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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 53.1902-1903

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Grautoff, Otto: Franz Ringer
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https://doi.org/10.11588/diglit.7001#0020

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Franz Ringer.

Schönheit in der Mitte thront, während die von ihr
Begünstigten stolz und übermütig oben auf der
Wage sitzen, die Unglücklichen dagegen zornig und
böse am Boden hängen. Schon mehr ins Dekorative
geht die Portalskizze für eine Waldfestdekoration, die
uns in den ornamentalen Stücken wieder an Seitz
und Diez erinnert (5. 9)«

Wie die meisten und bedeutendsten Meister der
italienischen Renaissance vom pandwerk her sich hin-
auf zur hohen Runst der Malerei entwickelten, also
hat sich auch Franz Ringers Entwickelung ruhig und
logisch aufgebaut; erst im reifen Mannesalter greift
er zu Pinsel und Palette, schafft dann allerdings
Werke, die wir — so klein sie auch im Uinfang sind
als den intensivsten und vorzüglichsten Ausdruck
seiner künstlerischen Begabung ansehen, obwohl er
selbst gerade diese Arbeiten nur in seinen Mußestunden,
zu eigener Freude, wenn auch aus wahrem künftle-

IS. Münchnerin; Aquarellskizze von Franz Ringer,
München.

altmeisterlicher Erinnerungen, sondern vornehmlich
der eines tiefen, warmen Gemütes; es liegt über
diesen Bildern ein Lsauch behaglicher, treuherziger,
volkstümlicher Heimatsliebe. Ringers bedeutendste
Schöpfungen auf malerischem Gebiet sind bis
jetzt ohne Frage die beiden Bilder: „Bittgang" und
„Am Abend", von denen wir das Erste diesem Heft
als farbige Beilage beigeben. Eine Prozession zieht
auf der Landstraße dahin, während im Hintergründe
ein Handwerksbursche vorüberschreitet seinen grauen
Biedermeiercylinder vor dem Gekreuzigten lüftend. Es
sind auf diesen kleinen Raum starke Empfindungen und
eine gewaltige Stimmungskraft zusammengepreßt;
welche inbrünstige und gottselige Frömmigkeit, welche
reine und keusche Andacht ist in den lieblichen Ge-
sichtern und Gesten der Rinder ausgedrückt, die schlicht
und einfach im frommen Gesänge dahinschreiten; die
Landschaft im Hintergründe mit den roten Ziegel-
dächern und dem Rirchlein des Dorfes erhöht die duf-
tige, romantische Stimmung. Ebenso reizend und
anmutig sind die beiden, flachsköpfigen Rinderstudien,
die uns beweisen, ein wie seines Verständnis der
Rünstler für das Rindergemüt hat (S. 6). An diese
Arbeiten schließen sich noch manche phantasievolle und
gemütstiefe Arbeiten, wie der humorvolle Entwurf:
„Prinzeßlein und der Drache", „das Märchen" und
„das Glück", das als launenhaftes Weib in nackter

Ainderstudie für ein Bild, von Franz Ringer, München.
 
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