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Heidelberger Volksblatt (68) — 1933 (Nr. 226-299)

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Nr. 291 - Nr. 299 (19. Dezember - 30. Dezember)
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| Iles Blatt

h i

1

hie

Eonntag im Advent.)
lezte Sonntag im Advent und der Vor-
heiligen Weihnachtsfeſtes fallen dieſes
n eins zuſammen. + Heiliger Morgen,
Ende ein heiliger Abend ſteht: die

der Kinder und der Erwachſenen. Jn .

ſ!'setttunden noch einmal der ganze
Oy
hr Himmel, öen Gerechten“, ~ und

end der Engel Jubelgeſang: „Ehre ſeiaeV

n der Höhe." Heute morgen die ſchwere,
rbe der Buße, heute abend Lichter-
Kerzenſchein.

s nun einmal im Leben: Sehnſucht
tfüllung, Leid und Verklärung, Kreuz
rone liegen oſt ſo nahe beieinander. Der

t bisweilen ſo düſter und verhangen,

Abend wird ſo gtill, ſo feierlich und

t, ein rechter Feierabend. Unſer gan-

gleicht eigentlich dem. Vortage des

Weihnachtsfeſtes: der Morgen im dü-
Bußkleide, der Abend .im ſeligen Feier-

traurigsſte Bild in der Menſchheitsge.

eht gleich zu Anfang der heiligen
. Der Menſch übertritt Gottes Gebot
geht die erſte Sünde, ſtößt qich eigentlich
hinaus aus dem Wonnegarten: heimatlos,
s. Hinter ſich das Paradies, vor ſich die
deckte Erve. Das unſc< ul ds kleid
srevlem Uebermute von ſich geworfen,
ihm Eottes Huld und Güte das Buß-
t qr dieſen kleinen Zug aufbe-
Und Gott der Herr machte Abam und

! Weibe Gewänder von Fellen und bekleine.
ſie damit.“ 1. Moſ. 3,21. Die Menſchheit.

in ihren Stammeltern den Weg an in den
t Weliadvent, in den Bußadvent. Und
ür Bußkleid iſt es, das ſie trägt.

ſt das traurige Fle>enkleid der

q) e. — Man mtißte die ganze Licht- und
"enfülle kennen,

die die Seele der Stamm-
durchslutet hat in ihren Unſchuldstagen,
Fintternis ermeſſen zu können, die ſich
ihren Verſtand und ihren Villen lagert.
muß die Höhen kennen, auf denen die

lumeltern gestanden, um den Abgrund zu

in den ihre Uebertretung ſie geſchleus-
— Der erſte Menſch war ein Kind

ts, hatte Kindes- und Erbrechte im Hauſe

Reiche ſeines Vaters. Was Jahrtauſende

? in heiliger Begeiſterung der Liebesjünger

| t zt welche Liebe uns der Vater er:
hat, daß wir Gottes Kinder heißen und

w

.

le der Schuld,

1 Jo. 3,1. Und nun kein Kind Gottes
» Feind Gottes, Verräter an Gott, im Zu-
die ſich wie eine dunkle

he durch die ganze Menſchheit dahinwälzt.

|,! nur Schuld, ſondvern Erbſ

II

ht ein hartes Joch. Dornen und Di
' Unt. tr rz gi then h uu!
jk lennt ſie nicht, die ſtechenden Dornen der
. lu
It ſüle faft zuſammenbricht: Eine Frau in
| tuen uu. ein über das Menſchengeſchlecht. Wie erſchüt- slügelt,

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j Vottes Hand dieſes Joch dankbar auf

Y. Der in einem Geſchäſte, ein A
p'amter . . . Soll ich nennen den Undank, den ternd
fsca treugeüvte einen
iueit erntet? Undank von den Beſten, mit kommen
V man es am redlichſten und am

r

c<uld, nicht nur

» ſondern Erbſluch, Der arme Menſch

{t das Fzlecenlleiv der Sünde mit auf die
t und fügt die Fleden und Makeln perſön-

[ Schuld und Sünde hinz.

I sg Gott gibt dem Menjchen einen Troſt

rt

ſlhſeit. Er webt ihm das Werktags
[]lchen Mühjal. Freilich

ſeine Verbannung. Er weist ihm die
um ſich zu vergeſſen

iſts nichl
Paradiesarbeit, aber

Haushalte, ein Mädchen in

für ſo manche gutgemeinte,

Lehrer von ihren Schülern,
ihren Gemeinden ernten?

