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1X18 Bohtz, Geschichte der neuern deutschen Poesie,
dürftig sagen wir, denn er verglicht seibst die Kritik
mit der Krücke, die der Lahme sich nicht gerne ver-
spotten läßt, die ihn aber gleichwohl zwar etwas fördert,
doch nicht eben zmn gewandten Läufer macht.
Innerhalb der Perioden theilen verschiedene Literar-
historiker in verschiedenerWeise wieder ab, mehrere,
worunter auch Herzog, nach den Dichtungsarten. Die
Geschichte würde verlangen, daß man nicht allein die
lyrischen, epischen, didactischen, dramatischen u. a.
Dichter in chronologischer Reihe vorführe, sondern dafs
man auch unter diesen Dichtungsgattungen selbst die zeit-
gemäße Entwicklung nachweise. Allein hier würde wieder
Jedermann in große Verlegenheit kommen, da sich in der
neueren Zeit die Gattungen der Poesie in der That nicht
deutlich von einander trennen, sondern bei der allgemei-
nen Nachahmungssucht zugleich alle Muster der Alten oder
der Franzosen und Engländer eingeführt w urden; und
hierzu kommt, was wieder die Literaturbriefe vortrefflich
bemerkten, daß, obgleich diese letztgenannten Nationen
bereits früher zu ihrem Ziele gekommen waren, doch spä-
tere Poeten sich noch unter die älteren Sieger eindrängten
und zwar mit üblem Erfolge, daß die Deutschen unglück-
licherweise Zeitgenossen dieser letzteren waren, die der
zweideutigeGeist der Nachahmung als Muster pries, dafs
dann diese in ihren Stoffen und Formen nachgeahmt, folg-
lich auch allerhand verspätete oder verfrühte Gattungen
cultivirt wurden. Man müßte also hier sehr vorsichtig
auf die Art achten, wie sich die Perioden der verschie-
denen Dichtungsarten in einander schlingen, man müßte
besonders auf die Höhe ihrer Bedeutung achten, um
sicherer zu urtheilen. Wer sich hier einfach durchhelfen
wollte, dürfte auf die Zeitrechnung nicht so genau achten,
müßte also z. B. die Fabel neben der moralischen Erzäh-
lung und dem Lehrgedicht vor Klopstock abhandeln und
sich nicht scheuen, Lessing, Willamov und Pfeffel vor
diesen zu stellen; er müßte dann das Epos und die Lyrik
vorführen, und von da auf das Drama kommen, wo er die
Gottsched, Schlegel und Cronegk zu Lessing, Weiße
und Göthe zurückschieben dürfte. Allein darin liegt
 
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