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Deutsches Archäologisches Institut / Römisch-Germanische Kommission [Hrsg.]
Korrespondenzblatt der Römisch-Germanischen Kommission des Archaeologischen Instituts — 1.1917

DOI Heft:
Heft 4 (Juli/August 1917)
DOI Artikel:
Goessler, Peter: Ein Wochengötterstein mit Gigant
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https://doi.org/10.11588/diglit.24883#0138

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120

III. Luna: ausgesprochen weiblich gebildet; mit langen Locken und Chiton, der
bis auf die Kniee reicht und dort gerade abschneidet; dazu Spuren vom Himation über
dem Unterleib. Die gesenkte Rechte trägt eine Schale (?); die Linke hält etwas an den
Leib, vielleicht ein Szepter, von dem man von oben nach unten durchgehende Spuren
zu sehen glaubt.

IV. Mars: ganz nackt, auch ohne Panzer. Die obere Kopfhälfte ist zerstört,
daher vom Helm nichts zu sehen. Die Rechte ist erhoben, wie die Spannung des oberen
Brustmuskels und des noch erhaltenen Ansatzes des Deltamuskels zeigt, trug also den
Speer, von dem aber nichts mehr sichtbar ist. Die Linke ist gesenkt, unten sind daneben
Spuren eines Schildes zu bemerken.

V. Merkur: am Haupt oben Flügelspuren. Über die Schultern fallen Locken
herab. Der über der rechten Schulter geknüpfte Mantel fällt nach vorne in langem

Zipfel herab. Die an den Leib gepreßte
Linke hält den Flügelstab; in der gesenkten
Rechten ist der Beutel (Abb. 2).

VI. Juppiter: vollbärtig mit knol-
ligen Locken (und Lorbeerkranz?). Die
über der rechten Schulter geknüpfte
Chlamys geht quer über die Brust herüber.
Die gesenkte Rechte hält den Blitzstrahl.
Der linke Unterarm ist erhoben; in der
Hand ruht das auf dem Boden aufstehende
Szepter (Abb. 3).

VII. Venus: unbekleidet; über der
rechten Schulter sind Lockenspuren sicht-
bar. Die Rechte ist in die Hüfte gestemmt.
Der linke Ellbogen ist auf eine schlanke
Säule gestützt. Die emporgehobene Hand
hält den Spiegel, in den sie, den Kopf
nach dieser Seite gewendet, hineinschaut.
Die Brust ist sehr schmächtig; die Aus-
biegung der rechten Hüfte stark über-
trieben. Ihre Profilstellung im Gegensatz
zu I—VI, die in Pose und Tracht wenig
Abwechslung zeigen, ist beabsichtigtes
Gegenstück zu VIII (Abb. 4 u. 5).

VIII Schlangenbeiniger Dä-
mon: männlich, bartlos, jugendlich, am Hin-
terhaupt Haarsträhne. Die Beine gehen am
Knie in Schlangen über, die die Köpfe
züngelnd aufrichten. Die Schlange des
rechten Beines ringelt sich außen zur
stark eingebogenen Hüfte empor, die linke
geht in der Spreizung der knieenden
Oberschenkel durch und erscheint außen an der linken Hüfte. Die Brust ist ziemlich
kräftig gebaut, ihre Muskeln ziehen sich aufwärts entsprechend der Haltung der nach
oben gestreckten Arme. Deren Ende ist zerstört, aber man erkennt, daß die Hände
über dem Kopf flach gebreitet sind, um etwas zu tragen oder zu stützen. Die Figur ist
wirkungsvoll ins linke Profil gestellt, so daß sie nach VII schaut. —

Schon die künstlerisch ordentlich gelungene Plastik der in aufrechter
Haltung knieendenTragfigur hat nichts mit der Konvention der eigent-
lichen Wochengötter zu tun. Sie steht noch stark im Bann der pergame-
nischen Überlieferung der Gigantomachie; vgl. auch den Altar aus Yzeures
Esperandieu IV, Nr. 2997 (S. 128 f.), wo Enceladus im Kampfe mit Minerva
mit den über das Haupt erhobenen Armen sich deckt. Aber auch inhaltlich
besagt sie etwas ganz Neues und Besonderes. Sie steht an der Stelle, die
bei achteckigen Steinen sonst der farblose Genius oder Bonus Eventus oder
die Stifterinschrift einnimmt. Ihre Einfügung steht in Beziehung zum ganzen

5. Gigant (VIII) und Venus (VII). 1/10.
 
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