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zone (Abb. 2)1) „eine gute Arbeit griechisch-römischer Kunst“2), die aus Kyrene stammt
und sich jetzt im Britischen Museum befindet. Ein länglicher Schieber, vermutlich aus
Metall, hält das Gewand zwischen den ganz entblößten Brüsten zusammen. Ferner ist die
unten besprochene Statuette der Diana Abnoba zu vergleichen (Abb. 5), die ähnlich
gekleidet ist. Nur ist bei jener dieser obere Gewandteil breiter gelassen, die Falten zeigen,
wie das Gewand auch hier zwischen den nackten Brüsten zusammengezogen ist. Dem
Steinmetz aber war der Sachverhalt nicht mehr klar; er hat den Schieber sinnlos durch
einen Knopf ersetzt. Am Hals ist sie nicht entblößt, vielmehr ist das Gewand bis oben
hin geschlossen.
Der Mantel, den die Trierer Statuette trägt, wird vom Winde hinter ihrem Haupte
gebläht. Sie trägt Jagdstiefel mit lang herabhängenden Laschen und im Haar ein Diadem.
Rechts von ihr sitzt der zu ihr auf blickende Jagdhund,
links ein unverhältnismäßig groß dargestellter Hase,
der an einem Apfel nagt. Der Sockel zeigt an der
Vorderseite noch die schrägen Schnitte der Steinsäge,
die nicht weggeglättet sind. In Anbetracht der sonst
sorgfältigen Arbeit darf man vermuten, daß eine
kräftige Schicht Stuck dies verdeckte und darauf die
Weihinschrift aufgemalt war.
Auch die Rückseite der Figuren ist ausge-
arbeitet, wenn auch etwas summarischer behandelt
als die Vorderansicht. Man sieht die Linien des
Haares unter dem Diadem, den breiten Bausch des
geblähten Mantels, darunter einen abgeschnittenen
Baumstamm, der die Figur stützt, und rechts und
links einige kräftige Falten des flatternden Mantels,
darunter die Hinterteile von Hund und Hase. Bei dem
letzteren ist das kleine Schwänzchen angedeutet.
Die Arbeit ist etwas derb und kräftig, in ein-
zelnen Verhältnissen mißraten, aber im ganzen für
provinziale Arbeit nicht unerfreulich, nach Material
und Stil sicherlich noch ein Erzeugnis des 1. Jahr-
hunderts.
Das Ganze, Diana in ruhiger Stellung,
den Bogen in der Linken haltend und mit der
Rechten einen Pfeil aus dem Köcher ziehend,
mit dem Hunde neben sich, ist ein bekannter
statuarischer Typus. Was diese Statuette aber
vom Gewöhnlichen unterscheidet, ist die Ent-
blößung der Brüste und das Auftreten des Hasen als Begleittieres der Göttin, der
sich hier ja schon durch sein falsches Größenverhältnis als eine provinziale Zutat
zu dem gegebenen Typus verrät. Beide Besonderheiten sind gelegentlich schon
öfter beobachtet, es wird aber nicht ohne Nutzen sein, ihr Vorkommen einmal
zusammenzustellen und die sich daraus ergebenden Schlüsse zu ziehen. Wir
haben keine rein römische Diana vor uns, sondern unter ihrem Bilde ver-
birgt sich eine einheimische Göttin, deren Wesen sich keineswegs vollständig
mit dem der Diana deckt, deren Erscheinung deshalb in einem nicht un-
wesentlichen Zuge anders gebildet werden mußte. Die Entblößung der Brüste
möchte ich als einen Hinweis auf die mütterliche Fruchtbarkeit deuten. In
dem gleichen Sinne ist die Zufügung des Hasen, eines bekannten Symboles
der Fruchtbarkeit, aufzufassen, der hier ganz ersichtlich nicht als Jagdbeute,
sondern als Begleittier dargestellt ist. Die dargestellte gallische Göttin ist
Abb. 2. Statuette der Nymphe
Kyrene, nach Smith and Porcher,
Discoveries. 1 : 6.
