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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 41.1925-1926

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Weiss, Konrad: Der Maler und Graphiker Wilhelm Heise
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Neue Kunstliteratur
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https://doi.org/10.11588/diglit.14161#0296

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Staatliche Museen
zu Berlin

sprechungen. Das Element des Schattens, das
Gefühl für Holz, der Schein, der sich räumlich
sammelt und in Natur und Farbe Einhaltung
sucht, die beginnende Spannung in Gestalt und
bildlicher Atmosphäre, in diesem laugsamen
Zusammenbau ist nicht bloß die Summierung
von Teilen wirksam, wenn auch das Stilleben
dieser Art noch eine gewisse Rolle spielt, son-
dern die kompositiouelle Reimung und Entfal-
tung bewegt sich auf eine tiefere liest im mung
zu. Die Liebe zu den Spireeti, den Dahlien, dem
blühendenTürkenbund,einem moosigen Baum-
stumpf und anderem, erklärt auch das sinnhafte
Geschehen seiner Madonnenmotive. Die An-
schauung wird zur Erzählung für das Gesicht
und zur inhaltlichen Beseelung. Dieses erzäh-
lende Bedürfnis hat sich besonders in dem „To-
tentanz"-Bild von 19*21 genug getan, wo der
Gedanke ist, daß ein Geharnischter aus seinem
Lager in den Garten tritt mit sieben Blumen:
und da kommt ihm das Gesicht für sieben To-
desarten, die mit den sieben Blumen symbolisch
zusammengeschallt werden. Formal sprechen
der gebrochene Schein der Y isiou, das Natürliche
der vegetativen Ordnung und die geometrische
Brechung, noch mehr im ganzen das Almen
eines Gegensatzes von Formen und Kreaturen,
der Hindurchblick durch Außeres und Einblick
in Besinnungen. Solche einzelne Bindungendes
Blicks sind loser auch bei der „Sommermadon-
na" deutlich.

In solcher Bildkunst spezifisch deutscher Art
findet man sonst oft ein unbestimmtes, nicht
zeillich bedingtes, sondern loses, imitatorisches
und lyrisches Spielen dabei. Die Liebe aber zur
Natur, das Bedürfnis, sich die Schönheit der
Erde und eine geläuterte und damit klingende
Gestaltung und Figur bildlich zu erzählen, geht
hier aus einem Gegensatz innerhalb heuliger
Zeitstimmung hervor. Heise hat an dieser zeit-
lichen Schärfe sehr deutlich teil. Das Bild der
„Nächtlichen Stadt" (auch als Lithographie vor-
handen) gibt dem Einsiedlerischen heuligen Er-
lebens in dem dumpf episodisch Melodierenden
der zeitlichen Gesellschaft Ausdruck. Es ist
etwas Ahnliches in den nächtlichen Blumen-
stücken und in anderen Bildern geht das Bedürf-
nis gewissermaßen ausweichend oder gegenbe-
kennerisch in eine frühe oder exotisch blühende
Natur. Schließlich läßt sich auch die religiöse
Bilderwahl, wie das Pelrusbild, in diesen Stim-
mungsumkreis bringen. Das Dingliche der Na-
tur überhaupt steht damit im Zusammenhang

und anderseits auch die geometrische Fassung
eines Werkzeugs, einer Y ase, eines Instrumen-
tes, die Neigung für Blumen, für ein Tier, wie
etwa den Esel des hl. Joseph im Blumengarten,
Für den Blick eines Y\ assers und anderes. Aber
eben mit dieser Neigung und Hingabe ans Ein-
zelne eröffnen sich Lücken in den Räumen, die
den Blick weiter ziehen und die Struktur einer
Spannung bringen. Hier setzt dann auch eine
Notwendigkeit zu der neuen Aktivität an, die
von anderen Seiten heute bewegt wird.
So mochte es bei einem noch jungen Künstler
wie Heise, der auf den ersten Blick zu den
Abseitigen und im einzelnen unverbindlichen
Künstlern zu gehören scheint, reizen, gerade
vom Zusammenhang mit der Gegenwart zu
sprechen, indem man die Formen in Herkunft
und Fortgang ansieht, und damit ein Kapitel
junger Kunst zu berühren. Konrad Weiß

NEUE KUNSTLITERATUR

Die Hamburger Meister der guten alten
Zeit. Von Professor Dr. Gustav Pauli. Hvperion-
verlag, München.

Trotz einiger wohl mehr aus Vorsicht als aus
Zweifel an dem sicher nicht geringen Wert des
Gegenstandes dieser Hamburger Malerei genähr-
ter, aber immer liebevoller Skepsis im Urteil,
das manchmal, ohne Gefahr unkritisch zu er-
scheinen, noch wärmer und entschiedener zu-
stimmend ausfallen durfte, ist Paulis vorzüglich
ausgestattetes Buch von besonderem menschlich-
schriftstellerischem Reiz nicht nur, sondern eine
höchst wertvolle kunstgeschichtliche Monogra-
phie über ein noch immer zu wenig beachte-
tes Thema deutscher Malkunst um die Wende
des 18. und zu Beginn des ig. Jahrhunderts. Seit
Lichtwarks zahlreichen Einzelstudien über die
von ihm wieder entdeckten Meister drängte sich
eine historisch gründlich fundierte, zusammen-
fassende Darstellung auf. Pauli gibt auf geistes-
und kulturgeschichtlichem Hintergrund eine
von genauester Kenntnis und von vertrautem
Umgang der Bilder zeugende Geschichte ham-
burgischer Kunstentwicklung von Balthasar Den-
ner bis Hermann Kauffmann. Denn es gab
eine solche in dieser Bürgerstadt trotz Höfen und
Akademien, fhre zeitweise stark von einzelnen
Persönlichkeiten bestimmte Erscheinung zwang
die Darstellung zu einigen in sich abgeschlosse-
nen Biographien, von denen die über Runge bei
aller scharf abwägenden Richtigkeit der Bewer-
tung etwas überbetont objektiv, die über Was-
mann nicht so warmherzig teilnehmend wie das
kleine Heftchen der Galerieführer, die über Otto

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