U.ÖU
f

: der ganz

hie Leben ein heiliger
[bend

.

orgſamer Auſmerlſamteit hat der

das durſten ſich ſchon die Stammeltern

zu heiligen durch die zwiſchen dem 1 1 . s
kleid der stes, unter dem wir alle leiden müſſen Die Be-
mehr die gierlichteit 'iſt entſeſſjelt und drängt und lockt
der Menſch nimmt zum Böſen: oft,
>: macht das Leben zu einer ununterbrochenen Hauſe meines Vaters ſind viele Wohnungen,
<t Kette von Bußübungen. + Dorh die härteſte und ich gehe hin, um euch daſ

“a St au be biſt du, und

einte? Undank den Eltern von U
Seeljorger für n

Y! uns hat vielleicht ſchon dieſen t Zurus mutet ru im Fletkenkleide der Sünde,
| ſtelutranz ſich ums Herz legen fühlen? Bre im Werltagskleide der Arbeit,

"anches ihn Tag für Tag? Ja, es bleibt nucz-

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Weihnachten 1933 68. J ahrg. / Nr. 295

en Erde

mm . W mm ! .
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| (Antiphon zur ersten Wleihnachtsvesper)

und in ihrem freundlichen Lichte breiten ſich die
Weihnachtsgaben aus. Jett erklärt ſich ſo man-
<er Gang, den die Eltern in letzter Zeit ge-
tan haben, ſo manche Frage und Andeutung. ~
Ist unſer ganzes Leben nicht auch ein Stehen
und Warten vor der Weihnachtsſtube? Wie wer-
den wir im Lichtglanz ſtehen, wenn die Schleier
fallen! Aber auch die Dämmerung des Erden-
lebens, durch die Schatten des Todestales müſ-
ſen wir hindurch, bis der ewige Tag anbricht,
der keine Schatten und keine Nacht mehr kennt.
Dann wird auch uns ſo mancher Gang, ſo man-
cher Griff, den Gott in unſer Leben getan hat,
klar werden; dann wird ſich ſo manches in lieb-
licher Klarheit löſen, was jetzt wie ein dunlles
Rätſel über uns gewalltet.
Führen wir hienieden ein heiliges Leben in
lindlichem Glauben, in unerſchütterlicher Hoff-
itte.) Ne elsidender ut! tu
Lebens a b en d und dieſem Lebensabend ein
f'stziger Ewigkeitsmorgen in ſtrahlendem Fei-
erkleide.
Julius Spiegel, Stadtpfarrer.

Die Ankunft des Lithtes

Wir entnehmen den folgenden Abschnitt dem
gedankentiefen Aufſaß von Adolf Wortmann
im Dezemberheſt der von Abt Adalbert von
Neipperg herausgegebenen Zeitſchrift „Das
Wort in der Zeit“. (Die Scthriftltg.)

Vieles von christlichem Brauchtum und Sinn-
bild der Weihnachtszeit iſt untergegangen. Das
Wenige, was geblieben iſt, gehört den Kindern.
Kinder ſind in ihrem tieſſten Weſen konſervativ,

î Hhowahrend. Was einſt auch das Leben der Groo
ßen mit Sinn erfüllte, friſtet noch im Kinder-
land ein verſpieltes entwertetes Daſein. Kindern
zuliebe ſchmücken wir den Chriſtbaum, Kinder
tragen Kerzen, Palmen und Kräuter zur Weihes.
î Dieſes Kinderrecht wollen wir Großen nicht an-
taſten. Was das Kind bewahrt hat, ſoll ihm nicht
aus den Händen genommen werden. Aber es
ſind mit jedem Jahre weniger Kinder, die Pal-
men, Kräuter und Kerzen segnen laſſen. Der
Chriſtbaum wird immer mehr zu einem Dekora-
tionsſtück ohne erkennbaren chriſtlichen Sinn.
Hier erwächſt uns Großen eine Aufgabe, deren
Bedeutung nur wenige überſchauen. Sie hat
nichts zu tun mit den Bemühungen, altes Volks-
tum künſtlich zu pflegen, alte Volkskunſt in Hei-
matmuſeen zu ſammeln und zur Schau zu ſtel-
len. Wenn wir nur dieſe Haltung unsern volks-
liturgiſchen Bräuchen oegenüber aufbringen kön-
nen, überlegen-nachſichtig lächelnd: Gebet den
Kindern, was des Kindes iſt! ~ dann wäre es
beſſer, all dieſe Dinge gingen möglichſt bald un-
ter, ehe ſie ganz ſinnleer geworden ſind. Chriſti
Wort vom vechten Kinderſinn gilt auch für unser
Verhältnis zu allem echten religiöſen Brauch-
tum. Baum und Kranz, Palmzweig, Kraut und
Kerze können Bekenntnis kindlicher Gläubigteit
ſein, die aus tieferen Brunnen quillt als die
jittliche Tat. Wer freilich bei der Wandlung
und vor der Wegzehrung das Knien verlernt
hat, meinend, auf dieſes äußere Tun komme es
nicht an, es genüge die Geſinnung des ſogenann-
ten Herzens, der leugnet die Ganzheit ſeiner
Menſchennatur. Der Menſch iſt nicht ein Inwen-
dig,s und ein Auswendiges, iſt nicht wie ein
Mechanismus „zuſammengeſetßt“ aus Leib und
Seele. Der Menſchenleib, ſeine Glieder und feme
Sinne, ſein Tun und Gehaben, sein Stehen und
Knien, Sprechen und Singen ſind ſichtbarer
Ausdruck, sind Form der Seele. Die amma
chriſtiawa formt ſich auch einen chriſtlichen Leib.
Da Gottes ewiges Wort Fleiſch geworden it,
wie darf der Menſch meinen, ſein Verhalten vor
Gott brauche nicht ſichtbare Geſtalt zu werden.
Solche Geiſtigteit iſt durchaus untatholiſch, weil
ſie un-menſchlich iſtz die ganze Lehre und die
ganze Liturgie ſlehen dagegen auf, denn Liturgie
iſt Geſtalt gewordener Glaube. Immer noch
wird sie verkannt als eine eigenbrödleriſche Lieb-
haberei, als eine Art äſthetifther Geheimwiſſen-
ſchaft + ſo weit haben wir uns von der ſchlich-

