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Deutsches Archäologisches Institut / Römisch-Germanische Kommission [Hrsg.]
Korrespondenzblatt der Römisch-Germanischen Kommission des Archaeologischen Instituts — 1.1917

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Heft 1 (Januar/Februar 1917)
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Wolff, Georg: Eine neolithische Hüttengrube mit Pfostenlöchern und Brandgrab am Frauenberg bei Marburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.24883#0038

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abhob, zu erkennen. Die Form der schräg nach dem Inneren der Hütten
gerichteten Pfostenlöcher nötigte zu der Annahme, daß sie von Sparrenbalken
herrührten, die bei den größeren Hüttengruben vom Boden aus zu einem
über der Längenachse liegenden Firstbalken führten. Das Vorhandensein
senkrechter Wände zwischen Boden und Dach war ausgeschlossen. Ein glück-
licher Zufall wollte es, daß wenige Wochen nach der Göttinger Tagung dicht
neben den dort beschriebenen Gruben bei Praunheim auch eine vollkommen
kreisrunde von sehr geringen Dimensionen aufgedeckt wurde, an deren Außen-
seite in gleichen Abständen von der Peripherie sich acht sehr gut erhaltene
Pfostenlöcher fanden, die schräg nach einem Punkte über der Mitte der
Grube gerichtet waren. Diesem Punkte entsprach im Hüttenboden, eine
muldenförmige Vertiefung, die nach unten in ein mit dunkler Erde gefülltes
Pfostenloch überging. Hier schien die Hütte also die Gestalt eines Kegels
gehabt zu haben, dessen Spitze nicht nur durch Sparren mit der Peripherie
der Grundfläche verbunden, sondern durch einen senkrechten Pfosten noch
besonders gestützt wurde1).

Eine Bestätigung, vielleicht auch Erklärung, fand diese Auffassung der
Konstruktion solcher kleiner Rund- und Ovalhütten durch einen neuen Fund,
der im Frühherbste dieses Jahres (1916) bei Ausgrabungen im Ebsdorfer
Grund bei Marburg gemacht wurde, mit deren Leitung der Verein für hessische
Geschichte und Landeskunde und seine Marburger Ortsgruppe den Verfasser
und den Archivdirektor Dr. Küch (Marburg) betraut hatten. Schon im Herbst
1915 war im Zusammenhang mit der Verfolgung einer an der Nordseite der
Lahnberge verlaufenden vorgeschichtlichen Höhenstraße und der Untersuchung
der sie begleitenden Urnengräber und Grabhügel aus der Bronze- und frühesten
Eisenzeit auch das Feld an den Abhängen, besonders der südlichen Talseite,
nach Spuren neolithischer Ansiedelungen abgesucht worden. Obgleich hier
nicht, wie auf den größeren Gütern der Wetterau, der Dampfpflug jemals
die ehedem unberührten oberen Teile des gewachsenen Bodens an die Ober-
fläche gebracht hatte, wurden doch bereits im ersten Jahre auf 13 ver-
schiedenen Grundstücken der Frauenberger Höfe und der ihnen benachbarten
Gemarkungen Ebsdorf, Ronhausen, Bortshausen und Schröck neolithische
Scherben und mehrere der für die bandkeramische Kultur der Wetterau charak-
teristischen Anhänger und rohen Perlen aus Ton gefunden. Daß die Fund-
stücke zu Hüttengruben der in der Wetterau üblichen unregelmäßigen Gestalt
gehörten, wurde an den meisten Stellen durch Stichproben festgestellt.
Eigentliche Ausgrabungen konnten mit Rücksicht auf die bereits einsetzende
Feldbestellung nicht vorgenommen werden; doch wurden die Stellen auf-
genommen und für künftige Grabungen festgelegt.

Eine besonders Hoffnung erweckende Stelle lag auf einem Grundstück
des Ökonomen Erkel, etwa 100 m östlich von den Gärten der Frauenberger
Höfe, 50 m oberhalb der Stelle, wo der obenerwähnte vorgeschichtliche
„Balderscheider Weg“, der Höhenkurve folgend, aus seiner fast genau nörd-
lichen in eine nordöstliche Richtung übergeht, dicht an der Grenze gegen
den westlich anstoßenden Acker des Ökonomen Dörr, auf dem ebenfalls
Scherben gefunden waren. Auf Erkels Grundstück durften wir in den ersten
Tagen des September 1916 den Spaten ansetzen. Das Ergebnis war ein
unerwartet günstiges. Zwar gehörte die aufgedeckte Hüttengrube zu den kleinsten
ihrer Art. Dafür aber fanden sich in und an ihr vereint fast alle charakteristischen
Eigentümlichkeiten bandkeramischer Siedelungen, die sonst meist nur ver-
einzelt Vorkommen.

*) Vgl. Hendschels Luginsland. Heft 41, S. 18 mit Abbildung.
 
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