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2. 3ahrg. / Nr. 2

Montag, den 4. Iarmar 1V32.

Seite 5

Ein Bischofserlatz und eine Kaplansinfamie

Eine schöne Theorie und eine wüste Praris

Die Bischöfe der Kölner Kirchenpro-
— der Erzbischof von Köln, die Bi-
schöfe von Münster, Trier, Limburg und
Äachen — wenden sich anläßlich des
Weihnachtsfestes in einem Hirtenschrei-
ben mit einer oberhirtlichen Mahnung an
die Diözesanen. Die Diözesanen werden
aufgefordert, nach besten Kräften alles
ZU tun, damit die furchtbare Not nicht
durch inneren Zwist und Kampf erst recht
usch ins Unerträgliche gesteigert werde.
Das Gebot der christlichen Nächstenliebe
gelte auch gegenüber dem politischen
Gegner: Auch seine Ehre, sein guter
Name, sein Leben und sein Eigentum
wüßten dem Christen stets heilig und un-
verletzlich sein.
Wenn diese Forderung des christlichen
Sittengesetzes aus ernster Sorge um das
Wohl des Volkes und die Erhaltung
seiner christlichen Gesittung in Erinnerung
gebracht werde, dann wolle man nicht,
baß diese religiöse Mahnung in den po-
litischen Kampf hineingezogen und von
politischen Parteien gegeneinander aus-
gespielt werden. Das Hirtenwork zum
Frieden richte sich vielmehr an alle Gläu-
bigen ohne Ausnahme; sie alle seien er-
wähnt in der Liebe Christi, sich selbst zu
prüfen, ob sie ihr Verhalten gegenüber
den Angehörigen anderer politischer
Richtung vor unserem Herrn und Hei-
land verantworten könnten.

Heraus

q^Der Wunsch der Bischöfe, daß diese
«Zahnung nicht in den politischen Tages-
?.Anpf hineingezogen werde, ist begreif-
V-Daß er ausgesprochen werden mußte,
ßt die Schuld der Partei, die sich in
Autschland als die einzige Partei zur
ra, ,ung der Freiheit des katholischen
lins ausgibt und die Gepflogenheit
Religion und die Aeußerungen
iDebender Führer des religiösen Le-
brauche^ ^^ischen Werbung zu miß-
i. Empfiehlt z. B. ein Kirchenfürst
atholjsche Blätter, so wird das von
ganzen Linie im Rückmarsch
efindlichen Zentrumspresse sofort für
yre dunkeln Zwecke mißbraucht, und
aann toben die Herrschaften vom ver-
!?beten Zentrum, wenn man die Schänd-
uchkeit eines solchen Beginnens öffent-
lich unterstreicht.
Die nationalsozialistische Presse hat
polemisches Work über die Erlasse
«acholischer Kirchenfürsten geschrieben,
Ivlange sie inhaltlich nicht einen aus-
gesprochen parteipolitischen Charakter
rügen, wie etwa die Erlasse des Mainzer
^eneralrükars Mayer über die Aus-
^Hmebehandlung von katholischen Na-
Der vorstehende Erlaß der Bischöfe
oer Kölner Kirchenprovinz wird von
ns eben wegen seiner parteipolitischen
y>Eegrikät begrüßt und als Muster zur
»-vahwung auch in der Oberrheinischen
s^.^"provinz empfohlen! Es will uns
Xp^lren, als ob in der Nordwesteche
cy>. putschen Vaterlandes ein anderer
<N>^?l..Dehe als in Freiburg, wo ein
^dsichof den Nationalsozialismus als
w- ^'p^krankheit" bezeichnet hat. Man
di» auch gerne zugestehen, daß wir
iion, "^Wendigkeit einer scharfen Grenz-
Zwischen Zentrum und Kirche,
scko» dem Erlaß der nordwestdeuk-
im>^ ^schäfe zu erkennen ist, bei der
dis^n,« "den Stelle unseres Kirchen-
ben ausführlich begründet ha-
der c-r^dmgs jst bis heute noch von
folnl r^durger Behörde aus nichts er-
u, was sich an die Seite des eingangs

aus dem Zentrum!
Hinein
in die NSDAP.!

