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Deutsches Archäologisches Institut / Römisch-Germanische Kommission [Hrsg.]
Korrespondenzblatt der Römisch-Germanischen Kommission des Archaeologischen Instituts — 1.1917

DOI Heft:
Heft 5 (September/Oktober 1917)
DOI Artikel:
Ritterling, Emil: Die "Osi" in einer afrikanischen Inschrift
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https://doi.org/10.11588/diglit.24883#0151
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noch zum Reiterpräfekten der ala praetoria, die damals wahrscheinlich im
Orient stand, befördert, in welcher Stellung er längere Zeit verblieben sein
muß, um dann als Verpflegungsoffizier bei dem Zuge des Severus gegen
Rom i. J. 193 teilzunehmen. In Rom ist er dann aus der Offizierslaufbahn
ausgeschieden und in die Verwaltung übernommen worden.

Unter den von Vitulus bekleideten Oflizierstellungen beansprucht das
außerordentliche Kommando eines „praepositus gentis1) Onsorum“ besondere
Beachtung.

In der früheren Kaiserzeit wurden bekanntlich erst kürzlich oder unvoll-
kommen unterworfene Barbarenstämme, die einer geregelten Staatsverwaltung
noch mehr oder weniger unzugänglich waren, unmittelbar einem römischen
Offizier — Primipilaren, Kohortenpräfekten oder Legionstribunen — unter-
stellt, der, gestützt auf eine gewisse Truppenmacht, seine militärisch-admini-
strativen Machtbefugnisse unter dem Titel eines „praefectus civitatis“ (bzw.
civitatium) ausübte. Meist lagen solche Gebiete, zum Teil von erheblicher
Ausdehnung, nahe der Grenze der römischen Machtsphäre, dicht an der
Reichsgrenze, aber stets eingeschlossen in die wenigstens in der Theorie
festumrissene Umgrenzung der Provinzen. So stand z. B. zur Zeit des Tiberius
die Gaugemeinde der Friesen unter einem Primipilaren (Tacit. Annal. IV, 72:
Olennius e primipilaribus regendis Frisiis inposiius), und etwa zur gleichen
Zeit die zwei Stämme der Boi und Azali an der mittleren Donau im nord-
westlichen Pannonien unter einem Kohortenpräfekten (C IX 5363). Ganz
ähnlich wird die Stellung des Legionstribunen Vitulus als Militärgouverneur
der gens Onsorum zu denken sein. Nur kann es sich hier nicht um ein
innerhalb der alten römischen Provinzen ansässiges Volk handeln. Im Laufe
des 2. Jahrhunderts hatte sich eine gewisse Angleichung und Einordnung in
das allgemeine Verwaltungsschema auch bei den fremdartigen Volkselementen
der Grenzprovinzen, mit Ausnahme der Stämme an der nordafrikanischen
und vielleicht auch an der syrisch-arabischen Wüstenzone, vollzogen, so daß
gesonderte, einzelnen Offizieren unterstellte Verwaltungssprengel sich er-
übrigten. Jedenfalls sind sie, eben mit den Ausnahmen in Afrika, in der
mittleren Kaiserzeit inschriftlich nicht mehr nachweisbar. Demnach müssen
die Sitze der gens Onsorum außerhalb der unmittelbaren Reichsgrenzen, im
Ausland oder im der Organisierung unterworfenen Neuland gesucht werden.
Dazu stimmt die Bezeichnung des Volksstammes als „gens“ statt des für
Reichsangehörige üblichen civitas: mit jenem Ausdruck wird der rein ethnische
Begriff, mit diesem mehr der politische in den Vordergrund gestellt. Und

Verbindung gebracht werden darf (vgl. Heer, Histor. Wert d. vita Commodi S. 112), so ist
dieser dritte Zug vor seiner Ausführung stecken geblieben. Jedenfalls aber waren das Ziel
auch dieser dritten Expedition wieder die Provinzen an der mittleren Donau, vor allem Panno-
nien, nicht wie Heer S. 104 vermutet, die Rheinlande. Aber bei allen Grenzkriegen nach
dem Jahre 181 sind unter Commodus dona militaria nicht verliehen worden, weil der Kaiser
persönlich nicht daran teilgenommen hat.

x) Der Abdruck des Textes bei Cagnat S. 132 zeigt allerdings hinter dem i des
Wortes genti einen Punkt. Der Herausgeber liest demzufolge genti Sonsorum und spricht
weiterhin von diesen „Sonsores“ als einem bisher unbekannten Volksstamm. Falls eine
erneute Prüfung des Steines die Interpunktion an dieser Stelle bestätigen sollte, wird ein
Versehen des Steinmetzen anzunehmen sein, dem der Name des weit entfernten kleineren
Volkes ebenso fremdartig war, wie dem modernen Herausgeber der Inschrift. Allerdings
ist im 2. Jahrhundert in dem Worte praepositus der verbale Begriff noch nicht gänzlich
verschwunden, so daß es bisweilen mit dem Dativ des abhängigen Wortes verbunden
wird; aber ungleich häufiger ist doch die Verbindung mit dem Genitiv (Beispiele bei
Dessau, Inscr. latinae III p. 497 f.) und es wird mehr und mehr zum reinen Substantiv
gleich dem ursprünglich verwandten praefectus. In der späteren Kaiserzeit wird praepositus
ganz wie das ältere praefectus verwendet (vgl. Notitia Dignitatum).
 
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