!,

ten, nati

vuartur ocuougauer (1445-1494)

Die heilige Nach
Ju dieser heiligen Nacht Heut’ kommt zum Klingen,
ſchweigt ſo vieles auf Erden. _ was lange verborgen lag.
Und ſo manches erwacht Und das Verstörte will ſingen,
und will Güte werden. . dieſe Nacht wird zum Tag.
. U Margaret Hohmann.

ternes, ſchichtes Werktagskleid, das Kleid der Doch wie kurz iſt die Adventszeit, und erſt
Arbeit. . | recht wie kurz der Lortag des heiligen Weih-
Wie oft fallen auf dieſes Kleid heiße, bittere nachsſeftes! Die Stunden fliegen dahin, uno
Tränen! Wenn das Leid groß und übergroß in bald geht der Wintertag zur Neige, die Däm-
ein Menſchenherz einbricht, dann ſchimmern die merung bricht herein. Hier hat noch „eines das
Wimpern in Tränen, und Perle und Perle letzte Geſchenk gekauſt, um einem Lieben eine
tropfi hernieder: er trägt das Tränenkleid Freude zu bereiten, dort eilt noch eines, das
der Buße. Statt der verſprochenen Gottgleich- den Mittag über in der Arbeit ſtand um zeitig
heit wird ſich der Menſch ſeines ganzen Elends nach Hauſe zu kommen. — Alle möchten ſie
bewußt, Hat er ſich gegen Gott empört, ſo an dieſem Abende zu Hanſe ſein. Mehr als
erpört ih nun in thm ſelbjt dos Niedeie MU ſeine Gesulen heimwäris r tut ene
ut z3otee VR des Üieiſches und des 'ßei- ermiyen "tn tet Uu et Meictt. #1heuye
| vents, deiner q und Trauerzeit, deiner
leider allzuoſt bleibt ſie Sie- Fremde und Verbannung deiner Seele Heimat-
gerin. Der fortgeſeßzte Kampſ gegen uns ſebſt haus. Dein Heiland iſt dir vorangegangen. Jm
elbſt eine Stätte
Buße wartet des Menſchen am Ende ſeines Er- gu bereiten.! — Der Tod iſt hier nicht mehr
denlebens. Die Schlange hat geſprochen: „Gott der ſtrenge Richter, er iſt ein milder Freund, er
werdet ihr gleich ſein." Gott ſpricht: „Vom ſtreift dir ab dein Firctenkleid, dein Werktags-
zum Staube ſollſt du kleid, dein Tränenkleid, und läßt hindurchſchim-
zurückkehren.“ 1. Moſ. 3,19. Die Antwort Got- mern das Strahlenlleid, das Hochzeitskleid der
les iſt furchtbar: er räumt dem Tode Gewalt heiligmachenden Gnade. — Iſt dein Fuß be-
ſo wie bei jenen, die am Weihnachts-
ſchreibt es noch der heilige Paulus:,, Durch abend heimwärts ſtreben? Haſt du dein ziel
Menſchen iſt die Sünde in die Welt ge- dein Vaterhaus, ſeſt im Auge? Läßt du dich
und durch die Sünde der Tod, und durch die Geſchöpfe nicht deiner Ewigkeitsbe-
der Tod iſt auf alle Menſchen übergegangen. stimmung entfremden?
Röm. 5,12. Der Tod iſt die lezte, größte Buße Am Weihnachtsabend stehen
bie Sünde. So wandelt die Menſchheit, ſo verſchloſſenen Türen. Das Herz
einzelne durch den großen Welt-

rlichen Auffaſſjung der Menſchennatur

entfernt! Liturgie iſt nichts anderes als die aus
die Kinder vor der Ganzheit des Menſchenweſens erwachſende
will faſt zer- Form, Gott zu dienen. Nicht das Beten aus
ſpringen in ſeliger Erwartung. Was wird die dem „Schott“, nicht das Singen des römſſchen
Weihnachtsſtube an ſreudigen Erwartungen zum Chorals kennzeichnen den liturgiſch gerichteten
Vorſchein bringen? . . Da öfſnet ſich die Türe, Chriſten. Schon am Weihwaſſerbecken offenbart
vom Weihnachisbaume ſchimmern die Kerzen, der Kirchenbeſucher ſeine ſeeliſche Art. Wer reu-

im Tränenkleide
der Buſee. ; |




 
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