DOI Heft:
No. 71
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.37277#0505
N°. 71. HEIDELBERGER 1835.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
ÜBERSICHTEN und KURZE ANZEIGEN.
GRIECHISCHE LITERATUR. — SCHULSCHRIFTEN.
Demosthenes und Aeschines über die Truggesandtschaft von Dr. A. G.
Becker. Mit einer Zuschrift an den Director Dr. Ranke. Ein lite-
rarisch-kritischer Versuch. — Auch unter dem Titel : Analekten zu
den Attischen Rednern. Erstes Heft. — Quedlinburg. Verlag der
Bccker’schen Buchhandlung. 1835. 8.
Hr. Pastor Becher, dessen Verdienste um die attischen Redner
allgemein bekannt sind , Führt in diesem Schriftchen die Behaup-
tung-durch, dafs des Demosthenes und Aeschines Reden de falsa
legalione nicht gehalten worden seyen gegen des Idomeneus und
Anderer (s. Westermann. Quaest. Dem. III. p. 53.) Zeugnifs. Der
Beweis wird nach Plutarch’s Vorgang von dem Stillschweigen
hergenommen, welches Aeschines und Demosthenes in dem Pro-
cefs über die Krönung darüber beobachten. Dies sind die Haupt-
gründe der beiden Partheien : die eine hat das ausdrückliche
Zeugnifs eines Geschichtschreibers für sich, welches ein Schüler
des Epikur nicht lange nach Demosthenes schrieb; die andere
verdächtigt die Treue dieses Zeugen und urgirt das Stillschwei-
gen von einer Sache , welche, wie es scheint, hätte erwähnt wer-
den müssen. Der unpartheiische Urtheilsspruch wird aber wohl
folgendermafsen auslallen dürfen : Der Beweis aus dem Still-
schweigen bleibt immer eine mifsliche Sache ; dies Stillschweigen
läfst sich im vorliegenden Fall auch erklären, vielleicht so wie
Auger gethan hat : dafs Demosthenes geschwiegen habe, weil er
den Procefs verloren, Aeschines aber, weil er ihn mit einer so
sehr kleinen Stimmenmehrheit gewonnen. Mögen auch immerhin
des Idomeneus Ueberlieferungen nicht ohne Kritik angenommen
werden dürfen, so ist es doch hier etwas anders, wo er nicht
direct aussagt, dafs der Procefs geführt worden sey, sondern
nebenbei eine Einzelnheit daraus anführt, dafs nämlich Aeschines
mit 3o Stimmen freigesprochen worden. Folglich erzählt Idome-
neus absichtslos, ohne eine Beziehung auf den erst von Plutarch
angeregten Streit über die Durchführung der Klage. Er konnte
nicht haben täuschen wollen. Endlich wird dem Zeugnifs des
Idomeneus nicht etwa durch ein anderes Zeugnifs widersprochen,
sondern nur eine Folgerung aus dem Stillschweigen ihm entge-
+ gengestellt.
XXVIII. Jahrg. 11. Heft.
71
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
ÜBERSICHTEN und KURZE ANZEIGEN.
GRIECHISCHE LITERATUR. — SCHULSCHRIFTEN.
Demosthenes und Aeschines über die Truggesandtschaft von Dr. A. G.
Becker. Mit einer Zuschrift an den Director Dr. Ranke. Ein lite-
rarisch-kritischer Versuch. — Auch unter dem Titel : Analekten zu
den Attischen Rednern. Erstes Heft. — Quedlinburg. Verlag der
Bccker’schen Buchhandlung. 1835. 8.
Hr. Pastor Becher, dessen Verdienste um die attischen Redner
allgemein bekannt sind , Führt in diesem Schriftchen die Behaup-
tung-durch, dafs des Demosthenes und Aeschines Reden de falsa
legalione nicht gehalten worden seyen gegen des Idomeneus und
Anderer (s. Westermann. Quaest. Dem. III. p. 53.) Zeugnifs. Der
Beweis wird nach Plutarch’s Vorgang von dem Stillschweigen
hergenommen, welches Aeschines und Demosthenes in dem Pro-
cefs über die Krönung darüber beobachten. Dies sind die Haupt-
gründe der beiden Partheien : die eine hat das ausdrückliche
Zeugnifs eines Geschichtschreibers für sich, welches ein Schüler
des Epikur nicht lange nach Demosthenes schrieb; die andere
verdächtigt die Treue dieses Zeugen und urgirt das Stillschwei-
gen von einer Sache , welche, wie es scheint, hätte erwähnt wer-
den müssen. Der unpartheiische Urtheilsspruch wird aber wohl
folgendermafsen auslallen dürfen : Der Beweis aus dem Still-
schweigen bleibt immer eine mifsliche Sache ; dies Stillschweigen
läfst sich im vorliegenden Fall auch erklären, vielleicht so wie
Auger gethan hat : dafs Demosthenes geschwiegen habe, weil er
den Procefs verloren, Aeschines aber, weil er ihn mit einer so
sehr kleinen Stimmenmehrheit gewonnen. Mögen auch immerhin
des Idomeneus Ueberlieferungen nicht ohne Kritik angenommen
werden dürfen, so ist es doch hier etwas anders, wo er nicht
direct aussagt, dafs der Procefs geführt worden sey, sondern
nebenbei eine Einzelnheit daraus anführt, dafs nämlich Aeschines
mit 3o Stimmen freigesprochen worden. Folglich erzählt Idome-
neus absichtslos, ohne eine Beziehung auf den erst von Plutarch
angeregten Streit über die Durchführung der Klage. Er konnte
nicht haben täuschen wollen. Endlich wird dem Zeugnifs des
Idomeneus nicht etwa durch ein anderes Zeugnifs widersprochen,
sondern nur eine Folgerung aus dem Stillschweigen ihm entge-
+ gengestellt.
XXVIII. Jahrg. 11. Heft.
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