’) Smith u. Porcher, Discuveris at Cyrene, Taf. 67, dazu S. 94. Körber, Mainzer Zeitschr. I,
S. 58 hat bei der Diana auf der Juppitersäule zuerst auf diese Statuette verwiesen.
2) So urteilt A. S. Murray bei Studniczka, Kyrene S. 171, wo Fig. 37 die Statuette
wiedergibt.
zone (Abb. 2)1) „eine gute Arbeit griechisch-römischer Kunst“2), die aus Kyrene stammt
und sich jetzt im Britischen Museum befindet. Ein länglicher Schieber, vermutlich aus
Metall, hält das Gewand zwischen den ganz entblößten Brüsten zusammen. Ferner ist die
unten besprochene Statuette der Diana Abnoba zu vergleichen (Abb. 5), die ähnlich
gekleidet ist. Nur ist bei jener dieser obere Gewandteil breiter gelassen, die Falten zeigen,
wie das Gewand auch hier zwischen den nackten Brüsten zusammengezogen ist. Dem
Steinmetz aber war der Sachverhalt nicht mehr klar; er hat den Schieber sinnlos durch
einen Knopf ersetzt. Am Hals ist sie nicht entblößt, vielmehr ist das Gewand bis oben
hin geschlossen.
Der Mantel, den die Trierer Statuette trägt, wird vom Winde hinter ihrem Haupte
gebläht. Sie trägt Jagdstiefel mit lang herabhängenden Laschen und im Haar ein Diadem.
Rechts von ihr sitzt der zu ihr auf blickende Jagdhund,
links ein unverhältnismäßig groß dargestellter Hase,
der an einem Apfel nagt. Der Sockel zeigt an der
Vorderseite noch die schrägen Schnitte der Steinsäge,
die nicht weggeglättet sind. In Anbetracht der sonst
sorgfältigen Arbeit darf man vermuten, daß eine
kräftige Schicht Stuck dies verdeckte und darauf die
Weihinschrift aufgemalt war.
Auch die Rückseite der Figuren ist ausge-
arbeitet, wenn auch etwas summarischer behandelt
als die Vorderansicht. Man sieht die Linien des
Haares unter dem Diadem, den breiten Bausch des
geblähten Mantels, darunter einen abgeschnittenen
Baumstamm, der die Figur stützt, und rechts und
links einige kräftige Falten des flatternden Mantels,
darunter die Hinterteile von Hund und Hase. Bei dem
letzteren ist das kleine Schwänzchen angedeutet.
Die Arbeit ist etwas derb und kräftig, in ein-
zelnen Verhältnissen mißraten, aber im ganzen für
provinziale Arbeit nicht unerfreulich, nach Material
und Stil sicherlich noch ein Erzeugnis des 1. Jahr-
hunderts.
Das Ganze, Diana in ruhiger Stellung,
den Bogen in der Linken haltend und mit der
Rechten einen Pfeil aus dem Köcher ziehend,
mit dem Hunde neben sich, ist ein bekannter
statuarischer Typus. Was diese Statuette aber
vom Gewöhnlichen unterscheidet, ist die Ent-
blößung der Brüste und das Auftreten des Hasen als Begleittieres der Göttin, der
sich hier ja schon durch sein falsches Größenverhältnis als eine provinziale Zutat
zu dem gegebenen Typus verrät. Beide Besonderheiten sind gelegentlich schon
öfter beobachtet, es wird aber nicht ohne Nutzen sein, ihr Vorkommen einmal
zusammenzustellen und die sich daraus ergebenden Schlüsse zu ziehen. Wir
haben keine rein römische Diana vor uns, sondern unter ihrem Bilde ver-
birgt sich eine einheimische Göttin, deren Wesen sich keineswegs vollständig
mit dem der Diana deckt, deren Erscheinung deshalb in einem nicht un-
wesentlichen Zuge anders gebildet werden mußte. Die Entblößung der Brüste
möchte ich als einen Hinweis auf die mütterliche Fruchtbarkeit deuten. In
dem gleichen Sinne ist die Zufügung des Hasen, eines bekannten Symboles
der Fruchtbarkeit, aufzufassen, der hier ganz ersichtlich nicht als Jagdbeute,
sondern als Begleittier dargestellt ist. Die dargestellte gallische Göttin ist
Abb. 2. Statuette der Nymphe
Kyrene, nach Smith and Porcher,
Discoveries. 1 : 6.
’) Smith u. Porcher, Discuveris at Cyrene, Taf. 67, dazu S. 94. Körber, Mainzer Zeitschr. I,
S. 58 hat bei der Diana auf der Juppitersäule zuerst auf diese Statuette verwiesen.
2) So urteilt A. S. Murray bei Studniczka, Kyrene S. 171, wo Fig. 37 die Statuette
wiedergibt.