erwähnten Weihnachtserlasses norddeut-
scher Bischöfe stellen ließe. Wohl ist
die Freiburger Behörde in ihren tat-
sächlichen Entscheidungen von den Main-
zer Praktiken deutlich abgerückt; aber
ein Erlaß, wie der obige würde auch das
badische Zentrum vielleicht mehr als die
Tatsachenentscheidungen Freiburgs vom
gröbsten Mißbrauch der Religion abzu-
halten vermögen. Es liegt deshalb nahe,
auszusprechen, was der Erlaß der Bi-
schöfe von Köln, Münster, Osnabrück,
Trier, Limburg und Aachen bedeuten
würde, wenn er für Baden Gültigkeit
hätte.
Wenn...
Wenn „das Gebot der christlichen
Nächstenliebe" auch in Baden „gegen-
über dem politischen Gegner Gültigkeit"
hätte, wenn den Zentrumschristen „auch

des politischen Gegners Ehre und sein
guter Name heilig" wäre,
dann wäre ein Pfarrer Senn
wohl nicht kurzerhand für ver-
rückt erklärt worden, weil er sich
erlaubte, am Zentrum Kritik zu
üben.
Wenn „Leben und Eigentum" des
politischen Gegners auch in Baden heilig
wären für jeden katholischen Christen,
dann wäre der Redner des Katho-
likentages, der Schrifsteller Kuno
Brombacher, von den zentrümlich-
kakholischen" Blättern nicht am
selben Tag kaltgestellt worden, als
man von seinem Bekenntnis zum
Nationalsozialismus erfuhr.
Wir haben nur zwei sehr bekannte
Beispiele aus dem langen Sündenregister
der zentrümlichen Patentchristen heraus-
gewählt; sie sagen genug!

Nicht nur Schwarze sind gläubig

Ganz bedeutsam aber ist die Fest-
stellung der norüwestdeutschen Bi-
schöfe, daß sich ihr Hirtenwort „an alle
Gläubigen ohne Ausnahme" richte, wobei
aus dem Zusammenhang hervorgeht, daß
die Gläubigen aller politischen Bekennt-
nisse gemeint sind. Sie geben damit
kund, daß nicht nur Zentrumsleute den
Anspruch machen dürfen, unter die
Gläubigen gezählt zu werden. Man
halte neben dieses Bischofswort die Ge-
pflogenheit der Zentrumspresse, von ka-

tholischen Nationalsozialisten grundsätzlich
als „bisherigen Katholiken", „Neuhei-
den" usw. zu sprechen, und man wird er-
kennen, wer sich den Erlaß der nord-
deutschen Bischöfe besonders hinter die
Ohren schreiben muß.
Schade, daß dieser Bischofserlatz nicht
auch für Offenbach a. M. Geltung hat,
von wo uns folgender Beweis „christlicher
Nächstenliebe" gemeldet wird:

Zm Zeichen des Weihnachtsfriedens
und der christlichen Nächstenliebe

Offenbach, 28. Dez.
Eine Offenbacher Nationalsozialistin und
gläubige Katholikin, die schon jahrzehntelang
täglich die Kirche besucht, und an jedem
Sonntag zur heiligen Kommunion ging, be-
gab sich an einem der letzten Sonntage in
die Marienkirche zu Offenbach a. M., um
die heilige Kommunion zu empfangen. Es
sei noch bemerkt, daß die betreffende Frau
Angehörige des III. Ordens ist. Nachdem
sie nun ihre Beichte ordnungsgemäß erledigt
hatte und an die Kommunionbank trat, ver-
weigerte ihr der Kaplan Schmitt die Hostie
mit den Morten:
„Sle erhalten die heilige
Kommunion nicht mehr!"
Und das in Anwesenheit einer großen
Anzahl gläubiger Katholiken.
Am Nachmittag erfuhr unsere Partei-
genossin dann von dem Geistlichen, der die
Beichte abgenommen hakte, daß die Ver-
weigerung der kirchlichen Gnadenmittel er-

