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Bohtz, Geschichte der neuern deutschen Poesie,
wie in den härtesten geistigen Wirkungen in den Stecken-
pferden des Lavater, den Räthseln und Geheimnissen
Haman's, den Grillen Basedows, dem barocken Wesen
und dem spätem Wahnsinn des Lenz u s. w. beobachten
läßt. Der Freiheitsgeist, der sich in den jungen Poeten
regte, die Schranketdosigkeit ihres Bestrebens, die Zü-
gellosigkeit ihres äußeren Treibens, die Regellosigkeit
ihres poetischen Wirkens, der Geschmack an der niedrig-
sten Volkspoesie, der Umsturz allesHeiligen, die Verach-
tung der Klopstock und Geliert, die früher Eins waren
mit Christenthum und Bibel, durchkreuzen sich aufs Wil-
deste und Wunderlichste mit der Frömmigkeit eines Haller
und den fixen ideen des Lavater und der Magnetiker,
der poetische Materialismus mit dem luftigsten Spiritua-
lismus, das Rationale mit dem Supernaturalen, der derbe
Menschenverstand mit Empfindsamkeit, der weiche Patrio-
tismus der iselin mit dem ehrenvesten Wesen und Wirken
des tüchtigen Möser, der streng sittliche Hermes und die
Göttinger mit Wieland; in Klinger, in dem Verfasser des
Gölz und Werther, in dem Verfasser der Tändeleien und
des Ugolino lagen die streitenden Elemente nebeneinander;
in den öffentlichen Beurteilungen wechselte das lahmste
Toleriren mit den härtesten Angriffen in den Literatur-
briefen, den Frankfurter und Züricher Blättern — und
wer könnte alle diese feindseligen Richtungen und Colli-
sionen aufzählen, wer so im Fluge diese ganze merkwür-
dige Gährung andeuten, die mit nichts zu vergleichen ist
als mit der Reformation, mit der griechischen Zeit um
Sokrates oder mit einer politischen Revolution, — diese
grenzenlose Verwirrung, in der nur das Eine grolartige
Bestreben nach dem Sieg des Humanen in allen Verhält-
nissen gleichmäßig durchblickt, diese ungeheuere Bewe-
gung, die so manches treffliche Talent vernichtete, irrte
und dahinrifs, und in der nur der Eine Lessing immer
aufrecht erscheint, dieses wunderbare Reformations- und
Revolutionsgenie, der, im Besitz des vollsten Vertrauens
der Nation, mit sicherer Hand unter dem Brand der Erde
die Zügel nie verlor, nie die grade Bahn verließ, der
Bohtz, Geschichte der neuern deutschen Poesie,
wie in den härtesten geistigen Wirkungen in den Stecken-
pferden des Lavater, den Räthseln und Geheimnissen
Haman's, den Grillen Basedows, dem barocken Wesen
und dem spätem Wahnsinn des Lenz u s. w. beobachten
läßt. Der Freiheitsgeist, der sich in den jungen Poeten
regte, die Schranketdosigkeit ihres Bestrebens, die Zü-
gellosigkeit ihres äußeren Treibens, die Regellosigkeit
ihres poetischen Wirkens, der Geschmack an der niedrig-
sten Volkspoesie, der Umsturz allesHeiligen, die Verach-
tung der Klopstock und Geliert, die früher Eins waren
mit Christenthum und Bibel, durchkreuzen sich aufs Wil-
deste und Wunderlichste mit der Frömmigkeit eines Haller
und den fixen ideen des Lavater und der Magnetiker,
der poetische Materialismus mit dem luftigsten Spiritua-
lismus, das Rationale mit dem Supernaturalen, der derbe
Menschenverstand mit Empfindsamkeit, der weiche Patrio-
tismus der iselin mit dem ehrenvesten Wesen und Wirken
des tüchtigen Möser, der streng sittliche Hermes und die
Göttinger mit Wieland; in Klinger, in dem Verfasser des
Gölz und Werther, in dem Verfasser der Tändeleien und
des Ugolino lagen die streitenden Elemente nebeneinander;
in den öffentlichen Beurteilungen wechselte das lahmste
Toleriren mit den härtesten Angriffen in den Literatur-
briefen, den Frankfurter und Züricher Blättern — und
wer könnte alle diese feindseligen Richtungen und Colli-
sionen aufzählen, wer so im Fluge diese ganze merkwür-
dige Gährung andeuten, die mit nichts zu vergleichen ist
als mit der Reformation, mit der griechischen Zeit um
Sokrates oder mit einer politischen Revolution, — diese
grenzenlose Verwirrung, in der nur das Eine grolartige
Bestreben nach dem Sieg des Humanen in allen Verhält-
nissen gleichmäßig durchblickt, diese ungeheuere Bewe-
gung, die so manches treffliche Talent vernichtete, irrte
und dahinrifs, und in der nur der Eine Lessing immer
aufrecht erscheint, dieses wunderbare Reformations- und
Revolutionsgenie, der, im Besitz des vollsten Vertrauens
der Nation, mit sicherer Hand unter dem Brand der Erde
die Zügel nie verlor, nie die grade Bahn verließ, der