Heidelberger Zeitung (44) (1902 (Januar bis Juni))

Montllß, 24. WriM 1W2.

44.

kftirg — Sir. 46.

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Aur Weise des H'rinzen Keinrich.

Bei dcm am Mittwoch stattfindenden Miltagessen
i>er Millionäre bei Shenys werden 40 Diener in
Neu angefcrtigten Livreen des. englischen Hofes von vor
100 Jahren die 80 Gäste bedienen. Frau Cornelius
Banderbilt hat den Prinzen eingeladen, und es heißt,
er habe angenommeu. Frau Alfred Gwynne hat
»ach cinem Telegramm der „Frankf. Ztg." um dieselbe
Ehre ersucht uud die ältcre Frau Vanderbilt, welche die
letztere begünstige, habe beim Empfangskomitee protestirt.
Die Entscheidung des Prinzen übcr die Einladung wird
Kleichzeitig über die Snprcmatie im Hause Vanderbilt ent-
scheiden. Jn Boston bestehen ähnliche Zwistigkeiten.
Hier hofft Frau Frank Gardner den Prinzen in ihrem
denetianischen Palaste zu bewirten. Die Damen des
Westend Republican Club protestieren gegen eine über-
triebene Bewillkommnung des Prinzcn. Ein Mitglied
sagtc: „Wir Amerikaner sollten den Prinzcn in demo-
kratischer Weise begrüßen, wir wollen nicht fremde Ge-
bränche nachäffen."

New-Iork, 21. Febr. Am Nachmittag des nächsten
Montags wird Prinz Heinrich im Capitol zunächst
den Besuch bcim Speaker Henderson machen, dann vom
Komitee beider Häuser auf einen Sitz auf der Gallerie
geführt, damit er den Geschäftsgang des Kongresses
beobachten kann. Es wird cine Bewilligungs-Bill von
stets kurzer Verhandlung auf die Tagesordnung gesetzt
tverden. Dic Sladt Chicago wird längs der gesamten
Straßenzüge der Einzugsroute illmniiiieren. Deutsche
Bereine mit brcnnenden Fackeln und die Polizei werden
Spalier bilden.

New-Iork, 22. Febr. (Frkf. Ztg.)'Seit 24 Stunden
herrscht hier ein Schneesturm, wie er seit 1888 nicht
schlimmer vorgekommen ist. Alles ist mit Schnee und Eis
bedeckt- Die Straßen stnd in unbeschreiblichem Zustande.
Die Telegraphendrähte nach Stales Jsland, Sandy Hook
Und Fire Jsland sind geriffen, sodatz das Signalisieren
der Ankunft des „Kronprinz Wilhelm" auf ge-
ivöhnlichem Wege Unmöglich ist. Wenn die Tclegraphen-
drähte nicht bis zum Abend wiederhergestellt sind, wird
bie Anknnft 'oes „Kronprinz Wilhelm" nicht eher bckannt,
bis er sich wirklich im hiesigcn Hafen befindet; doch wird
bie Ankunft des Dampfers jetzt nicht mchr vor Mitternacht
oder morgen früh crwartet. Das Geschwader des
Admirals Evans sitzt im Eise fest, ohne Ver-
bindung mit dem Lande. Das heutige Programm für
ben Empfang des Prinzen Heinrich ist aufgegebcn worden
Und man weiß noch nicht, was morgen geschehen wird.

Deutsches Reich.

Bade«.

Karlsruhe, 22. Febr. Der Badifche Eisenbahn-
t at versammelte sich heute Vormittag 10 Uhr im Gebäude
ber Generaldirektion zu seiner 43. Sitzung, in der wegen
Verhinderung Seiner Excellenz deS Herrn Staatsministers
bon Brauer der Generaldirektor Herr Staatsrat W. Eisen-
lohr den Vorsitz führte. Auf der Tagesordnung standen

Kroßes Schadenfeuer in Weiv-Mrk.

