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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 41.1925-1926

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Scharrer, Eduard: Carl Schwalbach
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https://doi.org/10.11588/diglit.14161#0066

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CARL SCHWALBACH

Als ich vor einem Jahrzehnt zum erstenmal
. vor Carl Schwalbachs Bildern gestanden,
war mein erster Eindruck ein negativer. Ich
wandte mich, denn ich fühlte mich abgestoßen.
Und dennoch, es war nicht wie bei so vielen Durch-
schnittserscheinungen, die man hoffnungslos ab-
lehnen muß. sondern es blieb der Wunsch, mich
mit der Technik und dem geistigen Ausdruck
dieses Malers in ihren Auswirkungen auseinan-
derzusetzen. Ich wandte mich zurück, wieder
stand ich vor den Bildern. Noch war mir nicht
klar, warum ich weiter vor solcher Eigenwillig-
keit verweilen sollte, aus der eine merkwürdige
Farbe, ein formal so sonderbares Profil fremd-
artig zu mir sprachen. Denn fremdartig war
die primäre YS irkung, wie von etwas ausgehend,
das man noch nie gesehen, aber dessen Erschei-
nen ein fernes Erinnern im Unterbewußtsein
wachrief. Also mußten in und hinter diesen Bil-

dern geistige Werte, seelische Erscheinungen
stecken, die in uns schlummern, aus denen sie
erst in die Linie, in die Farbe, ins Körperhafte
umgesetzt wurden. Es dauerte geraume Zeit,
bis ich neue \\ erke des Malers zu Gesicht be-
kam, aber unterdessen verdichteten sich die ge-
bliebenen Eindrücke, sie wandelten sich vom
ursprünglich Negativen ins fesselnde Positive,
namentlich, als ich eines Tages zufällig vor
Botticellis „Beweinung Christi" in der Münchner
Pinakothek stand. Hier und bei der Betrachtung
einer wertvollen Beproduktion seiner „Prima-
vera" fand ich, wenn auch äußerlich, den Schlüs-
sel zum Ursprung von Schwalbachs Schaffen:
die feine Gliederung der Fläche, die Kultur der
Linie, die, trotz auffallender Eigenpersönlich-
keit, gewisse formale Beziehungen zu dem großen
Italiener vermuten ließen. Hierzu gehört auch
die ideale Komposition der nicht nur sichtbar,

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