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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 19.1921

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Heft 7
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4746#0277

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„Metamorphosen", „Blüten, die mit uns wandern", „Prismen-
saal", „Streifengala", „Saal der schönen Frauen" usw. —
Daß man in dieser feierlich gezierten Stimmung eines so-
zusagen pathetisch kultivierten Kokottentums geatmet hat —,
daß man sich mit einer Welt beschäftigt hat, in der alles
unecht erscheint, sogar das Argument, dieses sei zum Wohle
unserer Wirtschaft, unseres Kunstgewerbes und unserer Kunst
nötig.

Die Ausstellung wird hier besprochen wegen der eben
erwähnten Bilder. Die Maler haben sich gefreut, einmal
wieder schöne Stoffe vor Augen zu haben und sind wohl
darum vor allem der Aufforderung gefolgt. Das ist ver-
ständlich. Weniger verständlich ist es, daß sie beim Arbeiten
nicht das Schiefe des Unternehmens eingesehen haben. Was
sie zustande gebracht haben sind nicht Modenbilder, nicht
Damenbildnisse und auch nicht unbefangene Darstellungen
figürlicher Erscheinungen im Raum, sondern Mischungen
von alledem. Unkünstlerische Mischungen. In diesen Aus-
stellungsräumen wirken die Bilder, als wolle man Blumen-
stilleben in einen Blumenladen, oder Landschaftsbilder in

die grüne Natur hängen. Die Gegenstände und die künstle-
rischen Abbilder davon sind zu nahe nebeneinander gerückt.
Der Ausstellungsgedanke, der Auftragsgedanke an sich ist
unkünstlerisch. Wenn Garvani Modenbilder zeichnete, wenn
Manet Damenhüte malte, so war das etwas ganz anderes.
Der Maler, der dank einer kühnen Unbekümmertheit und
sicheren Begabtheit die Schwierigkeiten am besten über-
wunden hat, ist Lovis Corinth. Die anderen Bilder er-
scheinen abgestuft vom nicht fertig Gewordenen bis zum
schlechthin Kitschigen, vom plakathaft Geistreichen bis zum
Stilexperiment, vom Angestrengten bis zum Lüderlichen.

Man verläßt den „Saal der schönen Frauen" mit dem
Wunsch, in Zukunft möchte die Akademie der Künste und
möchte der Verband der Deutschen Modenindustrie hübsch
für sich bleiben.

Ein Seitenkabinett ist von Cäsar Klein und Walter Reger
plastisch-malerisch als „Travestie auf Mode und Zeit" her-
gerichtet worden. Das war nicht nötig. Die ganze Aus-
stellung ist eine Travestie auf Mode und Zeit.

K. Sch.

NEUERE DEUTSCHE LITERATUR
ZUR INDISCHEN KUNST

VON

WILLIAM COHN

Indische Baukunst. Mit einem Vorwort von Paul
Westheim. Ernst Wasmuth A.-G. Berlin. Orbis Pictus
(Weltkunstbücherei) herausgegeben von Paul Westheim.
Band i, 16 S., 48 Tafeln.

Karl Döhring, Buddhistische Tempelanlagen
in Siam. Verlag Asien, Berlin 1916. Textband mit 356 S.
und 116 Abb., zwei Tafelbände.

Derselbe, Kunst und Kunstgewerbe in Siam.
Lackarbeiten in Schwarz und Gold. Julius Bard, Berlin.

Karl With, Java. Brahmanische, buddhistische und
eigenlebige Architektur und Plastik auf Java. Folkwang
Verlag, Hagen i. W., 1920. 165 Abb. u. 13 Grundrisse.

Dr. Georg Mahn, Der Tempel von Borobudur.
Eine buddhistische Studie. Max Altmann, Leipzig 1919.
92 S., 28 Tafeln.

Bruno Taut, Die Stadtkrone. Mit Beiträgen von
Paul Scheerbart, Erich Baron, Adolf Behne. Eugen Diede-
richs, Jena 1919. Mit 72 Illustrationen.

Es ist recht merkwürdig, daß man die indische Literatur
schon seit sehr langer Zeit in Europa aufs höchste
schätzt, daß man aber die bildende Kunst Indiens völlig
vernachlässigt, ja nicht selten verabscheut hat. Höchstens
als ethnologische Merkwürdigkeit und als Unterlage für re-
ligionsgeschichtliche Untersuchungen ließ man sie zu. Und
doch sind Literatur und Kunst in Indien wie überall Zweige
eines Baumes, Erzeugnisse eines Geistes. Deutlich ließe
sich das gleich gerichtete Wollen von Denken, Dichten und
Bilden in den verschiedenen Perioden der indischen Ent-
wicklung aufzeigen. Die Ursache dieses Widerspruches ist
die ungeheure Bedeutung, die im Westen die Antike — trotz

der Gotik — in allen künstlerischen Fragen für sich beansprucht.
Es gibt keinen größeren, weniger überbrückbaren Gegensatz,
als sie in ihrem idealisierten Wirklichkeitsstreben und in-
dische Kunst, die nur gleichsam notgedrungen sich der
menschlichen Formen bedient. Doch heute scheint sich,
gedrängt von dem gleichen Geiste, den gewisse neuere Be-
strebungen der Kunst erfüllt, ein Wandel vorzubereiten. Ja,
es sieht fast so aus, als ob indische Kunst geradezu „mo-
dern" werden sollte. In den Werken und Entwürfen jüngster
Architektur spuken allenthalben indische Motive. Es wäre
schade, wenn die tiefe innere Bereicherung und Aufrüttlung,
die uns westlichen Menschen indische und überhaupt ost-
asiatische Kunst gewähren könnte, zur oberflächlichen Spielerei
oder zur Farce werden sollte. Muß man es noch ausdrück-
lich betonen, daß es nur der Geist der östlichen Kunst und
Kultur in seinen feinsten Äußerungen sein darf, der in der
verzweifelten Lage des Augenblicks hier und da Halt und
Hilfe bieten könnte.

Westheims „Indische Baukunst" scheint allerdings in
aller Eile nur zusammengestellt zu sein, um einer Mode-
strömung zu huldigen. Ein Autor, der nie ein indisches
Bauwerk in der Tropensonne sich erheben sah, zeigt in-
dische Tempel, ein Schriftsteller, der seine ganze Kraft der
europäischen Gegenwart verschrieben hat, vermeint, den ge-
heimnisvollen Geist einer durch Heiligkeit und Tradition
gebundenen fremden Kunst spüren zu können. Das konnte
nicht gut ausgehen. Flüchtig zusammengesuchte Beispiele,
von schweren Versehen wimmelnde Unterschriften, ein
oft zum Widerspruch reizender Text. „Orbis Pictus"
heißt der gut gewählte Titel der Reihe, deren erster Band
das Büchlein ist. Man hätte nichts dagegen, wenn einem

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