folgte, weil sie Mitglied der NSDAP, sei
und für die Bewegung werbe. Es wurde
der Frau noch gesagt, sie habe doch bereits
früher einmal ihr Mort gegeben, aus der
Partei auszutreken. Unsere Parteigenossin
erklärte hierauf, daß sie das nie getan habe
und nie tun werde, denn sie wüßte genau,
daß sie bei dem Verlassen des Zimmers doch
wieder Nationalsozialistin wäre.
Angesichts des Verhaltens dieses Kaplans
erlauben wir uns die Frage, ob die Ver-
weigerung der Hostie auch bei einem Mit-
glied der kommunistischen Partei erfolgt
wäre, denn es soll auch noch Kommunisten
geben, welche die Kirche besuchen. Daß bei
einem Mitglied der SPD. die Verweigerung
nicht erfolgt wissen wir.
Wäre dieses beschämende Vorkomm-
nis auch in einer Pfarrei der Kölner
Kirchenprovinz möglich gewesen, nachdem
dort die Bischöfe das „Gebot der christ-
lichen Nächstenliebe auch gegenüber dem
politischen Gegner" verkündet haben? —
Katholisch aber heißt allgemein! -Ed-kh-

Aus der mmkiWe« MiWkil

Am 23. Dezember schrieben die Blät-
ter mit dem ministeriellen Verlagsdirek-
tor Dr. h. c. Adam Remmele einen Ar-
tikel über Pfarrer Teutsch mit der Ueber-
schrift:
„Der Rachepfarrer -er Nazis"
Gegenstand der Polemik ist eine Ver-
sammlungsrede unseres Pg. Teutsch in
Plankstadt, aus der die roten Schmier-
unken folgendes zitieren:
„Wenn die Nationalsozialisten von einer
Generalsäuberung sprechen, dann wird
manchem der Angstschweiß auf die Stirne
kommen. Sei unter den Versammelten
einer, bei welchem dies der Fall sei, dann
wäre dies ein Zeichen dafür, daß er
Dreck am Stecken habe. Man solle sich
aber nicht einbilden, daß jeder beliebige
SA.-Mann säubern könne wie er wolle;
die Disziplin würde nach der Macht-
ergreifung strenger zu handhaben sein
als heute. Im übrigen würden die Rich-
ter des Dritten Reiches über alle die-
jenigen gerechte Strafe verhängen, welche
das Deutsche Reich in den letzten zwölf

Jahren ausgesaugt, belogen und betrogen
haben. Dazu seien zu zählen: Schieber,
Wucherer, Bonzen und Bönzchen. Die
Nationalsozialisten hätten sich alle diese
Leute sehr gut gemerkt; genügend Pa-
pier und auch Bleistift wäre bei ihnen
vorhanden."
Nehmen wir einmal an, Pg. Pfarrer
Teutsch habe wörtlich das gesagt, was
diese Blätter hier zitierten. Was ist an
diesen Ausführungen Erschreckendes für
Leute, die keinen „Dreck am Stecken"
haben? Warum regt sich die Mann-
heimer „Volksstimme" mit ihrem Heidel-
berger Ableger so sehr darüber auf, wenn
betont wird, daß im Dritten Reich ge-
rechte Strafe über die verhängt wird,
die das deutsche Reich in den letzten
zwölf Jahren ausgesaugt, belogen und
betrogen haben? Was ist Erschreckendes
dabei, wenn Schieber, Wucherer und
Bonzen von ordentlichen Gerichtshöfen
zur Rechenschaft gezogen werden sollen?
Ist das eine Drohung, die sich etwa gegen