New-Aork. 22. Febr. Jn der vergangcnen Nacht
ist die an der Ecke der Park-Avenue und der 34. Straße
Selegene Waff enhalle des 71. Miliz-Regiments nieder-
8 ebrannt. Große Mengen Patronen fiud explodiert, die
Kugeln flogen nach allen Richtungen und sprangen auf cinen
benachbarten Straßenbahnschuppen und das mit Gästen be-
setzte Parkhotel, wo eine großc Panik entstand. Um
^ Ubr morgens sprang cine Anzahl Hotelbewohner aus
ben Fenstern auf die Straße, wo sie mit gebrochenen Gliedern
dufgehoben wurden. Bundesoberst Chember und die
Frau des Hotelbcsitzers sind to t. Admiral Milner ist
lötlich verletzt. Eine Mauer des Hotels und der
Durm sind eingestürzt. Wie viele Personen noch unter den
Drümmcrn liegen, ist unbckannt. Die Polizei ließ die
^achbarhäuscr räumcn. Nach 4 Uhr morgens gelang es des
Teuers Herr zu werden.

New-Iork, 22. Febr. Bei der Feuersbrunst
'bi Parkhotel sind 15 Personcn umgekommen und
ktwa 5 0 verletzt worden. Es herrschte Sturm mit Hagel
Regen. Gegen 2 Uhr sah man die Flammen die
oenster des 5. Stockwerkes des Hotels umzingeln. Die
^bcrraschten Bewohner erschienen hilfeschreiend an den
Mnstern. Die Feucrwchren legten alsbald Leitern au
jliid retteten zahlreiche Personen. Verschiedene Frauen
^rangen jedoch von der Höhe des 5. Stockwerks auf dic
^traße herab, andere Bewohncr erstickten im Rauche.

folgende Punkte: 1. Vorlage des ersten Nachtrags zum
Verzeichnis der Ausnahmetarife, 2. Fahrpreisermäßigung
für landwirtschaftliche Saisonarbeiter, 3. Beratung des
Sommerfahrplans 1902. Die Verhandlungen waren um
halb 4 Uhr beendet.

L6. Karlsruhe, 23. Febr. Von gut unterrichteter
Seite hören wir, daß der bayerische Ministerpräsident Frei-
herr v. Craisheim mit der bad. Regierung übereingekommen
ist, in Eisenbahnfragen nicht mehr einzeln vor-
zugehen.

Hefsen.

Darmstadt, 23. Febr. Zweite Kammer. Zu
Beginn der Sitzung nimmt der Präsident das Wort zu den
Blättermeldungen über das Ersuchen dcr Fraktionsvorstände
der Zweiten Kammer um Angabe der Gründe der
Ehescheidung des Großherzogs, wobei er besonders die
bezügliche Meldung der „Wormser Zeitung" erwähnt. Der
Präsident erklärt, richtig sei an den Meldungen, daß eine
Besprechung der Vorftände ftattgefunden habe, deren Zweck
nur geschäftlicher Natur gewesen, aber allerdings auch andere
Fragen berührt habc, ohne daß indeß nach irgend einer
Richtung hin Beschlüsse gefaßt wurden. Demnach seien
obige Meldungen hinsichtlich dieser Angaben unwahr.

Aus der Karlsruhev Zeitung.

—- Scine Königliche Hoheit der Grotzherzvg haben den
Hofjagdhütern Georg Friedrich Schultheitz in Rombach,
Otto Klumpp in Kaltenbronu und Ferdinand Lauer in
Dürreych die Erlaubnis zur Annahme und zum Tragcn der
ihnen von dem König von Schwedcn und Norwegen verliehenen
silbernen Medaille des Königlichen Wasa-Ordens erteilt und
die Amtsgerichtssekretäre Ferdinand Rapp in Ettenheim und
Johann Nepomuk Weitz in Säckingen wegen vorgcrückten
Alters unter Anerkennung ihrer langjährigen treugeleisteten
Dienste in den Ruhestand oersetzt.

