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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 125-149 (2. Juni 1902 - 30. Juni 1902)
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Mvntig. 2. Jimi 1902.

Gvftes Blatt.

44. JkHrgang. — 125.





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^etnttäglich Sonntags ausgenommen. Preis mit Familicnblättern monatlich 50 Pfg. in's Haus aebracht, bei dcr Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post be«
An-.-„ . zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.

^»r«es»>i ^ Pr ecs: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigeu ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen an bestimmt
W^^Evenen Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnferate auf dcn Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den städt. Anfchlagstellen. Fernsprech-Anschluß Nr. 82

Aer Krieg in SüdafriLa öeendet.

a^o.ndon, 1. Juni. Lord Kitchener te-
h>*Wrert vom S1. Mai: Das Schriftstück,
e^/Aes die Bedingungen der Uebergabe
K»^halt, jst heute Abend Iv'/i Uhr von allen
^ nrendelegi erten, Milner und Kit-
*Ner unterzeichnet worden.

sej ^'tchcner telegraphiert nicht, datz der Friede geschlossen
sämtlichc Burenführer einerseits und die
H^.^ier Englands, Milner und Kitchcner, andererseits die
hg^"^ation der Buren unterzeichnet haben, so kann das
as^, "'chts anderes bedeuten, als datz der Krieg in Süd-
M Ende ist.

fehlt die Genchmigung des altcn Präsidenten
dele^ ^ ^em Ueberciiikommen, allein wenn alle Buren-
hgj ^rten in Afrika die Ucbcrgabe unterzeichnct haben, so
g^S kaum noch eine Bedeutung, ob Präsident Krüger
sch-^cklich dazu ja sagt, oder ob er stillschweigend ge-
lätzt, was er nicht ändern kann.
dllz ^cr die von England zugcstandenen Bedingungen sagt
über Elegramm Kitchcners nichts; cs ist auch vorher dar-
ivorb amtlichcr Seite in England nichts veröffentlicht
leilu ^ch haben englische Blätter mancherlei Mit-
hejj"^" gemacht, unter denen auch manches der Wahr-
"»Nes, ^lsprccheude gewesen sein mag. Man darf
Tto c ^aß die beiden Burenrepubliken als selbständige
illn^len^ailfhören, datz ihnen aber cin grotzes Maatz von
dll^er Sclbstverwa'tung entwedcr von jctzt gleich oder
leinc nächster Zeit ab bewilligt wird, datz Engiand
br^ ^'egsentschädigung erhält, vielmehr selber die abge-
H anten Farmen der Buren wieder aufbaut und datz diejenigen
bic ^ aus der Kapkolonie, also englische Unterthancn,
b>erd England die Waffen erhoben haben, amncstiert
l>iesc r' sodatz ihnen nichts Ernstliches zu Leide geschieht. Gegen
Si^sl^tere Bcstimmuug haben sich die Engländer mit
''Al auf die treugebliebenen Capburen lange gewehrt,
^Ure 'autzten sich sagen, datz Anstand und Ehre es den
^rüb" "^^äten, die ihnen aus dem Cap zu Hilfe geeilten
tzll -Er den Kriegsgerichten der Engländer auszuliefern.

^at England die Amnestie zugegeben.

^enT^u die Burcn vor drei Jahren dcm Rate der europäi-
fvlgj ^laaten, namentlich Hollands und Deutschlands, ge-
lass/ll m hätten sie es auf einen Kricg nicht ankommen
iestzll-' ^dern sich den damaligen Bedingungen Englands
^bcx'c-^ ihnen eine eigenstaatliche Existenz gelassen hätten.
Thll, i^.hMten heimlich stark gerüstet, hofften datz die
^hllj^lhie der Kulturnationen für die Burensache sich zu
htziillill l>erdichten werde und so meinten sie sich ganz unab-
l>q ° "bon England machen zu können. Leider haben sie
bvkll,,- auscht. Es ist so gekommen, wie man den Buren
. A's°gt har.

