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Karlinger, Hans [Hrsg.]; Bayern / Staatsministerium des Innern für Kirchen- und Schul-Angelegenheiten [Hrsg.]
Kunstdenkmäler des Königreichs Bayern (3,1): Bezirksamt Ochsenfurt — München, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.26554#0171
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Ochsenfurt.

141

Geschoß rundbogige Klangarkaden mit Mitteisäulen, diese mit Würfelkapitellen.
Mauerbekrönung durch einen Zinnenkranz, der schon auf der Abbildung von 1623
(vgl. unten Rathaus S. 183) zu sehen ist. Achteckiger eingezogener Spitzhelm. Das
Mauerwerk des Turmes besteht aus Füllwerk mit doppelter Schale aus ziemlich
regelmäßigen Kalksteinquadern.
Das zweite, in der Tonne gewölbte Turmgeschoß diente ehedem als Archiv
der Stadt. (Nach Mitteilung des Herrn Kaplan Du. HEFNER.)
An den Strebepfeilern zu beiden
Seiten des Ostportals an der Nordseite
sind zwei eiserne Ellenstäbe ein-
gelassen. Länge 0,594 m. Darüber fin-
den sich die Umrisse zweier Flächen-
maße (angeblich Normalziegel) in den
Stein eingeritzt. Br. 0,50 m, H. 0,14 m.
(Ochsenfurter Maß wird urkundlich
1345 erwähnt. [WELLER, Hohenl. Ur-
kundenbuch II, Nr. 700.1)
Bau geschichtliche Ana-
lyse und Würdigung. Die Kirche
gehört im wesentlichen drei Bauperio-
den an. Der Turm zeigt einen auf-
fallenden Wechsel romanischer und
gotischer Formen. Während die rund-
bogigen Klangarkaden der beiden Ober-
geschosse noch ausgesprochen romani-
sches Gepräge tragen, erinnern die
Spitzbogen der Friese, die schmalen
Doppelfenster im dritten Geschoß und
die Maßwerkfenster im vierten Geschoß
schon an gotische Stilisierung. Es läßt
sich nicht ermitteln, ob dieses Neben-
einander verschiedener Stilformen auf
einen Wechsel in der Bauleitung zu-
rückzuführen ist, aber jedenfalls muß
angenommen werden, daß der Turm
in einer Zeit entstand, wo sich roma-
nische und gotische Bauweise kreuzten. Seine Erbauung ist demnach in die Über-
gangszeit zu setzen. Am nächstliegenden ist es, die Erbauung des Turmes mit
dem Kirchenbau, der vor 1288 stattfand (vgl. oben S. 134), in Zusammen-
hang zu bringen. Chor und Langhaus entsprechen dem Stil der entwickelten
Gotik, sie entstanden wohl in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Nach-
dem um und nach 1400 mehrere Altäre gestiftet wurden, liegt die Vermutung
nahe, daß der Bau um 1390 zu einem gewissen Abschluß gebracht war. Für die
Annahme, daß die Kirche Umbau einer basilikalen Anlage sei (DEHio, Handbuch
der Kunstdenkmäler I, S. 237), konnten keinerlei Anhaltspunkte festgestellt werden.
Im System des Aufbaues gehört sie zu jener Gruppe gotischer Anlagen, welche in die
Gattung der Hallenkirchen einzureihen sind, jedoch durch die Überhöhung des
Mittelschiffes noch an die Basilika erinnern. Diese Überhöhung ist allerdings nicht
 
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