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L. J. Rückert, Comm, über den Galaterbrief.
wie Luk. 11 , 24 — 26. — wo vom persönlichen Teufel ebenso nach
Joh. 8, 44. ohne Accommotlation , — wo von der baldigen, sicht-
baren Parusie, wie Matth. 24, 29 — 34- — von einem durch dieses
kurze Erdenleben auf alle Ewigkeit hinaus entschiedenen Freu-
den- oder Qualzustand Matth. 25, 34* 45. 46. u. dergl. m. die
Rede ist, da erkennen wir, wenn auch nicht gerne, dafs wir
Lehrbehauptungen antreffen, denen die sich immer mehr erwei-
ternde Rationalität, d. h. der gewissenhafte Gebrauch aller jetzt
anwendbaren, praktischen und theoretischen Wahrnehmungsmittel,
schwerlich beistimmen kann. Es mochten gutgemeinte, aber nach
dem unleugbaren VVortverstand unzulässige Versuche gemacht
werden, ob nicht auch in solchen Stellen doch ein mit den jetzi-
gen Erkenntnifsmitteln übereinstimmender (= rationaler) Sinn
der ursprüngliche gewesen seyn möge. Von diesem in seiner
Absicht nicht tadelnswrerthen Extrem ist wenig mehr zu fürchten.
Ferne aber bleibe von der ächten Exegese auch das andere, viel
schlimmere Extrem, in die biblischen Angaben etwas Nichtratio-
nelles dort hineinzutragen, wo sie es nicht bestimmt und unver-
kennbar aussprechen. Soll denn, statt der Vorliebe, den Ratio-
nalismus in die Exegese hineinzuzwingen, jetzt das entgegenge-
setzte Restreben, alles als antirationell oder übervernünftig und
mystisch zu deuten , zur Modekrankheit w7erden ? Anselms satis-
fäctio viearia ist eine nur durch ein sehr verwickeltes Falseh-
rationalisiren (durch Pseudorationalismus) möglich gewordene Schul-
theorie. Sie in das N. T. zurückzutragen, wäre immer ein Ratio-
nalismen, aber ein doppelt unerlaubtes, vorerst a) weil es dort
nicht gesagt, nicht einmal angedeutet ist und dann b) weil es
ein in sich unrichtiges Rationalismen wäre, das den schlichten,
dem gesunden Verstand entsprechenden Bibelsinn durch ent-
weder dialektisches oder speculatives Künsteln verunstaltet. Von
diesen beiden Extremen ist der durch gebildete und in's Klare
gekommene Rationaliste so sehr entfernt, dafs er nicht einmal
fingirt, das Urehristenthurn habe seinen wahrhaft rationalen Inhalt
durch irgend wissenschaftliches Rationalismen erworben, da der-
selbe vielmehr offenbar durch die Begeisterung für das Heilige
und Gotteswürdige entstand, welche den gesunden Wahrheitssinn
überzeugungstreuer Menschen belebt und belohnt, wenn sie mit
reingutem Willen praktisch nöthige Wahrheiten in sich zur Ent-
hüllung und Klarheit zu bringen streben.
Hr. R. zählt sich selbst nach S. 342. mehr zu den Rationa-
listen als zu den »Theologen der supernaturalistischen Parthei.«
L. J. Rückert, Comm, über den Galaterbrief.
wie Luk. 11 , 24 — 26. — wo vom persönlichen Teufel ebenso nach
Joh. 8, 44. ohne Accommotlation , — wo von der baldigen, sicht-
baren Parusie, wie Matth. 24, 29 — 34- — von einem durch dieses
kurze Erdenleben auf alle Ewigkeit hinaus entschiedenen Freu-
den- oder Qualzustand Matth. 25, 34* 45. 46. u. dergl. m. die
Rede ist, da erkennen wir, wenn auch nicht gerne, dafs wir
Lehrbehauptungen antreffen, denen die sich immer mehr erwei-
ternde Rationalität, d. h. der gewissenhafte Gebrauch aller jetzt
anwendbaren, praktischen und theoretischen Wahrnehmungsmittel,
schwerlich beistimmen kann. Es mochten gutgemeinte, aber nach
dem unleugbaren VVortverstand unzulässige Versuche gemacht
werden, ob nicht auch in solchen Stellen doch ein mit den jetzi-
gen Erkenntnifsmitteln übereinstimmender (= rationaler) Sinn
der ursprüngliche gewesen seyn möge. Von diesem in seiner
Absicht nicht tadelnswrerthen Extrem ist wenig mehr zu fürchten.
Ferne aber bleibe von der ächten Exegese auch das andere, viel
schlimmere Extrem, in die biblischen Angaben etwas Nichtratio-
nelles dort hineinzutragen, wo sie es nicht bestimmt und unver-
kennbar aussprechen. Soll denn, statt der Vorliebe, den Ratio-
nalismus in die Exegese hineinzuzwingen, jetzt das entgegenge-
setzte Restreben, alles als antirationell oder übervernünftig und
mystisch zu deuten , zur Modekrankheit w7erden ? Anselms satis-
fäctio viearia ist eine nur durch ein sehr verwickeltes Falseh-
rationalisiren (durch Pseudorationalismus) möglich gewordene Schul-
theorie. Sie in das N. T. zurückzutragen, wäre immer ein Ratio-
nalismen, aber ein doppelt unerlaubtes, vorerst a) weil es dort
nicht gesagt, nicht einmal angedeutet ist und dann b) weil es
ein in sich unrichtiges Rationalismen wäre, das den schlichten,
dem gesunden Verstand entsprechenden Bibelsinn durch ent-
weder dialektisches oder speculatives Künsteln verunstaltet. Von
diesen beiden Extremen ist der durch gebildete und in's Klare
gekommene Rationaliste so sehr entfernt, dafs er nicht einmal
fingirt, das Urehristenthurn habe seinen wahrhaft rationalen Inhalt
durch irgend wissenschaftliches Rationalismen erworben, da der-
selbe vielmehr offenbar durch die Begeisterung für das Heilige
und Gotteswürdige entstand, welche den gesunden Wahrheitssinn
überzeugungstreuer Menschen belebt und belohnt, wenn sie mit
reingutem Willen praktisch nöthige Wahrheiten in sich zur Ent-
hüllung und Klarheit zu bringen streben.
Hr. R. zählt sich selbst nach S. 342. mehr zu den Rationa-
listen als zu den »Theologen der supernaturalistischen Parthei.«