"tch «.^0. Oktober 189S stellten die Buren, veranlatzt
^°tiivi ^ englischen sie bedrohenden Rüstungen das Ulti-
lvbex s-, 11. Oktober begann der Krieg, am 13. Ok-

schliiae Erschritten die Buren die englische Grenze. Sie
° t>rei cnglische Hecressäulen; statt aber die Erfolge
"hen, verhieltcn sie sich monatelang still, sodah

die Engländer ungehindert mächtige Truppenmassen
am Kap landcn und den Buren entgegenstellen
konnten. Mit dem Erscheinen von Lord Roberts und
Gcneral Kitchener trat dann die Wandlung zu Gunsten
der Engländer ein. Der erste grotze Schlag, den die
Buren erlitten, war die Kapitulation Cronjes mit 4000
Mann am 27. Februar 1900. Am 5. Juni besetzten die
Engländer Pretoria, die Haupistadt von Transvaal. Seit-
dem habcn die Buren den Engländern noch vicl zu schaffen
gemacht, aber es zeigte sich doch, daß sie nicht die Kraft
hatten, die Engländer hinauszuschlagen. Wohl war Eng-
land so ziemlich an der Grenze seines Könnens an-
gekommen; aber die Buren stnd augenscheinlich des
Guerillakrieges müde und so haben sie sich bequemt, Frieden
zu machen. Die Briten werden sehr froh darüber sein,
daß nun der Krieg beendet ist, der mehr die Schwäche wie
die Stärke Englands enthüllt und überdies fabelhaft viel
Geld gekostet hat.

Deutsches Reich.

Berlin, 31. Mai. Die in persischer Sprache gegebene
Antwort des S'chahs auf den gestrigen Trinkspruch des
Kaisers lautet in deutscher Uebersetzung wie folgt: „Jch
bin dankbar, daß es mir vergönnt wurde, Euere Majestät
kennen zu lernen, und bin froh bewegt durch Ew. Maje-
stäts freundliche Worte. Jch hoffe, Gott möge geben,
daß die traditionellen guten Beziehungen unserer beiden
Länder sich noch befestigen 'nud fühle mich beglückt durch
den gastfreundlichen Empfc.ng. den Ew. Majestät mir be-
reiteten. Jch trinke aus das Wohlergehen des Kaiftrs
und der Kaiserin, des kaiserlichen Hauses, sowie auf das
Wohl dcs deutschen HeereZ nach der glänzendcn Parode,
der ich heute habe beiwohnen können."

— Der „Reichsanzeiger" meldet: Professor Justi in
B 011 n und Professor Harnack inBerlin sind zu stimm-
berechtigten Rittern, der Vizepräsident der russischen geo-
graphischen Gesellschaft Dr. v. Semenow in Petersburg
und der vormalige Direktor des botanischen Gartens in
Kew bei London Sir Josef Dalton Hooker zu auslän-
dischen Rittern des Ordens xour 1s rnarite für Wissen-
schaft und Kunst ernannt worden.

— Der Giordano-Bruno-Bund crläßt aus
Anlaß der gegen Herausgeber und Verleger von Leo Tol-
stojs „Sinn des Lebens" erhobenen Anklage wegen Gottes-
lästerung und Beschimpfung kirchlicher Einrichtungen einen
Aufruf, in dem er die Beseitigung des Gottes-
lästerungs-Paragraphendes Strafgesetzbuchs fordert.
Der Aufruf ist von ciner grotzen Zahl von Politikern,
Schriftstellern und Künstlern verschiedener Parteien und
Richtnngen unterzeichnct.

— Die „Köln. Ztg." meldet auS Kiel: Die Ia chst
„Hohenzollcrn" wird mit dem Kaiser an Bord am 4.
August nach Reval, der Hauptstadt des russischen Gou-
vernements Esthland am finischen Meerbusen, abgehen.
Der Kreuzer „Nymphe" und zwei Torpedoboote begleiten
die Aacht. Diese Nachricht könnte auf eine Begegnung des
Kaisers mit dem Zaren hindeuten.

— Für die diesjährigen Re s erve- und Land weh r-
übung en ist eine oußerordentlich starke Heranziehung von
Mannschaften des Beurlaubtenstandes befohlen worden. Es
handelt sich darum, daß die Landwehr in dtesem Jahre
zum ersten Male Leule mit zweijähriger Dicnstzeit auf-
weist, und dicse vorzugswcise zu den Uebungen herangezo-
gen werdcn sollen. Die Vcrmehrung der Ziffer beträgt
etwa 10 Prozent.

