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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 19.1921

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Heft 12
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Behrendt, Walter Curt: Schloss Sanssouci, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4746#0446

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andern in den ausgedehnten Parkanlagen verteilten
architektonischen und plastischen Zierstücken die
unmittelbare Kraft der dekorativen Wirkung, die
Keckheit und Originalität, der Geist und Witz der
Erfindung gegenüber, Eigenschaften, die zugleich
auch die besten und eigentlichen Tugenden eben
dieses verwilderten Rokoko bilden.

Als belebendes Element dieser ausgedehnten
Gärten aber war ein weitverzweigtes Netz von
Wasserkünsten gedacht, die als ein dekoratives Motiv
von höchstem Glanz, in steigenden und fallenden,
fließenden und ruhenden Formgebilden allenthalben
die Wirkung der Natur erhöhen sollten. Die an
Anekdoten reiche Geschichte des Fontänenbaues
von Sanssouci ist bekannt. Sie ist eine ununter-
brochene Kette vergeblicher Versuche, als deren
einzig greifbares Ergebnis heute allein noch jene
seltsame Architekturkulisse auf dem „Ruinenberg"
erhalten ist, die das große, zur Aufnahme des Fon-
tänenwassers dort angelegte Bassin umstellt: eine
zerfallene Tempelfront mit dem Halbrund eines
Amphitheaters als Hintergrund. Acht Jahre hin-
durch waren eine Reihe von „Fontainiers", oft aus
weiter Ferne hergeholt und gegen hohe Gehälter

in Dienst genommen, vergeblich bemüht, den
Plänen des Königs Wirklichkeit zu geben und den
verschiedenen Springwässern des Parks, seinen
Brunnen und Kaskaden, das belebende Element zu-
zuleiten. Ein einziges Mal nur hat der König für
kurze Zeit einen kleinen Erfolg der aufgewendeten
Mühen und Mittel erlebt, als am Karfreitag 1754
die Fontäne vor der Bildergalerie für Dreiviertel-
stunden einen Strahl von fünfzig Fuß Höhe ent-
sandte.

Die Tragikomödie dieses Fontänenbaues aber
umschließt ein Symbol. In ihr versinnbildlicht
sich der Kampf der genialen Persönlichkeit gegen
die Schwerfälligkeit und Beschränktheit seiner Zeit,
der Kampf des originellen Geistes gegen das Her-
gebrachte und Alltägliche, gegen das Konventio-
nelle und Regelmäßige, mit einem Wort, „der
Kampf des Rokoko mit dem Zopf". Es ist die
persönliche Leistung des großen Königs, dessen
ganzes Leben von diesem aufreibenden Kampf er-
füllt war, daß er ihn allenthalben siegreich be-
standen hat. Und Schloß Sanssouci stellt, trotz
des mißglückten Fontänenbaues, das reizendste
Denkmal dieses Sieges dar.

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