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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 19.1921

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Heft 8
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Bode, Wilhelm: Botticellis Dante-Zeichnungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4746#0284

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SANDRO BOTTICELLI, ILLUSTRATION ZUR „GÖTTLICHEN KOMÖDIE"
PURGATORIO. AUSSCHNITT

Von diesen sind aber acht Gesänge in der Biblio-
thek des Vatikans wieder aufgefunden, und von
den jetzt fehlenden sieben Gesängen können wir
uns aus den Stichen in Landinos 1481 erschienenem
Kommentar zur „Göttlichen Komödie" wenigstens
einen ungefähren Begriff machen, da sie gleichfalls
auf Sandros Entwürfe zurückgehen. Freilich nicht,
wie man bis vor kurzem annahm, auf dieses große,
für Lorenzo di Pierfrancesco ausgeführte Werk, das
erst fast ein Jahrzehnt nach jenem Landinoschen
Kommentar in Arbeit war. Man nahm früher an,
die Stiche, die zu den frühesten Florentiner Kupfer-
stichen gehören, seien stark reduzierte, auf Grund
der großen Zeichnungen ausgeführte Arbeiten, deren
Mangelhaftigkeit man auf Rechnung des unge-
schickten Stechers setzte. Allein schon das Alter
des Lorenzo di Pierfrancesco, der 1464 geboren
wurde, läßt diese Annahme als ausgeschlossen er-
scheinen; denn er hätte dann die Zeichnungen,
die verschiedene Jahre vor der 1481 erschienenen

Ausgabe des Landinoschen Buches hätten begonnen
sein müssen, schon als Knabe in Auftrag geben
müssen. Auch wären die Stiche wohl schwerlich
nach unvollendeten, sehr abweichenden Zeich-
nungen, die zudem noch hatten illuminiert werden
sollen, ausgeführt worden. Zudem hätte Lorenzo
di Pierfrancesco, der doch etwas ganz Besonderes
in diesem Miniaturenkodex besitzen wollte, sicher
nicht die Erlaubnis gegeben, die Zeichnungen vor-
her durch Stiche für jedermann zugänglich zu
machen. Es kommt aber hinzu, daß der Charakter
der Zeichnungen ihre Entstehung meist in die letzte
Zeit des großen Lorenzo und die folgenden Jahre
verweist. Jene Stiche gehen also auf Vorlagen
von Sandro zurück, die etwa um ein Jahrzehnt,
bevor das große Zeichnungswerk begonnen wurde,
entstanden sind. Der Stecher hat die Vorlagen
des Künstlers stark gekürzt und mißhandelt; den-
noch haben sie neben ihrer Bedeutung als primi-
tive Stiche für uns das Interesse, daß wir daraus

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