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Kromayer, Johannes [Hrsg.]; Veith, Georg [Hrsg.]
Antike Schlachtfelder: Bausteine zu einer antiken Kriegsgeschichte (Band 3: Antike Schlachtfelder in Italien und Afrika, 1. Abtlg.): Italien — Berlin, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.7593#0268

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Callicula. Beilage: Polybios und Livius.

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angezündeten Fackeln die Berge hinaufgetrieben (ubi ad radices mon-
tium viasque angustas ventum est, Signum extemplo datur, ut accensis
cornibus armenta in adversos concitentur montis), wie man annehmen
muß, zu beiden Seiten des Engpasses. Die Römer, welche über sich
die Flammen sehen, glauben sich umgangen und fliehen (ubi in summis
montibus ac super se quosdem ignes conspexere, circumventos se rati
praesidio excessere).

So erhält der Erzähler Gelegenheit zu der phantastischen Aus-
schmückung, daß die Ochsen durch das Feuer, welches ihnen die
Haut gesengt habe, wild geworden, weit umhergeschweift seien und
AVälder und Berge von dem Brande, den sie entfacht, geleuchtet
hätten. Von alledem ist bei Potybios nichts zu lesen. Hier geht der
Zug in aller Ruhe und Ordnung an seinen bestimmten, von dem des
Heeres verschiedenen Zielpunkt.

Daß die Livianische Erzählung den Tatsachen nicht entspricht,
sondern eine willkürliche Veränderung desselben Berichtes enthält,,
den wir bei Polybios in ungefälschter Form lesen, geht daraus hervor,
daß auch bei Livius ein Zusammenstoß der angeblich flüchtigen
römischen Besatzung mit den Ochsen und deren Begleitmannschaft er-
folgt. Livius oder vielmehr sein Gewährsmann hat sich die Sache so
zurecht gelegt, daß die Römer über die höchsten Joche (per summa
montium iuga) geflohen und hier „trotzdem" „auf einige Ochsen1', die
von ihren Heerden abgekommen waren, gestoßen seien (tarnen in
quosdam boves palatos a suis gregibus inciderunt). Sonderbar! Und
noch sonderbarer, daß bei diesen versprengten einzelnen Ochsen auch
gleich die Begleitmannschaften dieses Trains dabei sind. Sie hatten
wahrscheinlich eine nächtliche Sportpartie auf die höchsten Spitzen
gemacht, — levi quoque armaturae hostium incurrere sagt Livius ganz
naiv — und hielten nun den guten Fang, den sie an den Römern ge-
macht hatten, bis zum Morgen fest.

In Wirklichkeit haben wir hier natürlich die ungeschickt an-
geschlossenen Reste der Polybianischen Relation vor uns, bei der die
Begegnung mit dem Ochsentrain und deren Begleitmannschaft, sowie
das Gegenüberstehen der beiden Abteilungen bis zum Morgen aus
der ganzen Situation heraus motiviert ist.

Ein zweiter Unterschied zwischen Polybios und Livius liegt darin,
daß bei letzterem der von den Römern besetzte Engpaß zugleich als
ein Gebirgsübergang aufgefaßt wird (16, 6: principio noctis furtim
 
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