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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 22.1924

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Heft 11
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Waldmann, Emil: Bilderpreise aus der Geschichte der National-Gallery in London
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https://doi.org/10.11588/diglit.4654#0354

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zusammen iooooo Mark, Lottos Protonotar Giuliano
für i200oMark, und ein schönes Frauenbildnis von
Frans Hals für die geringe Summe von 2100 Mark
(im Jahre 1876), Velasquez' Philipp IV. in ganzer
Figur für 126000 Mark. Ferner aus der Blen-
heim-Sammlung Raffaels Madonna Ansidei für
1400000 Mark und van Dycks Karl den Ersten
für 350000 Mark, Tintorettos Milchstraße für
25000 Mark, Hogarths Crevetten-Mädchen für
5200 Mark, das Gruppenbildnis seiner Dienstboten
für 5240 Mark und Vermeers „Dame am Spinett"
für 48000 Mark. Kurz vor seinem Rücktritt kaufte
er noch ein Terborch-Bildnis für 1500 Mark und
Rembrandts „Christus vor Pilatus" für 500 Mark
— diese beiden Bilder aus dem Nachlaß Eastlakes,
der verfügt hatte, die Bilder sollten der National-
Gallery gegen Erstattung seines Einstandspreises zu-
fallen. Auch den englischen Landschaftern wandte
Burton seine Aufmerksamkeit zu: Cromes Slate
Quarries kostete 10000Mark, Gainsboroughs„Wald-
szene" 24000 und Cromes Windmühle 4600 Mark.

Nach Burtons Tode wurde mit der Selbstän-
digkeit des Direktors durch einen Erlaß Lord
Roseberys ein Ende gemacht. Die Kommission
erhielt wieder weitgehende Autorität. Dies, und
zugleich auch das Auftauchen neuer Konkurrenz,
besonders Bodes, aber auch der Amerikaner, ist
wohl die Ursache, daß das Tempo und das Glück
für die National-Gallery ein wenig nachließen. Der
neue Direktor, Sir Edward Poynter, war nicht so
frei in seinen Entschließungen, und so gehören die
wirklich großen Käufe jetzt zu den Ausnahmen.
Auch waren, eben wegen der Konkurrenz, die
Bilder teuergeworden. Als Mantegnas,,Gethsemane",
Antonellos Hieronymus und Pisanellos Legenden von
Hubertus und Eligius zusammen für 180000 Mark
erworben wurden, kritisierte man diese Geldver-
schwendung scharf und bemängelte, daß derweilen
ein Meisterwerk nach dem andern aus England weg-
gekauft würde. Die Anspielung galt Rembrandts
Ansloo, den Bode aus der Ashburnam-Sammlung
erwarb. Und obgleich die Galerie sehr schöne

Rembrandts besaß und Sir Poynter sehr vorteilhaft
die Rembrandts der Sammlung Saumarez erwarb,
darunter das Bildnis einer alten Frau, schien dieser
Verlust sehr schmerzlich. Kunstwerke in England
sollten in England bleiben.

Gerade als die amerikanische und Berliner Ge-
fahr besonders drohend wurde, war die National-
Gallery ohne Direktor. 1904 war Sir Poynter zu-
rückgetreten, und 1905 sollte die Venus des Velas-
quez aus der Sammlung Rokeby verkauft werden.
900000 Mark sollte sie kosten. Der im Jahre 1904
gegründete „National Art Collections Fund" spannte
alle Mittel an, und die Summe kam zusammen.
Als dann während der Direktion von Sir Charles
Holroyd das Bildnis der Herzogin Christina von
Mailand von Holbein frei wurde, erfolgte ein zwei-
ter Appell an die Nation. Die Regierung bewilligte
200000 Mark. Der Rest von 800000 Mark war
nicht aufzubringen. Da stiftete in letzter Stunde
eine anonyme Kunstfreundin die 40000 noch feh-
lenden Pfunde, und das Millionenbild konnte für
England erhalten werden. Neben dem Doppel-
bildnis der beiden Gesandten von Holbein, das
Poynter zusammen mit einem sogenannten Velasquez
(Admiral Pulido Pareja) und einem Männerbildnis
von Moroni für zusammen 1 iooooo Mark aus Long-
ford Castle gekauft hatte, repräsentiert es die Kunst
Holbeins viel besser als die aller anderen Altdeutschen.

Wie teuer die Erwerbungen der letzten Jahre
waren, Masaccios Madonna, Breugels „Anbetung
der Könige" und das Bildnis Mr. de Norvins von
Ingres, das 1918 angekauft wurde, wird in Holmes
Bericht, wohl wegen der Aktualität der Preise, nicht
gesagt. Auch die Preise für die Erwerbungen fran-
zösischer Impressionisten, wie Manet, Renoir und
Degas, die neuerdings für die Täte Gallery und
für das von Duveen gestiftete Museum ausländi-
scher Kunst angeschafft wurden, werden nicht ge-
nannt. Da Mr. Samuel Courtauld ein Kapital von
1000000 Mark für moderne französische Malerei
gestiftet hat, brauchen die Engländer an den Fran-
zosen nicht zu sparen.

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