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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 41.1925-1926

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Werner, Bruno E.: Zum Altersstil Corinths
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https://doi.org/10.11588/diglit.14161#0274

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LOVIS CORIiSth

DIE RATSHERREN VON TAPIAü. 191-/18

Besit7.er: Magistrat, Tapiau

lusionen und plastische Darstellung. Der Raum
spricht aus dem Dargestellten. Er selbst bleibt
ungemalt. Wie es sich bei Rembrandt nicht um
Beleuchtungseffekte handelte, so gilt es hier die
Sichtbarmachung einer metaphysischen Tiefe,
die Gestaltung einer schicksalhaften Raumge-
walt.

Bei Corinth spukt hier Angst. Es ist ein nor-
disches Empfinden. Die Formen dehnen sich und
scheinen den Raum zu zersprengen. Das Lebe-
wesen fühlt sich gejagt und umdrängt von den
riesenhaften Horizonten, von dem grauen Ge-
wolk, von der Monotonie der Ebene. Diese
Gewalten werden immer übermächtiger. Die
starke Sinnenfreude an der Materie wird am
Ende gar vernichtet. Der dionysische Rausch

an all den strotzenden Weibern, den blutenden
Eeichnamen der Tiere, der kochenden Vege-
tation geht auf in einem bräunlichen Eicht. Es
ist die Summe dieser Farbgewitter und das letzte
Wunder der Mysterien: der Tod.
Er ist es, der schon lebte in der kerngesunden
F!and,diedieBrust desModells zusammenpreßte,
der den geöffneten Mund der „Donna gravida"
umspielte, der in all diesem animalischen Dasein
mitgemalt war und der nun in seiner gigantischen
Kraft im letzten Selbstporträt unverhül't her-
vortritt. Dieser Begleiter unseres menschlichen
Daseins ist aus Corinths Malerei nicht fortzu-
denken. Denn das Werk dieses Malers ist eine
Auseinandersetzung mit dem Tod.

Bruno E. Werner

Die Kunst für Alle. XXXX1.

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