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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 24.1913

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Grolman. Willy, von: Das Kaiser Friedrich-Bad in Wiesbaden
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https://doi.org/10.11588/diglit.7709#0335

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INNEN-DEKORATION

307

»kaiser friedrich-bad« in wiesbaden

blick in den fr1s1er-salon im erdgeschoss

trisch angetriebenen Maschinen arbeitet .und
eine Sehenswürdigkeit für sich bildet. Über
die sonstigen umfangreichen maschinellen An-
lagen zu berichten ist hier nicht der Ort. — Das
Badhaus vermag täglich 600 Bäder abzugeben
und 400 wurden bereits bald nach der Eröffnung
tatsächlich verabfolgt; so ist mit Sicherheit an-
zunehmen, daß es die großen Opfer verlohnen
wird, die Stadt und Kurverwaltung hier gebracht
haben. Für die kulturelle Entwicklung
Wiesbadens hat jedoch der Bau des Badhauses
noch andere Bedeutung. Wie die künstlerische
Leitung so lag auch die Ausführung fast ganz
in heimischen Händen und das Wiesbadener
Gewerbe, das sich noch auf der vor wenig Jahren
von ihm veranstalteten Ausstellung in so rück-
ständiger Bahn bewegte, hat hier gezeigt, was
es unter der richtigen Leitung zu leisten vermag.
Wiesbaden, das Weltbad, der Ruhesitz vermögen-
de!- Rentner, kann nie Fabrikstadt werden. Um
so mehr aber sind hier die Vorbedingungen für
die Existenz eines leistungfähigen Kunsthand-
werks gegeben; bereits aber hat die allgemeine
Entwicklung eine neue glänzende Konjunktur für
das von künstlerischem Geist befruchtete Hand-
werk heraufgeführt. Mit der wachsenden inneren

Kultur unseres Volkes hat die Schätzung der
Qualitätsarbeit überall zugenommen. Seit vielen
Jahrzehnten gänzlich erstorbene und verwahrloste
Zweige des künstlerischen Handwerks sind neu
erstanden. Während bis vor kurzem das Geld-
machen, gleichgültig ob mit guter oder schlechter
Ware, das einzige Ziel auch des Handwerkers
war, nachdem der kaufmännische Geist alle
anderen Instinkte bei ihm unterdrückt hatte, ist in
den letzten Jahren der Ehrgeiz, das Bedürfnis der
Selbstachtung im Handwerk-Stand wieder
erwacht und treibt ihn dazu nicht nur zu verdienen,
sondern auch eine möglichst gute, künstlerisch
einwandfreie Ware zu liefern und damit wieder
Befriedigung in seiner Arbeit zu finden. Da-
her steht zu hoffen, daß die künstlerische Schulung,
die weiten Kreisen des Wiesbadener Handwerks
durch den täglichen Umgang mit den entwerfen-
den Künstlern bei den Lieferungen für den um-
fangreichen baulichen Organismus des Bad-
hauses zu Teil wurde, auch für die Zukunft
reiche Früchte tragen werde. — w. v. G.

*

U ine Kritik der Sinne ist nötig, wenn die Kunst über-
haupt irgend wieder sich erholen, und in einem er-
freulichen Lebensschritt vorwärts gehen solle, goethe.

1918. VII. 8.
 
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