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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 22.1924

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Heft 4
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Tietze, Hans: Das Wiener Barockmuseum
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https://doi.org/10.11588/diglit.4654#0081

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gesammelt und katalogisiert — systematisch, er-
schöpfend, objektiv — und so zahllose Werke
aller Kunstkreise vor Untergang und Zerstreuung
gerettet und vertiefter Erkenntnis zugänglich ge-
macht; es hat — konservierend und aufstellend —
getrachtet, den Objekten ihre ästhetischen Werte
zu erhalten, aber nur tastend und in vereinzelten
Fällen an das Herausholen neuer Werte gedacht.
Jedes Museumsstück ist ästhetisch isoliert, auf sich
selbst gestellt, bestenfalls vermeidet die Umgebung
grobe Störungen. Diese Auflösung in zahlreiche
untereinander kaum zusammenhängende Einzel-
bestandteile macht das landläufige Museum so unbe-
friedigend; es zerstreut, statt zu sammeln, die Ein-
drücke, die es vermittelt, klingen nicht zu einer
starken einheitlichen Stimmung zusammen. Der

Ruf nach dieser Ganzheit liegt fast allen musealen
Reformplänen zugrunde; das Verlangen nach
Trennung von Schau- und Studienräumen, der
Wunsch nach Konzentrierung der höchsten Lei-
stungen an einer einzigen Stelle, die utopischen
Ideen über Schaffung von Nationalmuseen außer-
halb der aufreibenden Geschäftigkeit der großen
Städte — dem Festspielhausgedanken des Theaters
nachgebildet —, die Sehnsucht, den musealen Ge-
danken breit und mächtig im Sozialen zu ver-
ankern, all dies sind Ausdruck des gleichen Triebs
zum Ganzen, des gleichen Heimwehs, das ja auch
der ins Individuelle und Überindividuelle zerfaser-
ten modernen Kunst eine Stätte schaffen möchte,
dort wo ein Volk lebt und sich leben fühlt.
Viele Ansätze innerhalb der musealen Tätig-

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