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Deutsches Archäologisches Institut / Römisch-Germanische Kommission [Editor]
Korrespondenzblatt der Römisch-Germanischen Kommission des Archaeologischen Instituts — 1.1917

DOI issue:
Heft 6 (November/Dezember 1917)
DOI article:
Robert, Carl: Ein unerklärtes römisches Relief in Augsburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.24883#0199

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181

Dies ist der Tatbestand. Versuchen wir nun in den Sinn der Dar-
stellung einzudringen. Die Hauptfigur ist offenbar, schon der großen Dimen-
sionen wegen, der Liegende. Zu ihm steht augenscheinlich Hermes in Beziehung.
Auf ihn ist die Aufmerksamkeit der meisten Figuren gerichtet; denn auch
das Gespräch der beiden Männer am 1. Ende kann sich nur um ihn drehen.
Ist er tot oder schläft er? Odereine dritte Möglichkeit: ist er ein noch un-
belebtes Wesen ? Das würde auf die Menschheitsschöpfung durch Prometheus
führen. Und in der Tat erinnert manches an den diese vorstehenden Neapler
Sarkophag4), der Liegende und der Mann links von ihm, der ganz gut ge-
sessen haben könnte. Auch das Rind würde passen, da Prometheus nicht
nur den Menschen, sondern auch die Tiere bildet2), zu denen auch der unter
dem Liegenden angenommene Vogel gehören würde. Hermes würde dann
die Psyche herbeibringen; aber diese ist nicht da und nirgends ein Platz,
wo sie angebracht gewesen sein könnte Dadurch wird dieser Lösungsversuch,
dem auch die angenommene Haltung des r. Beines des Liegenden wider-
sprechen würde, widerlegt. Aus demselben Grunde ist der Gedanke unhaltbar,
daß es sich um einen Toten handele, dessen Seele Hermes entführt, denn
dann müßte diese als verhüllter Schatten irgendwo sichtbar sein. Aber Hermes
ist ja nicht nur Seelenführer, er bringt auch den Schlaf, und diese Spur
weiter zu verfolgen, kann uns die rätselhafte Figur auf dem Felsen ermutigen;
mag man diese ergänzen wie man will, auf jeden Fall erinnert sie an den
Hypnos auf einigen Endymion - Sarkophagen3), und die Reste auf dem r.
Unterarm könnten dann von seinem Mohnstengel herrühren. Ein schlafender
Riese, dabei Hermes und ein Rind — das läßt die Beziehung auf die Tötung
des Argos erwägenswert erscheinen. Die Kuh wäre die verwandelte Io, und
wenn nur ihr Vorderteil sichtbar ist, so ist das möglicherweise ein Witz des
Künstlers; denn manche erklärten das Sternbild des Stieres für die an den
Himmel versetzte Io; da das hintere Teil dieses Sternbildes nicht sichtbar
sei, könne es trotz seines Namens auch eine Kuh sein4). Der Vogel unter
Argos wäre der Pfau, in dessen Gefieder Hera die Augen des Argos ein-
setzt; der Mann mit dem Szepter Zeus, sein Gegenüber der Vater der Io,
Inachos oder Iasos; die sehr zerstörte Figur hinter Argos vielleicht dessen
Vater Arestor, oder ein Lokalgott oder ein Satyr — oder? — hier eröffnet
sich noch eine Möglichkeit: Da das Geschlecht dieser Figur nicht feststeht
sondern nur daß ihr Oberkörper entblößt ist, so könnte vielmehr diese Figur
Io sein, deren Verwandlung, wie später fast allgemein üblich war, durch
die Kuhhörner angedeutet war, das Rind aber ein gewöhnliches Rind, wie
es auch auf pompejanischen Bildern neben ihr angebracht ist (Helbig 135. 137;
Overbeck, Kunstmyth. Atlas Taf. VII 15). Weiter müßte man fragen, welcher
Moment dargestellt, ob Argos eben erst eingeschlafen oder schon enthauptet
ist. Im ersteren Falle würde man dem Hermes in die erhobene Rechte die
Syrinx, im letzteren die Harpe geben, im ersteren würde Hypnos den Argos
befühlen, um zu prüfen, ob er sicher schlafe, im letzteren, ob er schon kalt
sei. Wenn ich die Nackenlinie des Argos richtig sehe, ist es wahrscheinlicher,
daß ihm das Haupt schon abgeschlagen ist, oder das Gesicht müßte im
Schlaf nach unten gedreht gewesen sein.

’) Sark.-Rel. III 357, Gerhard, Ant. Bildw. Taf. 61, Ber. d. sächs. Ges. I 1849 Taf. 8,
Welcker, A. D. II, Taf XXV 26, Reinach, Repertoire III S. 81.

J) Philemon, Fr. 89 K. Dargestellt auf einem Relief im Vatikan, Sark. Rel. III 354,
Visconti, P. CI. IV 34, Amelung, Vat. Sculpt. II Taf 66 Nr. 353, Reinach, III, S. 391.

3) S. R. III 50. 51. 58. 61. 62. 65. 66. 78. 83. 84. 88; Vgl. Reinach II S. 182, S. 535,
III S. 19, 50, 184, 244, 273, 292.

4) Eratosthenis Cataster, rec. Robert p. 106 s.
 
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