Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 22.1924
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https://doi.org/10.11588/diglit.4654#0320
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Heft 10
DOI Artikel:Kunstausstellungen
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ALFRED KUBIN, DER VERSCHMACHTENDE. FARBIGE ZEICHNUNG
AUSGESTELLT IN DER KUBIN-AUSSTELLUNG BEI FRITZ GURLITT
dann freilich inhaltslos. Dieser Materialmangel fällt jedoch
nicht der Ausstellungsleitung zur Last. Das Hauptverdienst
für die Verbesserung dieser auf ein kaum noch erträgliches
Niveau gesunkenen großen Berliner Kunstausstellung scheint
Hans Baluschek zu haben. —
Im April und Mai stellten die Galerie Goldschmidt und
Wallerstein Holzschnitte von Wilhelm Rudolf aus. Dar-
gestellt sind Straßen, Bahnstrecken, Flußläufe und vor allem
Tiere. In einer lebendigen und geistreichen Holzschnitt-
technik, die den Eindruck zu übersetzen und Bewegung
darzustellen versteht. Vergleicht man, so kommt die Art
Wilhelm Rudolfs am nächsten dem Stil, den Walter Klemm
vor einer Reihe von Jahren als Maler und Zeichner hatte.
Damit ist viel Gutes gesagt, es ist aber auch das Bedenken
damit ausgesprochen, daß Geschicklichkeit mit den Jahren
die Frische der Naturbeobachtung vergewaltigen kann, wenn
das künstlerische Erlebnis nicht immer wieder erneuert wird.
Bei Fritz Gurlitt war eine umfangreiche Ausstellung
von Zeichnungen und Aquarellen Alfred Kubins zu sehen.
Sie erneuerte den Respekt vor diesem Zeichner des Ge-
spenstischen, Romantischen und Abenteuerlichen. Bei dem,
was Kubin will, oder vielmehr bei dem, was er seiner
Natur nach muß, ist die Gefahr, die Natur aus den Augen
zu verlieren und der Willkür zu verfallen so groß, daß man
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AUSGESTELLT IN DER KUBIN-AUSSTELLUNG BEI FRITZ GURLITT
dann freilich inhaltslos. Dieser Materialmangel fällt jedoch
nicht der Ausstellungsleitung zur Last. Das Hauptverdienst
für die Verbesserung dieser auf ein kaum noch erträgliches
Niveau gesunkenen großen Berliner Kunstausstellung scheint
Hans Baluschek zu haben. —
Im April und Mai stellten die Galerie Goldschmidt und
Wallerstein Holzschnitte von Wilhelm Rudolf aus. Dar-
gestellt sind Straßen, Bahnstrecken, Flußläufe und vor allem
Tiere. In einer lebendigen und geistreichen Holzschnitt-
technik, die den Eindruck zu übersetzen und Bewegung
darzustellen versteht. Vergleicht man, so kommt die Art
Wilhelm Rudolfs am nächsten dem Stil, den Walter Klemm
vor einer Reihe von Jahren als Maler und Zeichner hatte.
Damit ist viel Gutes gesagt, es ist aber auch das Bedenken
damit ausgesprochen, daß Geschicklichkeit mit den Jahren
die Frische der Naturbeobachtung vergewaltigen kann, wenn
das künstlerische Erlebnis nicht immer wieder erneuert wird.
Bei Fritz Gurlitt war eine umfangreiche Ausstellung
von Zeichnungen und Aquarellen Alfred Kubins zu sehen.
Sie erneuerte den Respekt vor diesem Zeichner des Ge-
spenstischen, Romantischen und Abenteuerlichen. Bei dem,
was Kubin will, oder vielmehr bei dem, was er seiner
Natur nach muß, ist die Gefahr, die Natur aus den Augen
zu verlieren und der Willkür zu verfallen so groß, daß man
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