die Sozialdemokratische Partei als solche
richtet?
Die „Volksblätter" scheinen dieser
Auffassung zu sein, denn sie regen sich
furchtbar über diese Stelle der Rede un-
seres Pg. Pfarrer Teutsch auf. Sie sind
so außer Fassung, daß sie im Kommentar
noch mehr lügen, als man gemeinhin von
ihnen gewohnt ist. Sie bemerken näm-
lich zu dieser Stelle:
„Das also ist der Rachepfarrer der ba-
dischen Nationalsozialisten. Er hängt und
er schießt alle Gegner seiner Partei, wen»
das Dritte Reich erst angebrochen ist.
Fürwahr, ein duldsamer Vertreter des
Christentums. Ein Musterexemplar des-
jenigen Standes, der immer Liebe und
Güte zu den Mitmenschen predigt. Ge-
rade diese Stellen der Rede des ehe-
maligen Abgeordneten werden an den
Biertischen besprochen, und die kirchlichen
Kreise von Plankstadt sind in Verlegen-
heit, wie sie solche Rachepläne mit ihrem
Gottesglauben vereinbaren wollen."
Nun fragen wir: Wo hätte Pfarrer
Teutsch von Hängen und Erschießen
seiner Gegner gesprochen? Aus welcher
Stelle seiner Rede leitet die Mannheimer
Dreckschleuder das Recht zu solchen Ver-
leumdungen ab, nachdem der Redner
lediglich von gerechter Bestrafung für
Schieber, Wucherer und Bonzen durch
ordentliche Gerichtshöfe gesprochen hat?
Die tiefere Ursache für diese Entgleisung
sind die permanenten Angstzustände der
SPD.-Bonzen und ihre Erkenntnis, daß
Der erste sagt zum zweiten Uann
Mm Md» SW.

die SPD. tatsächlich im Wesentlichen
eine Partei der Schieber, Wucherer und
Bonzen geworden ist. Anders läßt sich
dieses Geschreibsel beim besten Willen
nicht erklären. Wir teilen hinsichtlich
der Mehrheit der eingetragenen Mit-
glieder der SPD. diese im Eifer des Ge-
fechtes unabsichtlich verbreitete Mei-
nung der Mannheimer Sozzenschrift-
leitung vollauf und haben deswegen
gerne unser Teil dazu beigetragen, daß
die seltene Anwandlung von Selbst-
erkenntnis bei der „Schieber-Partei-
Deutschlands" nicht ungehört verhallt.
Die glatte Verdrehung der tatsäch-
lichen Aeußerungen des Herrn Pfarrer
Teutsch zur Androhung von Hängen und
Erschießen aber ist typisch für die Metho-
dik der marxistischen Presse. Das nächste
sozialdemokratische Lügenblatt, das die-
sen Artikel „verbreitet", läßt die Aeuße-
rungen des Redners vielleicht völlig un-
ter den Tisch fallen und berichtet seiner
Leserschaft, daß Pfarrer Teutsch nach
einem „unwidersprochen gebliebenen"
Bericht der „Volksstimme" in Plankstadt
eine Rede gehalten habe, in der alle nicht
der NSDAP. Angehörigen mit Hängen
und Erschießen bedroht wurden. Auf
diese Weise entstehen dann die faust-
dicken Verleumdungen gegen unsere
Kämpfer. Es wird hohe Zeit, daß auf-
geräumt wird mit solchen Gemeinheiten.
-Ed-th-

MiMmi U Wimm
als MjW Md Mm
Vor mehreren Wochen besuchte eine
Skahlhelmgruppe des Amtsbezirks Sinsheim
Gesinnungsgenossen einer Nachbargemeinde.
Dank einer vorsorglichen Notverordnung war
aber das Marschieren in geschloffener Ord-
nung verboten. Der streng auf Ordnung
hallende Orlspolizeidiener nahm das vorge-
schriebene Aergernis und erstattete angeblich
auf sanften Druck des geistlichen Ortsober-
hauptes Anzeige.
Erfolg: 3 Monate Gefängnis für den
Führer.
Gericht wie Staatsanwalt befürworteten
Strafaufschub auf Wohlverhallen. Ma»
rechnete allenthalben auch mit Gewährung
dieses Strafaufschubs. Allein man hatte die
Rechnung ohne den Wirt gemacht. Unsere
gottesfürchtige schwarz-rote Regierung er-
blickte in dem harmlosen Marsch ein so
strafwürdiges Vergehen, daß der Strafauf-
schub abgelehnk wurde. Der Bauer aber
auf dem Land kann nicht verstehen, daß
rückfällige Diebe und Betrüger Strafaufschub
bekommen, während in diesem Falle der
Strafaufschub versagt wird, obwohl keinem
Menschen mit dem Marsch ein Schaden zu-
gefügt wurde. Quousque tandem Latilina!
 
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