Karlsruhe, 22. Febr. Dcr Großherzog von
Sachsen nnternahm heute Vormitiag von 10 Uhr an,
begleitet von dem Hosjägermeister von Merhart eine Pürsch-
fahrt im Großherzoglichen Wildpark und traf um 1 Uhr
hier wieder cin. Der Grotzhcrzog von Baden nahm heute
Vormittag von 10 Uhr an den Vortrag des Präsidenten
Dr. Nicolai entgegen. Darnach meldeten sich eine Anzahl
Offiziere darunter: Prinz Friedrich von Sachsen-
Meiningen; mit der Führung des 5. Badischen Feld-
Artillcrie-RegimentS Nr. 76 beauftragt; bisher Major
und Abteilungskommaiideur im Feld-Artillerie-Regtment
Nr. 59. Oberst von Safft, Kommandeur des 2. Badischcn
Grenadier-Regiments Kaiser Wilhelm I. Nr. 110, Ober-
leutnant Graf von Stillfried und Rattonitz im 2. Badischen
Grenadier-Regiment Kaiser Wilhelm I. Nr. 110, bisher
L la suits der Schutztruppe in Südwcstafrika. Der Groß-
herzog von Sachsen nahm an der Großherzoglichcn Früh-
stiickstafel teil. Nachmittags halb 3 Uhr empfing der
Großherzog den Oberschlobhauptmann von Offensandt-
Berckholtz. Derselbe berichtete über seiue Sendung nach
Heidelberg, wo er heute Vormittag im söchsten Austrag ein
Handschreibcn Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs
dem Gcheimerat Dr. Kußmaul mit dcn höchsten Glück-
wünlchen zu desscn 80. Gebnrtstag überreichte. Hierauf
empfiag Seine Königliche Hoheit den Hofdiakonus D.

Kleine Zeitung.

— Professor Birchows Befinden hat, wie die Berliner
klinische Wochenschrift mitteilt, in den letzten Tagen weitere
Fortschritte zur Besserung gemacht. Kürzlich hat der
Patient die ersten, recht mühevollen Gehversuche mit ge-
eigneter Unterstützung unternommen und sie seitdem mit
der ihm eigeuen Energie fortgesetzt. Er vermag znr Zeit
mit Hilfe eiuer Gehbank eiuige Schritte zurückzulegen,
sowie allerlei Bewegungen mit dem verletzten Beine aus-
zuführen. Sein körperliches Befinden ist als ein gutes zu
bezeichnen, und es steht zu hoffen, daß der Patient all-
mählich den vollen Gebrauch des verletzten Beines wieder
erlangen wird.

— München, 23. Febr. Eine K el ln e r i n n en-
vers ammlung fand gestern Nacht im Caf« „Royal"
statt. Die Kellnerinnen verlangen die geordnete Ein-
führung einer mindestens neunstündigen Nachtruhe. Es
wurde lebhaft Klage darüber geführt, daß in den Restaurams
die Kellnerin das Bierniüdel, die Suppenträgerin und die
Putzerin bezahlen muß. Es wurde schließlich eine Resolutivn
an den Landtag beschlossen mit der Bitte um Bezahlung
der Kellnerinnen des voni Staate betriebenen Hofbräu-
hauses, da die übrigen Wirte fich stets darauf berufen,
daß auch die Kellnerinnen ini Hofbräu keiuen Lohn be-
ziehen. Die Versammlung schloß erst um 4 Uhr morgens.

— Kneißlkarten. München, 21. Februar. Eine
rohe Gemeinheit verdient an den Pranger gestellt zu werden.
Kanm zwei Stundcn warcn verflosscn, daß Mathias Kneißl
in Augsburg untcr dcm Fallbeil geeudet hatte, als bercits
das Publikum in öffentlichen Lokalen mit einer „Ansichts- I

Frommel. Um halb 4 Uhr fuhren die Großherzoglicheu
Herrschaften mit Jhrem Gaste zur Gemäldeausstellung im
Kunstvereinslokal und dann zur Kunstgewerbeschule, wo
unter Führung des Direktors Hoffacker ein Teil der Schule,
sowie die Sammlung besichtigt wurde. Hierauf machte der
Großherzog von Sachsen noch einige Besuche. Der Groß-
herzog hörte um 5 Uhr d-n Vortrag des Geheimeu
Legationsrats Dr. Freiherrn von Babo. Um 7 Uhr empfinge»
die höchsten Herrschaften eine größere Anzahl Personen zu
einem Vortrag des Profcssors der Geschichte an der Uni-
vcrsität Freiburg Dr. Finke. Vor dem Vortrag wurde der
Gcnannte von Seiner Königlichen Hoheit dem Großherzog
empfangen.

— Die aus den „Basler Nachrichten" auch in badische
Blätter übergegangene Mitteilung, daß die Notwendigkeit
derErbauung einer festen Rhcinbrücke bei Hüningen
von Seiten der badischen und elsaß-lothringischen Rs-
gierungcn anerkannt worden sei und diesen bereits em
fertiges Projekt vorliege, ist nicht zutreffend. Verhandlungen,
die in dieser Angelegenheit vor etwa zwei Jahrcn statt-
sanden, haben vielmehr zu der Auffassung geführt, daß dem
vorhandenen Veikchrsbedürfnis durch eine Verbesserung der
bestehenden Schiffbrücke, insbesondcre der Auffahrts
rampen, genügt werden könne.

