos Sich wissend, ohne
sich darin afs Eins zu wissen mit Gott, ist der Mensch
böse. Versetzt er dagegen sich in das Bewufstseyn
dieser Einheit, so ist seine Versöhnung, Wiedergeburt,
Erfösung vofibracht; die sittliche Umschaffung des Ge
müths, die eigentliche Wiedergeburt, wird dabei von
Hegel keinesweges in Abrede gesteift; aber dasPrincip
ist zu abstract-ohnmächtig, um sie entscheidend in den
Vordergrund zu steilen. Aus gfeichem Grunde wird
(8. 244.) dem Spruche: „Liebe Gott über Affes und
den Nächsten wie Dich selbst;" überhaupt Affem, was
als moralisches Gebot angesehen werden kann , und was
sich theifs schon im Aften Testament, theifs auch in
andern Religionen finde, ausdrücklich die Lehre vorge-
zogen: „Trachtet am Ersten nach dem Reiche Gottes;"