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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 19.1921

DOI issue:
Heft 7
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Scheffler, Karl: Bilanzverschleierung
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https://doi.org/10.11588/diglit.4746#0257

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Wahrheit um höchste Vertreter des modernen
Intellektualismus handelt, um ein modernes Alexan-
drinertum, um einen literarischen Universalismus,
um den etwas voreiligen Ehrgeiz Weltkunstge-
schichte, Weltkulturgeschichte zu machen, bevor
die Forschung weit genug vorgeschritten ist, und
der letzten Endes entsagend ist, abschließend, nicht
grundlegend. Psychologisch ist Worringers Schluß-
folgerung zu verstehen, es ist Selbsterhaltungstrieb
darin; doch kann man nicht den Wunsch unter-
drücken, er möchte den harten Konsequenzen nicht
am Schluß ausgewichen sein. Er hätte bedeutender
gewirkt, wenn er schlicht gesagt hätte: wir haben
uns geirrt, und haben es vor allem darin getan,
mag noch so Triftiges zur Rechtfertigung ange-
führt werden, weil wir uns zu viel um das All-
gemeine und zu wenig um das Besondere küm-
merten, weil wir trotz aller unserer tiefgründigen

HONORE DAUMIER, PLAZIERENDER ADVOKAT. ZEICHNUNG

HAMBURG, KUNSTHALLE

Reden, zu wenig von dem verstanden und ver-
stehen, was dem Kunstwerk Wert verleiht. Wir
wollen das schöngeistige Operieren mit Worten,
die „in Purpur und Ultramarin waten", nun auf-
geben, wollen ernsthafte Berufsarbeit leisten und
gelassen abwarten, bis ein neuer Lebensstil von
selbst entsteht, wir wollen einmal alle Vollkommen-
heitsromantik beiseite lassen und das Wort Kultur
möglichst nicht in den Mund nehmen.

Worringer zitiert zur Rechtfertigung der Seinen
Hebbels bekannten Ausspruch: „Der Philister hat
sehr oft in der Sache recht, nie in den Gründen".
Nur zieht er den falschen Schluß daraus. Es ist
ebenso nachteilig nur in den Gründen und nicht in
der Sache, wie nur in der Sache und nicht in den
Gründen Recht zu haben. Worauf es ankommt,
ist, in den Gründen und in der Sache Recht zu
haben. Oder wenigstens dieses „Recht" zu erstreben.

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