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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 19.1921

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Heft 6
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4746#0234

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und Pflanzenarrangements und die Tierbilder wie von fort-
laufenden dekorativen Geweben ziemlich willkürlich ab-
getrennt. Eine solche Verkunstgewerblichung Cezannes ist
peinlich. Denn es kann nicht ohne eine Brutalisierung ab-
gehen, die letzten Endes zugleich eine Versüßlichung ist.

Seewalds Talent hat sympathische Züge trotzdem. Vor
allem ist ihm zweifellos Geschlossenheit und Einheitlichkeit
eigen. Auch spürt man eine wohltuende handwerkliche
Sauberkeit. Nur weiß Seewald offenbar garnicht, über welche
Tiefen er fröhlich dahinwandelt. Vor einigen Jahrzehnten
gab es in München begabte Dekorationsmaler, die Fassaden
bemalten und Wände dekorierten : sie waren der Anlage
nach nicht schlechter als Secwald, obwohl sie deutsche
Renaissance verzapften. Dieses nur zur rechtzeitigen Richtig-
stellung. Den Tatbestand hat Aug. L. Mayer an dieser
Stelle schon vor zwei Jahren, gelegentlich einer Besprechung
der Sommerausstellung der Neuen Münchner Sezession,
festgestellt. Er sagte damals, „daß eine ganze Reihe von
Künstlern auf dem besten Wege sind, zu jener Münchner
Geschmackskunst zurückzukehren, expressionistischeVarianten
jener Münchner Kunst zu schaffen, die nicht zur tiefsten
und edelsten deutschen Kunst gehört".

«

Kirchner-Au sst eilung im Kro n prinzenpalais. Die
Veranstaltung ist im allgemeinen gut geglückt. Die zu-
sammengeliehenen Bilder stammen zwar alle ungefähr aus
derselben Periode, doch veranschaulichen sie die Begabung
und die Eigenart des Künstlers nicht übel; und der Eindruck
wird vertieft, weil das Kupferstichkabinett aus seinem Be-
stand Kirchnerscher Graphik das Wesentliche hergegeben
hat. Uber den Künstler braucht bei dieser Gelegenheit aus-
führlich nicht gesprochen zu werden; was ich darüber zu
sagen habe, steht in meinem Aufsatz, der im achtzehnten
Jahrgang (Seite 217—228) abgedruckt worden ist. Der
Haupteindruck in dieser Sonderausstellung war, daß Kirchners
Malerei eine Geschmackskunst von hohem Niveau mit ge-
legentlichen (man könnte auch sagen: mit einigen grund-
sätzlichen) Geschmackslosigkeiten ist. Besonders hinreißend
wirkte die einschmeichelnde, elegante Koloristik. Das Talent
bewegt sich mit eckiger Anmut zwischen Münch und Pascin,
zwischen Tempelweihrauch • und Boulevardparfüm. Wie
sehr es dekorativ betont, spürt man auch hier — wie bei
Seewald — daran, daß mehrere Bilder so im Beieinander
stärker wirken als ein einzelnes Bild. Auch hier hat das
einzelne Werk nicht genug Fülle, es ist keine Welt für
sich. Im Zug des Ganzen aber ist etwas im Augenblick
Berauschendes. Wer nicht viel vertragen kann, wird davon
trunken ■—■ und redet dann trunkenen Muts von neuen,
niegesehenen Offenbarungen. K. Sch.

DÜSSELDORF

Ausstellung von Werken alter Meister aus
Düsseldorfer Privatbesitz.

Für den, der die Geschichte der Düsseldorfer Malerei
im neunzehnten Jahrhundert kennt, ist es nicht verwunder-
lich, daß Düsseldorfer Sammler, die in den Räumen des
Kunstvereins für die Rheinlande und Westfalen die besten

Stücke ihres Besitzes zeigen (nur Malerei), besondere Sorg-
falt auf die Erwerbung holländischer und flämischer Stil-
leben-Meister des siebzehnten Jahrhunderts gelegt haben.
Was bei diesen, als den Ahnen der Düsseldorfer Maler-
schule, vor allem zu finden ist: die feine Abgestimmtheit
weicher Farbenklänge — das nacheifernd zu erreichen,
haben sich die Enkel in erster Linie angelegen sein lassen.
Eine freundnachbarliche Verwandtschaft im malerischen
Sehen, wenn auch auf anderer geistiger Grundlage. Hier
wie dort hohe Malkultur, nur in der Nuance verschieden.
Und eben die Nuance ist es wieder, die aus der gleichen
künstlerischen Anschauung (die, das soll nicht geleugnet
werden, hier wie dort auf die Dauer etwas Ermüden-
des hat) das Qualitätswerk höchsten Ranges heraushebt.
Ein solches Werk wird in dem „Frühstückstisch mit
Römer, Sektglas, Austern, Semmel und Früchten" des
Abraham Hendricksz van Beijeren gezeigt; dem in mehr
oder minder großem Abstände Stilleben von Heda, Heem,
Jan Fyt, Kalff, Adriaen de Greyff und anderen folgen. Das
schöne „Geschlachtete Schwein" des Nicolas Maes aus der
Sammlung Oeder ist bekannt. Merkwürdig unsicher wirkt
eine späte Variante des „Satyr beim Bauern" von Jakob
Jordaens, dessen Meister Rubens mit einer kleinen Ölskizze
„Papst Gregor der Große", ganz in hellen silbrigen und
goldenen Tönen gehalten, leidlich genial vertreten ist.

Was außerhalb dieser sehr eindringlichen Schau aus der
vielleicht köstlichsten Epoche der Malerei vorhanden ist,
wirkt nicht so einheitlich geschlossen, weder die Zusammen-
stellung von deutschen und italienischen Primitiven, noch
die der italienischen Meister der Hochrenaissance und des
Barock; ganz zu schweigen vom achtzehnten Jahrhundert.
Das Interesse knüpft sich an einzelne Werke.

Ein bislang noch unbekanntes Kleinod — nicht allein
der Ausstellung — ist das „Brustbildnis eines reich ge-
kleideten jungen Mädchens mit roter Nelke in der rechten
Hand", wahrscheinlich ein früher Bartel Bruyn d. Ä., nach
anderen dem Joos van Cleve zuschreibbar. Die Spezialisten
werden sich mit diesem Werkchen zu befassen haben. Des-
gleichen mit zwei Tafeln (die Apostel Stephanus und
Matthias) eines sonst unbekannten Altarwerkes, die von
der Hand des in Köln tätigen Anton Woensam (von Worms)
herrühren sollen.

Ein Italiener vom Ende des fünfzehnten Jahrhunderts,
die Lunette: „Klage um Christus" ist auf Benvenuto di Gio-
vanni getauft; auch hier steht die letzte Entscheidung
noch aus.

Zwei größere Repräsentationsstücke von Palma und
Abraham van Diepenbeeck bleiben nicht haften.

Tintorettos „Bildnis eines venetianischen Senators oder
Dogen" (Kniestück) wirkt durch die Souveränität der Dar-
stellung. Das prachtvolle Rot des Mantels entzückt immer
wieder. Und das frech und famos heruntergestrichene Selbst-
bildnis des Giacomo Francesco Cipper, genannt Todes-
chini, erinnert stark an Frühwerke von Velasquez. — Der
Visionär Magnasco, sonst in düsteren schweren Farben
schwelgend, zeigt einmal in einer „Kreuzigungsszene" und
einem „Seesturm" hellere Farben seiner Palette, und zwar
nicht minder wirkungsvoll und virtuos.

Manchem Besucher eine willkommene Beigabe sind viel-

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