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Deutsches Archäologisches Institut / Römisch-Germanische Kommission [Hrsg.]
Korrespondenzblatt der Römisch-Germanischen Kommission des Archaeologischen Instituts — 1.1917

DOI Heft:
Heft 3 (Mai/Juni 1917)
DOI Artikel:
Ritterling, Emil: Der obergermanische Statthalter P. Cornelius Anullinus
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https://doi.org/10.11588/diglit.24883#0084

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am Schluß verstümmelte Inschrift C. II 5506 zum größten Teil überliefert,
fällt daher in der Hauptsache in die Regierungszeit Marc Aurels bzw. der
gemeinsamen Herrschaft des Marcus und L. Verus. Zeitlich mit dem Konsulat
nahe sich berührend, unmittelbar vor- oder nachher, ist seine Stellung als
curator alvci Tiberis. Vorher war er prätorischer Legat einer kaiserlichen
Provinz, deren Name in der Inschrift zerstört ist, etwa zwischen 173 und
175. Dieser Statthalterschaft vorauf gingen das Legionskommando über die
VII gemina in seiner Heimatprovinz Spanien und das prätorische Prokonsulat
der spanischen Senatsprovinz Baetica, etwa um das Jahr 170. Die Bekleidung
der die unteren senatorischen Rangklassen bestimmenden Ämter der Prätur,
des Tribunats und der Quästur werden die sechziger Jahre gefüllt
haben. Er stammte nach dem Zeugnis der Inschrift aus Iliberris bei dem
heutigen Granada, wo er etwa zwischen den Jahren 135 und 140 geboren
sein wird.

Die Aufzählung der auf das Konsulat zeitlich folgenden Ämter ist in
der spanischen Inschrift nicht erhalten. Hier wird an erster Stelle die
obergermanische Statthalterschaft erwähnt gewesen sein. Denn in dieser Zeit
wurde die Verwaltung der beiden germanischen Provinzen ausnahmslos kurz
oder unmittelbar nach dem Konsulat, ohne längere Zwischenfrist übertragen1).
Im Fall des Anullinus bringen die Öhringer Inschriften auch den Beweis.
Die zu Anfang der Bruchstücke erkennbaren Buchstabenreste lassen sich kaum
anders ergänzen als zu: [liberoru]mque .... eius (6542) und [liberorwn]q(ue)
eiu[s] (6543). Es handelt sich also um eine Weihung pro salute eines Kaisers
und seiner Kinder. Dieser letztere Zusatz findet sich nur2) bei Marc Aurel
und seinem Mitregenten Verus (z. B. C. VIII 587, 26527 XIV 20), öfter noch
erweitert durch die Hinzufügung totiusque domus divinae (VIII 26121) oder
domusque divinae (VIII 1267, 4305), die auch die liberi mit einschließen kann
(z. B. VIII 1321, 26528, 26529) Danach kann zu Anfang der Weihungen nur
der Name des Marc Aurel gestanden haben, etwa in folgender Weise: pro
salute imp. Caes. M. Aureli Antonini Aug. Germanici Sarmatici liberorumque
eins3). Daraus folgt, daß die Statthalterschaft des Anullinus noch in die
Regierungszeit des Marcus, und zwar wohl in die letzten Jahre, etwa 178—180,
fällt; er kann natürlich noch zu Anfang des Commodus auf diesem Posten
geblieben sein 4).

*) Das gilt natürlich nur für das zum erstenmal bekleidete Konsulat. Für einen
Konsular, dem die ungewöhnliche Auszeichnung des wiederholten Konsulats zuteil wurde,
ist eine einfache Provinzialstatthalterschaft von dem Range der beiden Gernraniae ganz
undenkbar; nur ganz außergewöhnliche Umstände könnten die Wiederverwendung eines
solchen Mannes in einem Provinzialamt erklären. Meist steht mit dem zweiten Konsulat
die Verleihung der Stadtpräfektur in unmittelbarem Zusammenhang.

2) Antoninus Pius, dessen liberi in ähnlicher Weise in den Weihungen erwähnt werden
(z. B. C. III 134, C. VIII 577, 765, 1548, 10565, 23876, 26525, XIII 1751) kommt aus zeit-
lichen Gründen hier nicht in Frage. Bei Commodus ist die Formel, soviel ich sehe,
nicht bezeugt, aus guten Gründen. Und bei allen späteren Kaisern hat die feste Formel :
(tota) domus divina die liberi völlig aus dem Texte verdrängt, mit ganz seltenen Aus-
nahmen, z. B. bei Severus: liberorumque et totius domus divinae eins C. 111 154.

3) Ob in 6542 zwischen liberorumque und eius noch der Zusatz tntiusq. domus oder
ähnlich eingeschoben war, muß dahingestellt bleiben; möglicherweise war der Raum vor
eius unbeschrieben. In 6543 hat ein solcher Zusatz jedenfalls nicht gestanden.

4) Ob der Name des Statthalters auch in dem kleinen Bruchstück eines Soldaten-
diploms aus Heddernheim (C. III p. 1994 = XIII nr. 7380) zu erkennen ist, wie Haug, Westd.
Korrbl 1888 S. 35 vermutete, muß unentschieden bleiben. Die erhaltenen Buchstabenreste
lassen ein auf uilinus oder ullinus endigendes Cognomen zu, so daß von dieser Seite
aus der Ergänzung zu . . . Anjullino nichts im Wege steht. Aber es ist zu berücksichtigen,
daß Diplome für Provinzialtruppen aus dem letzten Viertel des 2. Jahrh. äußerst spärlich
 
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