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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 24.1913

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Schulze, Otto: Raumbedarf, Raumgröße, Raumwirkung
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https://doi.org/10.11588/diglit.7709#0297

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INNEN-DEKORATION

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entw. u. ausf.: lev1ns wwe. & co.-berlin. speisezimmer. eichenholz. büfett m. seidenbehang. halbrunde vitrinen

zur Illusionshöhe sich in kein rechtes Verhältnis bringen
kann. Die Raummessung horizontaler Richtung, also Länge
und Breite, können abgeschritten, durch Pfeiler- und Säulen-
stellungen, Fenster und Türen schätzungsweise und rech-
nerisch dem Raumbewußtsein nahegebracht werden.
Raumbewußtsein ist indes noch kein Raumempfinden, dem
ersteren unterliegt schon das Tier, wie man das im Unter-
schied zwischen den Käfigen einer Menagerie und der
Freiland-Einhegung des Hagenbeckschen Stellinger Tier-
parks sehr gut festzustellen vermag. Raumempfinden
selbst ist von dem ästhetischen Raumgenuß abhängig.
Ein Raum kann nicht nur physisch, sondern auch psychisch
einengen; eine künstlerisch ausgeschmückte Verbrecher-
zelle würde den Haftgedanken abschwächen. In einem
großen Dom wird die Vorstellung des Weltenschöpfers,
in einer kleinen Kapelle die des persönlichen Gottes vor-
walten. — Mit einem großen Raum muß man auch et-
was anzufangen wissen; die bloße Befriedigung des
nackten Raumbedarfs, des Geborgenseins drückt nieder;
und bei notgedrungen kleinen Räumen greift man zur
Illusion, zur scheinbaren Verschiebung der Raum-
grenzen durch Teilungen, Farbengebung, Hineinziehen
der Decke in die Oberwand, perspektivische Täu-
schung, Spiegelung. Der wirkliche Raumkünstler wird
sich jedoch solcher Hilfsmittel nur selten bedienen.
Auf welche Seite wir uns immer stellen mögen, wenn

es sich um die vollendete Lösung von Raumfragen handelt,
so werden wir doch um den Kern dieser Ausführungen
nicht herumkommen, denn Raumbedarf, Raumgröße und
Raumwirkung sind aus der Raumbestimmung heraus sich
notwendig ergebende Forderungen, die zu einander in
unbedingtem Abhängigkeits-Verhältnis stehen, weil
eben eine auch nur teilweise Ausstoßung der einen oder
der anderen einen Mißerfolg in der Lösung der gestellten
Aufgabe herbeiführen würde, denn die eine ist bedingt
durch die andere. Und immer kommen wir wieder auf
die alten Forderungen zurück, daß die Baukunst doch zu
allererst die ihr von Anfang gestellte Aufgabe zu erfüllen
habe »räumlich« zu bauen, von innen nach außen und zwar
so, daß der Rauminhalt und die Raumbestimmung
und in logischem Zusammenhange damit auch die Raum-
wirkung die Gestaltung des Gebäude-Äußern, also der
Raumumfassung bedinge. Wir erleben heute so oft in
künstlerischen Fassaden merkwürdige Überraschungen,
die uns leider nicht die Enttäuschungen beim Betreten
der hinter ihren Mauern liegenden Räume ersparen.
An Beispielen dafür ist auch unsere neuzeitliche Bau-
kunst leider nicht arm. — otto schulze_elberfeld.

*

L^unst im Stadtbau ist: die Plastik der Bauwerke und
AV den Raum der Straßen und Plätze zueinander in ein
rhythmisches Verhältnis zu bringen. — a. e. brinckmann.
 
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