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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 22.1924

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Heft 8
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4654#0246

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graphische Arbeiten von Georg Walter Rößner ausgestellt.
Diskretion und Delikatesse sind die hervorstechenden Eigen-
schaften des Rößnerschen Talents. Die dekorative Haltung
seiner Bilder ist immer irgendwie naturalistisch beseelt;
selbst seine Chinoiserien hängen noch lebendig mit Ein-
drücken zusammen. Die Eindrücke aber haben sozusagen
im Entstehen schon etwas Schmückendes. Man könnte
von Eleganz sprechen, wenn der Darstellung nicht alles
Parfümierte fehlte. Rößner ist ebenso geistreich geschickt
mit dem Pinsel, wenn er Kinder- und Damenbildnisse, Land-
schaften oder Improvisationen malt, wie mit der Radiernadel,
wenn er auf kleinem Raum reizende Buchillustrationen zeich-
net und mit Farbtupfen heiter illuminiert. Er ist in Deutsch-
land einer der anregendsten Vertreter dessen, was man den
dekorativen Impressionismus nennen kann.

Schwarz-weiß-Arbeiten von Kokoschka, im wesentlichen
Lithographien, waren bei Goldschmidt & Wallerstein zu
sehen. Kokoschka weiß zu frappieren; um seine Bildnis-
zeichnungen ist eine Atmosphäre, der man sich nicht ent-
ziehen kann. Es liegt nicht an der Kunst des Zeichnens,
denn die ist nicht eben groß; es liegt an einer gewissen In-
brunst der Darstellung des Seelischen. Es ist freilich ein
Aber dabei. Die dargestellten Menschen scheinen wie im
Extrakt gegeben zu sein. Nun kennt der Betrachter aber
zufällig vier oder fünf der Dargestellten. Und diese sind
alle so unähnlich geraten, daß sie nicht wiedererkannt wer-
den — unähnlich im unmittelbaren und im mittelbaren
Sinne. Sie sind nicht einmal entfernt ähnlich. Das ist
höchst bedenklich. Was bleibt, schmeckt zu sehr nach
Feuilletonwirkung. Es fehlt allen Arbeiten Kokoschkas an
Natur. Sie sind sehr talentvoll; das Talent ist aber, wie
es nicht sein soll. Unter den Zeichnungen war auch ein
neues Bild. Die Farbenorganisation ist stark, die Gesamt-
wirkung suggestiv; und doch stellt sich das Leben nicht ein.

Eine Ausstellung von plastischen Arbeiten Bellings war
im Kronprinzenpalais durchaus deplaciert. — Als „konstruk-
tivistische" Experimente sind einige Brunnenmodelle Bellings
ganz interessant. Doch ist es nicht ein künstlerisches Inter-
esse, was sie erregen. Das Prinzip dieses skelettierenden
Verfahrens ist, die Kunst der Plastik erst einmal zu reinigen,
sie auf Grundbegriffe zurückzuführen und einen neuen Aus-
gangspunkt zu finden. Dieses Prinzip ist ein pädagogisches,
nicht ein künstlerisches. Alles Pädagogische schließt das
Künstlerische aus. Was Voraussetzung sein sollte wird zum
Endzweck. Obwohl die reine Form gesucht wird, ist das,
was heraus kommt, nicht eine „erledigte Form". Bellings
konstruktive Formen sind in sich voller Widersprüche und
Halbheiten. Das ist auch kein Wunder, denn er ist von Natur
gar nicht eine konstruktive Natur; er ist ein verwegener
Artist in farbiger Skulptur und feiner Zierplastik, er ist ein
didaktisch denkender Dekorateur. Trotzdem er viel mit der
„unsichtbaren Spirale" arbeitet, obwohl man stets starre Kom-
positionsgrenzen spürt, wie bei großen Stilisten: innerhalb
der Grenzen, in der Spirale steckt immer nur etwas Orna-
mentales. Faßt man die Wirkung der Ausstellung zusammen,
so kann man sagen: Belling ist etwas wie ein Cäsar Klein
der Plastik. Eben darum wirkt die Ausstellung seiner archi-
tektonischen Arabesken im Kronprinzenpalais deplaciert.

