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N°. 64. HEIDELBERGER 1835.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

F. A. Wolf, über Erziehung n.s.vx Von Körte.
( B e s chlnfs.)
§. 3.. Verschiedenheit der Künste. Die Pädagogik gehört
unter diejenigen, welche ohne Effect bleiben können, indem der
beste Erzieher oft nichts wirkt. Wo nichts ist, kann nichts ent-
wickelt werden ; es giebt Naturelle, w70 man nicht ankommen
kann. Etwas aber kann aus jedem Menschen werden, je nach
seiner Natur; der Erzieher mufs nur frühe der Natur ihren Weg
abmerken, und nach diesem auch das Mittelmäfsige heraus ent-
wickeln; nur dann hat er seine Pflicht gethan. Die Einwürfe,
l) dafs die Erziehung so häufig, trotz allen guten Willens und
aller Vernunft, mifslungen sey, 2) nach allem Erziehen seyen die
Menschen im Ganzen geblieben, wie sie waren, sind ebenso nich-
tig, wie die gegen die Arzneikunde und manches Andere. Dem
Zufall darf man hier nichts überlassen, ob er gleich die Sache
bisweilen recht gut gemacht haben kann. Nur vei’dient die neue
deutsche Pädagogik die Einwürfe der Anmafsung, Vielwisserei,
Aufklärerei, welche sie bewirkt hat. So wie es Samen giebt, die
einer mehr künstlichen Behandlung bedürfen, als andere, so giebt
es aüch Anlagen des Körpers und der Seele, welche sich nicht
leicht selbst entwickeln, durch Kunst aber sehr verstärkt werden
können. Manche Kinder erziehen sich allerdings selbst, aber das
sind Kinder von gutem Naturell. Die indrrecte Art der Erzie-
hung ist besonders die durch gute Beispiele, und oft wirksamer,
als eine directe : aber eine absichtliche Veranstaltung mufs auch
selbst für das Kind von dem besten Naturell grofse Vorzüge ha-
ben. Sie bekämpft nachtheilige Einflüsse, und sichert vor herum-
tappenden Fehltritten. Rousseau’s Unterscheidung der Erziehung
in die der Natur, der Kunst und der Umstände ist zwar wohl
begründet, aber eben nicht fruchtbar.
(Diese treffenden Urtheile haben wir als richtige und jenes
Mannes würdige Sentenzen hierher gesetzt. Sie finden durch die
neuesten pädagogischen Belehrungen, die tiefer eingedrungen
sind, gleichsam ihren Commentar.)
XXVIII. Jalirg. 10. Heft.

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