Ausland.

Oesterreich-Ungar«.

Wien, 22. Febr. Kaiser Franz Josef besichtigte
heute früh im Arsenal zwei chinesische Kanonen, die
ihm vor kurzem vom deutschen Kaiser zum Geschenk
gemacht worden sind und im Heeresmuscum Aufstellung
gefunden haben.

Spanien.

Madrid, 22. Febr. Aus Valencia, Valladolid,
Tarragona und Sevilla wird gemeldet, daß dort Ruhe
herrsche. Jn Barcelona hat sich die Lage seit der Ver-
hastung der Anarchistenführer gebessert.

Türkei.

— Die seit einigen Tagen von deutschen und aus-
ländischen Blättern gemeldete, anfangs angezweifelte Nach-
richt, wonach der Feldmarschall Fuad Pascha ver-
bannt sein sollte, wird jetzt von verschiedenen Seiten be-
bestätigt. Fuad, der Sieger vom Lom und von der Elena
aus dem russisch-türkischen Feldzuge 1877, hatte seit langerr
Jahren kein aktives Konimando in der Armee mehr, sonderw
lebte als vornehmer, etwas excentrischer Privatmann und
stand bei Hofe bald in Gunst, bald in Ungunst. Er ist
im Laufe dcr letzten zwanzig Jahre schon mehrfach in Unter-
suchung gewesen wegen angeblicher „Conspirationen", ohne
daß ihm jemals etwas nachgewiesen werden konnte. Nach
jeder dieser Untersuchungen wurde er vom Sultan reich
beschenkt und eine Zeit lang in Ruhe gelassen. Es wird
auch jetzt wohl wieder so gehen. Vorläufig scheint man
den Marschall allerdings aus Konstantinopel entfernt zu
haben.

karte" belästigt wurde, die der Gipfcl der Rohheit ist. Auf
der Karte sieht man den Vcrurteilten, wie er, den Kopf
im Arme, sich von den salutierenden und weinenden Schutz-
leuten verabschiedet. Leider hat die geschmackvolle Firma,
die dieses scheußliche Erzeugnis vn den Mann zu bringeu
sucht, ihren Namen nicht genaunt.

— Vorwärts, mein Geist, den scharfen Pfad l
Nicht träg nmhergeschauet!

Dort oben winkt die Ruhestatt —

Wohlanf, dir selbst vertranet!

Tyeater- und Kunffnachrichten.

Heidelberg, 22. Febrnar. Am nächsten Donnerstag, 27. Febr.,
bat Herr Hermann Rudolph sein Benefiz. Der verdienstvolle
Darfieller, der nunmehr durch 3 Winter stch als bcste Stiitze
unseres Ensembles bewähit hat, wird den Konrad Bolz in den
Journalistcn" darstellem Es ist wahrscheinlich, daß daS
Publikum diese Gelegenheit nicht voriiberlassen wird, dem Dar-
steller zu zeigen, welch' großer Beliebtheit er stch erfreut.

Jm Stadttheaier gelangt nächsten Mittwoch als neu einstudierte
Oper Mozart's Meisterwerk „Die Hochzeit des Figaro"
zur Aufführung und werden die dankbaren Hauptpartien gesungen
von den Damen Gordon, Halma, Heiland, Koppenhöfcr, Beierle
uud dcn Herreu Fellner, v. Hunyady, Keller, Schade, Sorelli
und Walter. Die Vorstellung fivdet im laufenden Abonnement
statt.

Frankfurter Opernhaus DienZtag. 25. Februar, abendS
7 lihr: „Rigoletto". Mittwoch, 26. Februa-, abends 7 Uhr:
„Das Glöckchen des Erewiten". Donnerstag. 27. Februar, abendS
7 Uhr: „Tie Zauberflötc". Frcitag, 28. Februar geschlossen.
Samstag, 1. März. nachm. 3'/s Uhr: „vänsel uud Gretel",
hierauf „Wiener Walzer". Sonutag. 2. März, nachm. 3^2 Uhr:
„Das suße Mädel". abends 7 Uhr: „Lohengriu".