— Jn den persönlichen Dienst- und Einkommensver-
hältnissen der Militärapotheker ist eine bedeutende
Veränderung dadurch eingetreten, daß diese Beamtenklasse
durch Kabinetsordre vom 14. Mai d. I. dem Sanitätskorps
angegliedert worden isl. Für die Heerordnung wurde eine
Reihe von Uebergangsbestimmungen erforderlich; die darin
enthaltenen neuen Vorschriften über die Dienstpflicht der
einjährig-freiwilligen Militärapotheker trcten vom 1. April
1903 ab in Kraft, alle über densclben Gcgenstand srüher
crlassencn Vorschriften sind aufgehoben. Zu den Militär-
apothekern gehöreu als obere Militärbeamte die Korps-
Stabsapotheker, Stabsapotheker und Oberapotheker, alS
Personcn des Soldatenstandes die Unterapotheker und die
einjährig-freiwilligen Militärapotheker. Letztere können ent-
weder ganz mit der Waffe dienen oder ein halbes Jahr
mit der Waffe und, wenn sie das Dienstzeugnis und die
Approbation als Apotheker erlangt haben, ein halbes Jahr
in einer Lazarett-Apotheke. Beförderungen, Versetzungen
und Verabschiedungen der Korps-Stabsapotheker, Stabs-
apotheker und Oberapotheker crfolgen durch das Kriegs-
ministerium. Eine Nachweisung der Dienstbekleidung der
Militärapotheker enthält deren gesamte Uniform, die sie im
Dienst stets anzulegen haben. Der Oberstabsapotheker im
Kriegsministerium darf im unmittelbaren Verkehr mit den
Truppen die Uniform dcr Korpsstabsapotheker mit den seinem
Range entsprechenden Abzeichen anlcgew.

— Die allgemeine Elektrizitätsgesellschaft in Berlin, die
bekanntlich mit dem sunkentelegraphischen System
von Gcheimrat Slaby und Graf Arc 0 arbeitet, das nach
kaiserlicher Anordnung in der deutschen Marine vorerst aus-
schließlich verwendet wird, hat allem Anschein nach die von
Professor Braun (Straßburg) in verschiedencn wissenschaft-
lichen Vorträgen nnd Abhandlungen gemachte Feststellung,
daß sie als notwcndigen und wesentlichsten Bestandteil An-
ordnungen benutzt, die von Professor Brann her-
rühren und dicsem patcntrechtlich geschntzt sind,
allmählich recht unangenehm empfunden. Sie hat es sür
angezeigt erachtet, mit einer Klage auf Nichtigkeitserklärung
dcs crwähnten Braunschen Patentes sich an das Patentamt
zu wcnden. Das Patentamt hat sich aber den Anschauungen
der Klägerin keineswegs anschließen könncn, sondcrn die
Klage rundweg abgewiesen, die Kosten der Klägerin
auferlegt und das Braunsche Patent nach wie vor zu Recht
bestehen lassen. _

Wadischer Landtag.

Karlsruhe, 31. Mai. (14.Sitzung der Ersten
Kammer.) Am Regicrungstische Finanzminister Dr.
Buchenberger, Ministerialrat Dr. Nicolai, später
Minister des Jnnern Dr. Schenkel, Gehcime Rat

Kleine Zeitung.

Kirrweiler (Pfalz), 26. Mai. Eine schreckliche
^ehxi,^ Üten ^Eser Tage zwei hiesige in den 70erJahren
^ej^ ^ ^rüder, genannt „Groschenjakels", begehen. Die
'Uiii .- ^ten mit der Frau ihres Neffen beständig in Streit,
dew ^ ^ "or einigen Tagen den Entschluß, die Frau
Mq Wege zu räumen. Sie zündeten deshalb im Back-
">e P"' und als dasselbe hell aufloderte, pakten sie

^di j^uugslose Frau und wollten sie in den Ofen ftecken,
Mgh' 3" verbrennen. Durch verzweifeltes Wchren
^ dxx jedoch, glücklicherweise sich von den
^«i>e ^uwenschcn loszureißen und so einem schaudervollen
. cntgehen.

'Uus Bayer», 28. Mai. Von einem plötzlichen
Mens°/^ „Münch. N. Nachr." aus Hechendorf am
^^fchln ^öendes: Gestcrn Abend starb infolge cines
^?s ^er königliche Expeditor a. D. v. Esenwein

sUeq See im Kahn in dcm Augenblicke, als er

^Uer Pfund schweren Hecht, den er eben gefangen,
^ >u den Kahn hineingeworfen hatte.
?°brikg^"9l (Prov. Sachsen), 31. Mai. Der hiesige
dan^ .-oichokke ersch 0 ß erst seine Schwiegertochter
-- »llch selbst.

