Canriae. 2. Der taktische Verlauf der Schlacht.
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zwischen ihnen in Linie entwickeln kann. Von diesen sechs Kolonnen
werden die beiden auf den Flügeln von der Reiterei, die vier im
Zentrum vom schwerbewaffneten Fußvolke gebildet. Am Orte der
Schlacht angekommen, läßt er nur die Reiterei und zwei Kolonnen
des Fußvolkes, nämlich die Spanier und Gallier aufmarschieren, die
schwergerüsteten Afrikaner, etwa 12 000 an der Zahl, bleiben in zwei
Kolonnen hinter den Flügeln der Spanier und Gallier stehen. Durch
die Gallier und Spanier, zusammen etwa 20000 Mann stark, wird
also eine geradlinige Front gebidet, die zunächst allein den Kampf
gegen die römischen Schwerbewaffneten aufnehmen soll. Sie ist zwar
etwas kürzer als die der Legionäre, aber dafür hat sie hinter sich die
beiden Kolonnen in verdeckter Aufstellung, die je nach Bedarf nach
Innen zur Verstärkung des Zentrums oder nach außen zur Über-
flügehmg der Römer aufmarschieren können. Als nun die Schwer-
bewaffneten zum Kampfe kommen, benutzen die Römer ihre debor-
dierenden Flügel nicht zur Umfassung der Gegner, weil sie jetzt beim
näheren Anrücken plötzlich die Afrikaner in Kolonne bemerken, die
ihnen ja dann ihrerseits wiederum hätten in die Flanke kommen
können; sondern sie drängen sich nach der Mitte zusammen, da die
nächsten über die Gallier und Spanier hinausragenden Abteilungen
auch noch gerne zum Einbauen auf den Feind kommen wollen. Viel-
leicht hatten auch die Flügel, durch den unglücklichen Gang des
Reitergefechtes in ihrer Flanke in Anspruch genommen, mit dem
Zentrum überhaupt nicht gleichen Schritt gehalten. So verkürzt sich
die römische Front bis auf die Frontbreite der Spanier und Gallier,
und dringt in dieser Formation siegreich vor, als sie plötzlich durch
den Reiterangriff im Rücken zum Stehen gebracht wird. Jetzt läßt
Hannibal auch seine Afrikaner nach außen hin zur Überflügelung der
Römer aufmarschieren, und die Einkreisung ist vollendet.
Diese ganze Rekonstruktion ist in allen den Punkten, in welchen Kritik
sie Neues enthält, unannehmbar, weil sie sich mit unserem zuver- Deibrucl
lässigsten Schlachtbericht bei Polybios (III 113 ff. und die Übersetzung
im Anhang) schlechterdings nicht in Übereinstimmung bringen läßt.
Denn nach diesem Berichte ist Hannibal nach Voraussendung der
leichten Truppen mit den übrigen in zwei Kolonnen über den Fluß
gegangen und aus diesen mit seiner ganzen Armee in Linie auf-
marschiert. Die Worte, aus denen, wie es scheint, Delbrück seine
sechs Kolonnen herausgelesen hat, bezeichnen in Wirklichkeit die
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zwischen ihnen in Linie entwickeln kann. Von diesen sechs Kolonnen
werden die beiden auf den Flügeln von der Reiterei, die vier im
Zentrum vom schwerbewaffneten Fußvolke gebildet. Am Orte der
Schlacht angekommen, läßt er nur die Reiterei und zwei Kolonnen
des Fußvolkes, nämlich die Spanier und Gallier aufmarschieren, die
schwergerüsteten Afrikaner, etwa 12 000 an der Zahl, bleiben in zwei
Kolonnen hinter den Flügeln der Spanier und Gallier stehen. Durch
die Gallier und Spanier, zusammen etwa 20000 Mann stark, wird
also eine geradlinige Front gebidet, die zunächst allein den Kampf
gegen die römischen Schwerbewaffneten aufnehmen soll. Sie ist zwar
etwas kürzer als die der Legionäre, aber dafür hat sie hinter sich die
beiden Kolonnen in verdeckter Aufstellung, die je nach Bedarf nach
Innen zur Verstärkung des Zentrums oder nach außen zur Über-
flügehmg der Römer aufmarschieren können. Als nun die Schwer-
bewaffneten zum Kampfe kommen, benutzen die Römer ihre debor-
dierenden Flügel nicht zur Umfassung der Gegner, weil sie jetzt beim
näheren Anrücken plötzlich die Afrikaner in Kolonne bemerken, die
ihnen ja dann ihrerseits wiederum hätten in die Flanke kommen
können; sondern sie drängen sich nach der Mitte zusammen, da die
nächsten über die Gallier und Spanier hinausragenden Abteilungen
auch noch gerne zum Einbauen auf den Feind kommen wollen. Viel-
leicht hatten auch die Flügel, durch den unglücklichen Gang des
Reitergefechtes in ihrer Flanke in Anspruch genommen, mit dem
Zentrum überhaupt nicht gleichen Schritt gehalten. So verkürzt sich
die römische Front bis auf die Frontbreite der Spanier und Gallier,
und dringt in dieser Formation siegreich vor, als sie plötzlich durch
den Reiterangriff im Rücken zum Stehen gebracht wird. Jetzt läßt
Hannibal auch seine Afrikaner nach außen hin zur Überflügelung der
Römer aufmarschieren, und die Einkreisung ist vollendet.
Diese ganze Rekonstruktion ist in allen den Punkten, in welchen Kritik
sie Neues enthält, unannehmbar, weil sie sich mit unserem zuver- Deibrucl
lässigsten Schlachtbericht bei Polybios (III 113 ff. und die Übersetzung
im Anhang) schlechterdings nicht in Übereinstimmung bringen läßt.
Denn nach diesem Berichte ist Hannibal nach Voraussendung der
leichten Truppen mit den übrigen in zwei Kolonnen über den Fluß
gegangen und aus diesen mit seiner ganzen Armee in Linie auf-
marschiert. Die Worte, aus denen, wie es scheint, Delbrück seine
sechs Kolonnen herausgelesen hat, bezeichnen in Wirklichkeit die