K. Sch.

LEIPZIG

Die Firma C. G. Boerner kündigt für die dritte Maiwoche
eine Versteigerung an. Der Katalog nennt die Sammlung
des Geheimrats Prof. Ernst Ehlers in Göttingen, die von
Prof. Ernst Hasse zusammengebracht worden ist und frühe
italienische Kupferstiche enthält. Eine Sammlung von
Kupferstichen deutscher Meister enthält im wesentlichen
Dubletten öffentlicher Kupferstichsammlungen. Die fran-
zösischen und englischen Porträtstiche kommen aus der
Sammlung M. von Römer, Leipzig, und aus deutschem
fürstlichen Besitz. Der Katalog umfaßt mehr als 2000 Num-
mern. Im Anschluß werden österreichische Aquarelle aus
der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts versteigert, Blätter
von Rudolf von Alt, Fendi, Schindler u. a.

ZÜRIC H

Der Kunstsalon „Wolfsberg" bereitet für Mai-Juni eine
umfassende Aquarellausstellung deutscher Künstler vor.

MÜNCHEN

Das Bildarchiv des verstorbenen westfälischen Sammlers
und Galerieleiters Karl Ernst Osthaus, das viele wertvolle photo-
graphische Platten nach europäischer und ostasiatischer Archi-
tektur und Kunst enthält, ist von den Erben Osthaus zu
weiterem Ausbau dem Verlag Georg Müller in München
übertragen worden und wird unter der Mitarbeit namhafter
Gelehrter weitergeführt. Im Zusammenhang damit ist auch
der dem Archiv angegliederte, von Osthaus gegründete Folk-
wang-Verlag an den Verlag Georg Müller übergegangen.
Der Verlag kündigt das Erscheinen großer Publikationsserien
an, die im Programm von Karl Ernst Osthaus lagen.

In der Galerie Caspari ist ein sehr frühes Bild von Lovis
Corinth ausgestellt. Es ist hier abgebildet (Seite 229). Der
Ausgangspunkt Corinths wird in diesem Bild besonders deut-
lich; es ist sehr lehrreich, mit dem damaligen den heutigen
Corinth zu konfrontieren.

PRAG

Die verdienstvolle tschechische Künstlervereinigung „Ma-
nes" zeigt — nachdem eben eine hervorragende Ausstel-
lung von Graphik der klassischen Schule zu Barbizon ge-
schlossen wurde — deutsche Kunst der Gegenwart. Es
soll nicht eine zufällige Auswahl geboten werden, sondern
die Absicht zielte dahin, an bezeichnenden Beispielen einen
wahrhaft orientierenden Überblick zu entwickeln. Mit viel
Geschick und Talent unterzog sich die Dresdner Kunsthand-
lung Arnold dieser schwierigen Aufgabe. Es ist nicht ihre
Schuld, wenn das Unternehmen nicht völlig befriedigend
ausfiel. Schon die räumlichen Verhältnisse hemmen: nur
ein Oberlichtsaal und ein Kabinett stehen zur Verfügung.
Diese peinliche quantitative Beschränkung (die bloß 48 Bil-
der und einige Skulpturen zuließ) hätte höchste Qualität
der ausgestellten Werke zum Segen wandeln können. Aber
indem man nur verkäufliche Arbeiten heranzog, verzichtete
man auf die Meisterleistungen, die aus Museen oder Privat-
besitz hätten herangeholt werden müssen. Für die — mei-
nes Wissens — erste repräsentative Schau über deutsche
Kunst seit Kriegsbeginn in der Hauptstadt eines Entente-
staates hätte man die besten Trümpfe ausspielen sollen.
 
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