j'Mgte ^1. Mai. Jn der Chorinerstraße er-

s.°hrjg ^^ue Tapezierersfrau ihrcn sechs-
^chtete ^uuben und sich selbft; die Frau be-
e. K,^,fublinden, auch war ihr Mann arbeitslos.
^„Grgs ' 29. Mai. Die vielbesprochene Affaire
ieu Salviac" kam heute vor dem Landgericht I

zur Verhandlung. Der Klageantrag des Grafen Salviac
lautete dahin, ihm den ungehinderten Zutritt zu der Woh-
nung seillrr ihm angetrauten Frau zu gestatten; die Gegen-
partei bestritt die Rechtsgiltigkeit der Ehe, weil ein Graf
Salviac de Castel in Frankreich überhaupt nicht existiere.
Derjenige, der sich so nenne, führe dicsen Namen zu Un-
recht, sei wegen Betruges und Urkundenfälschung zu sechs
Jahren Zuchthaus verurteilt und daher nicht adoptions-
berechtigt. Nach französischem Recht dürfc nur Derjenige
cinen Anderen adoptieren, der einen guten Ruf habe, was
hier bei dem Adoptivvater nicht zutreffe. Der Kläger habe
sich auch insofern eines Bctruges schuldig gcmacht, als er
stch in der Heiratsurkunde als den leiblichen Sohn des
Ulrich Jean Steffen, Comte de Salviac de Viel Castel,
bezeichnet habe, während er der Sohn eines Bäckermeisters
Steffen sei. Der Gerichtshof beschloß nach längerer Ver-
handlung, das Klagcverfahren in diescr Sache vorläufig
auszusetzen, bis über die Rechtmäßigkeit der Ehe des
Klägers mit Frau Kanter in dcm eingeleiteten Ehe-
scheidungsprozeß entschieden sei. Nunmehr beantragte der
klägerische Anwalt den Erlaß einer einstweiligen Ver-
fügung, die dem Kläger den Cintritt in die strittige Woh-
nung gestatten solle. Zu einem Beschlusse kam cs nicht.
Die Verhandlung über die einstweilige Vcrfügung wurde
ausgesetzt.

— Königsberg i. Pr., 26. Mai. Dem „Ges." wird
berichtet: Ein junger Mann aus der Umgegend, dcr
den Krieg in China mitmachte, verliebte sich dort in eine
Chinesin und versprach ihr die Ehe. Jn seiner Heimat
angelangt, arbeitete er den Winter über im Bcrgwerk zu

Palmnicken. Jüngst erhielt er von seiner Braut ein
Schreiben, er möge doch sobald wie möglich zurückkommen,
die Eltern hätten eingewilligt und sie könnten sich heiraten.
Dem Schreiben war eine reichliche Gcldsumme zur Rcise
beigefügt. Sofort packte der Bergmann seine Sachen und
schwimmt bereits auf dem Meerc seiner neuen Heimat zu.

— Einen Prozeß nm eine Million Mark hat soeben
dic Univcrsität Leipzig gewonnen. Hosrat Theodor
Puschmann in Wien hatte, nachdem er in Leipzig seine
Studien beendet, sich verheiratet und dabei ein wcchselseitigeS
Testament in Uebereinstimmung mit seiner Gattin gcmacht,
wonach das nachzulassende Vermögen nach dem Tode des
überlebenden Gatten der Universität Leipzig zufallen sollte.
Seine Frau starb nach ihm, im Juli vorigen Jahres.
Sie war einige Jahre vorher von ihm geschicden worden.
Nnn abcr fochtcn die Anverwandten des Erblassers das
Testament an und klagten bei den Wicner Gcrichtcn auf
Herausgabe der Erbschaft. Das Urteil ist nun ergangen:
die Verwandten sind mit ihren Ansprüchen abgewiescn worden,
und die Universität Leipzig erhält das hintcrlassenc Ver-
mögen, das, wie gesagt, über eine Million beträgt.

HHeater- uad KunLnachrichten.

* Konzert im Sarmoniesaal. Auf das morgen (Dienstag)
Abend im großen Saale der Harmonie stattfindende Konzcrt des
erblindeten Pianisten Max Wegencr möchten wir hiermit noch
besonders aufmerksam machen. Herr Wezener ist ein sehr tüch-
tiger Künstler anf seinem Jnstrnment nnd cr wird unterstützt
dnrch die Mitwirknng der beliebten Konzertsangcrin Frau Fenten-
Malmeds ans Mannheim und unsern tüchtigen Konzertmeister
Herrn Gran, sodaß ein Programm aufgestellt werden konnte,
das gecignet ist, hohe Erwartnngen zu crregen.
 
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