Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsches Archäologisches Institut / Römisch-Germanische Kommission [Hrsg.]
Korrespondenzblatt der Römisch-Germanischen Kommission des Archaeologischen Instituts — 1.1917

DOI Heft:
Heft 5 (September/Oktober 1917)
DOI Artikel:
Oxé, August: Die neue Mainzer Laren-Inschrift
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.24883#0163

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
145

Nachdem in der Öffentlichkeit der Kult der Lares Augusti und des

Genius Augusti unter diesem Herrscher etwa 7 v. Chr. geregelt war und

allenthalben Collegia Lamm Augustorum mit magistri Lar. Aug. an der Spitze
sich bildeten (vgl. Wissowa, Rel. d. R.2 S. 172 ff.), konnte es nicht ausbleiben,
daß auch in den reichen Ptivathäusern mit zahlreichem Gesinde (familia) die
Sklaven und freigelassenen Sklaven ähnliche Vereine (vgl. oben Dessau 3604)
gründeten, um dem Hausherrn ihre Ergebenheit und Frömmigkeit zu be-
kunden.

Der Mittelpunkt ihres Kultes war die Hauskapelle (aedicula), in der
zwischen zwei Laren der Genius des Hausherrn oder die Juno der Herrin
bildlich oder figürlich dargestellt zu sein pflegte. Während zur Zeit der

Republik Obmann des Gesindes und des häuslichen Larendienstes der vom

Hausherrn bestellte villicus war, von dem Cato sagt: villicus familiam exerceat;
consideret, quae dominus imperaverit, fant, verschafften sich in der Kaiserzeit
diese privaten collegia Lamm, collegia familiae, cultores Lamm o. ä. vielfach
eine größere Freiheit, wählten ihre Vorstände (magistri) selbst und entfalteten
ein reges Vereinsleben, in dem es an Beratungen, Wahlen, Satzungen, Bei-
trägen, Stiftungen, Denkmälern, Ehrungen von Patronen und Mitgliedern,
Jahresfesten und anderen Feiern für Lebende und Tote nicht gebrach. In
diesem beschränkten Kreise mochte der Ehrgeiz dieser staatlich fast recht-
losen Menschenklasse um so mehr seine Befriedigung suchen und finden, als
eine Betätigung im staatlichen Leben ihm versagt blieb.

Der Freigelassene Bello auf unserer Inschrift ist magister collegii familiae
und hat, stolz und dankbar, daß ihm zum zweiten Male dieses Ehrenamt
übertragen wurde, der frommen Sklavenschaft seines Herren die beiden Laren
aus Bronze für ihre Kapelle gestiftet (dedit) und feierlich geweiht (dedicavit)1),
vielleicht mit Opfer und Schmaus auf seine Kosten. Den damaligen künst-
lerischen und realen Wert des Geschenkes dürfen wir nicht, verführt durch
seinen heutigen kunstgeschichtlichen Wert, überschätzen: es ist Fabrikware,
in Massen hergestellt. Es gab künstlerisch vollkommenere, an Größe be-
deutendere, an Material wertvollere Larenfiguren. Wir hören z. B. von
silbernen Laren.

Daß zu den Laren der Genius des Hausherrn oder die Juno der Haus-
frau gehört, wird nicht nur durch die Literatur bezeugt, sondern auch durch
Inschriften, deren Fassung lebhaft an die Mainzer erinnert. Im Hause des
Epidius Rufus in Pompei (X 861 = D 3641) steht: Genio M(arci) n(ostri) et
Laribus duo Diadumeni liberti; in Tarraco (II 4082 = D 3605) Laribus et Tutelae,
Genio L(uci) n(ostri), Telesphor(us) et Plate donum dederunt (vgl. auch oben
D 3604). Deshalb anzunehmen, daß Bello außerdem noch die Figur des Genius
stiftete, ist natürlich nicht nötig. Auch die magistri Lamm Augustorum in
Puteoli schenken im Jahre 1 v. Chr. (X 1582) nur die Larenfiguren; ebenso
das Gesinde eines Hauses in Luna (XI 1324 = D 3645) für die Juno ihrer
Herrin nur die Laren: Junoni Justae n(ostrae), voto suscepto pro salute eins,
Cleanthus l(ibertus), P(h)rixus, Helle Lares d. d.

Die Art, wie auf den Mainzer Larenfiguren und den übrigen hier an-
gezogenen Inschriften die Personen benannt sind, zeigt deutlich, daß diese
Gegenstände und Inschriften nur für den traulichen Kreis des Hauses und
der Familie bestimmt sind. Der Geschlechtsname, wie schon oben betont,
der in öffentlichen Urkunden und Texten niemals fehlt, ist hier ja selbst-
verständlich und überflüssig. Die Personen führen hier nur den knappen
Rufnamen, der ihnen innerhalb der Familie eigen ist: der freie Herr nur sein

*) Die Lesung dono dedit ist natürlich auch möglich.

10
 
Annotationen